L. v. Beethoven (1770-1827)
Trio für Klavier, Violine und Violoncello D-Dur op.70/1 („Geistertrio“)
Allegro vivace e con brio Largo assai ed espressivo Presto
Das energische im Unisono vorgestellte Hauptthema des Ersten Satzes (viertönige Tonleiterausschnitte werden aneinandergereiht) ist fünf Takte lang:
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Nach einer Überleitung von nur einem Takt beginnt das gesangliche Seitenthema: die wohl geraffteste Darstellung der unterschiedlichen Themen eines klassischen Sonatensatzes, die Beethoven geschrieben hat. Die Darstellung des Seitenthemas wird ausgeweitet, Achtel-Tonleiter-Abläufe ohne die Abstufungen des Hauptthemas kommen hinzu, ein kleines Vier-Ton-Motiv mit Punktierung und kleiner Terz aufwärts wird auffällig und führt zum Ende des ersten Satzteils. Der zweite Teil des Satzes variiert, wie von der Tradition für einen klassischen Sonatensatz vorgesehen, das im ersten Teil vorgestellte Themenmaterial. Der dritte Teil greift mit einigen Abweichungen den ersten wieder auf; zweiter und dritter Teil sollen – ungewöhnlich für Beethoven – wiederholt werden. In der Coda wird pianissimo noch einmal das Seitenthema angedeutet und ein Fortissimo beschließt mit dem ersten Takt des Satzes dieses ‚Allegro vivace e con brio’.
Vieles ist ungewöhnlich bei diesem Klaviertrio, so die Dreisätzigkeit. Warum gibt es keinen Scherzo-Satz? Eine mögliche Antwort: das Ungewöhnliche des Largo-Satzes gerät auf diese Weise in den Mittelpunkt des Werks. Das Dämmerig-Fahle dieses Satzes hat dem Werk den Namen ‚Geistertrio’ gegeben. Entwürfe zu einer geplanten Oper ‚Macbeth’ und zu diesem Largo finden sich auf ein und demselben Skizzenblatt: also Macbeth-Stimmung, nicht nur wegen der Hexen. Czerny denkt an den Geist in Shakespeares ‚Hamlet‘. Der Beginn - ein Streicher-Unisono und ein den gesamten Satz in einer Art Obsession hartnäckig durchziehendes Motiv im Klavier -
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erinnert an die verzweifelte Traurigkeit des späten Schubert. Ins Melancholische gewendet wird die Stimmung nach 8 Takten durch ein zweites Motiv:
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Das Übrige ist Farbe und Stimmung, meist düstere, manchmal sich aufhellende, gebildet aus Tremoli und Trillereffekten, aus Chromatik und auffallenden Modulationen, aus heftigem dynamischen Wechsel und aus extremen Höhen und Tiefen vor allem im Klavier. Aufgebaut ist der Largo-Satz wie ein klassischer Sonatensatz: Es gibt die Vorstellung und Festigung zweier Themen, es gibt einen kurzen Mittelteil mit besonders auffälligen harmonischen Abwandlungen, es gibt einen dritten Teil, der den ersten wieder aufgreift, und eine Coda, die das bisher Gehörte in hochdramatischer Weise zusammenfasst und „erschöpft verebbend“ (s.o.) abschließt.
Auch der Dritte Satz ist aufgebaut wie ein klassischer Sonatensatz: Einem heiteren Hauptthema (die beiden letzten Takte fehlen in dieser Graphik)
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folgen zwei Zwischenspiele, die Wiederholung des Hauptthemas, ein munteres Seitenthema
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und ein ausgedehnteres Nachspiel. Im zweiten Teil des Satzes wird mit dem Material des ersten Teils gespielt; bei diesem Spiel bleiben die beiden Hauptthemen unberücksichtigt. Der dritte Teil greift den ersten ohne auffallende Veränderungen wieder auf; die Coda besteht aus hübschen Piccicati der Streicher und einer Erinnerung an das Hauptthema.
April 2021
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op. 44 Variationen Es-Dur / op. 70/2 Es-Dur
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