L. v. Beethoven (1770-1827)
Trio für Klavier, Violine und Violoncello Nr. 6 Es-Dur op.70/2
Poco sostenuto - Allegro ma non troppo Allegretto Allegretto, ma non troppo Finale: Allegro
Die beiden Klaviertrios op. 70,1 und 2 sind 1808, also in zeitlicher Nähe zur 5. und 6. Sinfonie entstanden; und wie diese Symphonien sind sie ein Gegensatzpaar, von dem op.70/2 das freundlich-ausgeglichene ist.
Nach einer grüblerisch-besinnlichen, „in dreifacher Imitation“ (Reclam) dargestellten Einleitung wirkt das Hauptthema des Ersten Satzes
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heiter-entspannt. Nach einem energischen Nachsatz, vom Cello, dann von der Violine vorgestellt, wird das Einleitungsthema wieder aufgegriffen, trennt also Hauptthema und das tänzerisch-beschwingte Seitenthema:
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Der zweite Teil eines klassischen Sonatensatzes zeigt Themen und Motive des ersten Teils in neugestalteter Form. Hier wird vor allem das Seitenthema vielfach abgewandelt. Der dritte Teil greift den ersten mit Veränderungen - vor allem zu Beginn - wieder auf. In der Coda wird, bevor die Schlussphrase einsetzt, noch einmal das Einleitungsthema zitiert.
Beim Zweiten Satz handelt es sich um „Doppelvariationen, die um die beiden Pole zierliche Anmut und grimmige Entschlossenheit kreisen“ (C.-C. Schuster); drei Mal folgt der zierlichen Anmut in einem C-Dur-Teil die grimmige Entschlossenheit in c-Moll; bei jeder Wiederholung des jeweiligen Themas wird es in neuem Gewand vorgestellt.
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), namhafter Komponist, Musikschriftsteller und Musikkritiker, hörte die beiden Trios op. 70 am Silvestertag 1808 mit dem Komponisten am Flügel und schreibt über den Dritten Satz von op. 70/2, es sei ein „so himmlischer kantabler Satz, wie ich von ihm noch nie gehört, und der das Lieblichste, Graziöseste ist, das ich je gehört“ - seine Melodik betreffend könnte man von ‚Schönheit in der Schlichtheit‘ sprechen. Ein erster Teil, der wiederholt wird, ist in einer dreiteiligen Liedform geschrieben; in seinem Mittelstück wird noch eine zusätzliche anrührende Melodie hinzugefügt. Ein zweiter Teil beginnt mit einem akkordisch gesetzten Wechselspiel von Klavier und Streichern und endet mit verspielten Triolen in der Oberstimme des Klaviers, begleitet von zarten Harmonien; diese Triolen und Harmonien bilden auch einen anmutigen Übergang zum Liedthema, das, bevor der zweite Teil beendet wird, noch einmal kurz anklingt. Beethoven selbst hatte wohl sicher seine Freude an der Feinheit dieser Erfindungen und verlangt von den Interpreten eine Wiederholung nun beider Teile. Und noch einmal, gleichsam als Coda, erklingen der erste Teil und der Triolen-Schluss des zweiten.
Großartig in seinen Einfällen und in seiner Verarbeitung ist auch das Finale, ein „Fest der heiteren Laune“ mit einem frohen Hauptthema
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und einem munteren zweiten. Der zweite Teil des Satzes beginnt mit einer ins Traurige gewendeten Variante dieses zweiten Seitenthemas, die aber nur einige Takte lang dauert und einem übermütigen Spiel mit den rasanten Einleitungstakten dieses Satzes weicht. Der dritte Teil greift den ersten wieder auf, zu Beginn - wie im ersten Satz - stark verändert. Die Coda beginnt mit einer Umformung des ersten Seitenthemas; das zweite Seitenthema wird mehrmals zitiert und zum Ausklang noch einmal das Hauptthema.
April 2021
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