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Ankündigung
Die Serenade op. 10, vom 25-jährigen Dohnányi 1902 niedergeschrieben, verweist auf spätromantische Musik. Aber Dohnányi, der zu den bedeutenden Komponisten und Pianisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählt, geht auf sehr persönliche Weise mit diesem Musikstil um. So entsteht ein liebenswertes Werk voller origineller Ideen und von höchster Kunstfertigkeit. Da gibt es eine sehnsuchtsvolle Liebeserklärung im Stil eines Ständchens, ein Scherzo, das an den Elfen- und Kobold-Spuk in manchen Scherzi Mendelssohns erinnert, es gibt die ungewöhnliche Erfindung eines tiefmelancholischen Variationensatzes und ein mit polyphonen Kunststücken durchwirktes prächtiges Rondo.

Ernst von Dohnányi
(1877-1960)

Serenade für Streichtrio C-Dur op. 10

Marcia
Romanza
Scherzo
Tema con variazioni
Rondo

Ernst (Ernö) von Dohnányi studierte Komposition und Klavier an der Franz-Liszt-Musikakademie Budapest. Während seines Studiums lernte er Brahms kennen (1895), der sein Klavierquintett op. 1 überaus lobte und als „Impulsgeber“ für Dohnányi angesehen wird. Seit 1905 lehrte er an der Berliner Hochschule für Musik, seit 1915 am Ort seines Studiums, ab 1948 in Amerika. Dohnányi zählt zu den bedeutenden Komponisten und Pianisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. (Dohnányi war der Vater des Widerstandskämpfers Hans von Dohnányi, der am 9. April 1945 wegen seiner Beteiligung am Attentat vom 20. Juli 1944 erhängt wurde; und er war der Großvater des Dirigenten Christoph und des Politikers Klaus von Dohnányi.)

Die Serenade op. 10, vom 25-Jährigen 1902 geschrieben, beginnt mit einem Marsch. Mit einem Marsch traten die Musiker der Serenadenmusik zur Zeit Mozarts auf und mit einem Marsch traten sie wieder ab. Dohnányi übernimmt die Tradition dieser Serenadenmusik, aber bei ihm ist sie eine spielerische Kunstform, nicht tatsächlich als Ständchen unter freiem Himmel gemeint; dagegen spricht schon die Besetzung – die klassische Serenade ist Bläsermusik. Zudem würden die Synkopen der Eingangsmusik die Aufmarschierenden ins Stolpern bringen.
Dohnányi hat sich nicht mit der Intensität seines Freundes Bela Bartók um die ungarische Volksmusik bemüht, aber ein ‚all‘ Ongarese‘ und ‘alla Zingarese’, also Ungarisches und Zigeunerisches klingt im zweiten Teil des Marsches mit. Die Coda greift das Aufmarsch-Motiv wieder auf.

Die Romanze ist eine melancholische Liebeserklärung im Stil eines Ständchens. Die Melodie wird von der Bratsche vorgetragen; das synkopisch versetzte Pizzicato von Violine und Cello verweist auf die für ein Ständchen so nützliche Gitarre. Den Mittelteil bildet ein leidenschaftlicher Ausbruch dieser beiden Instrumente, von Arpeggien der Bratsche unterstützt. Der dritte Teil wiederholt in veränderter Form den ersten: die Melodie übernimmt nun die Violine, die Bratsche spielt Begleitfiguren und das Cello bleibt beim Pizzicato. Sehr hübsch sind die wenigen Takte der Coda, die den Anfang der Romanze wiederholen und mit einem offenen Schluss enden.

Virtuos komponiert ist das Scherzo, ein köstliches kleines Kunstwerk, erinnernd an den Elfen- und Kobold-Spuk in manchen Scherzi Mendelssohns. Virtuos vor allem, wie das staccato zu spielende Thema im chromatischen Abwärts auf irrlichternde Weise immer wieder in kunstvoll fugierter Art vorgeführt wird. Ein zweiter Teil ist durch eine ruhigere freundlich-heitere Dolce-Melodie bestimmt. Gegen Ende dieses Teils drängt sich das Fugenthema dazwischen. Den dritten Teil bestimmt das Dolce-Thema, das Fugenthema wird zur Begleitung degradiert. Erst in der Coda darf es noch einmal Fuge sein, und zwar in der Form einer Engführung (Ein Fugenthema beginnt, bevor das vorige zuende geführt ist.).

Das Thema des langsamen Variationensatzes ist als dreiteilige Liedform gefasst: ein viertaktiges Thema umfasst einen viertaktigen Mittelteil (ABA‘). Der Anfangsteil wird zweimal gespielt, der Schlussteil steht eine Quarte höher als der Anfangsteil:



Serenade op. 10 Satz 4 Thema



Dieses durch Chromatik geprägte melancholische Lied-Thema ist eine ungewöhnliche Erfindung; und entsprechend sind die folgenden fünf Variationen von ungewöhnlich großem Reiz. In der ersten begleiten gebrochene Akkorde im Wechsel von Violine und Cello in großer Ruhe das von der Bratsche gespielte Thema. In der zweiten wird das Thema von der Violine umspielt, die beiden anderen Instrumente bilden dazu eine wunderschöne Begleitung. Aus den 16 Takten des Themas sind in der dritten Variation 32 (12-8-12) geworden. In den Außenteilen wird das Thema von der Violine, im Mittelteil vom Cello umspielt. Die beiden übrigen Instrumente beteiligen sich dann jeweils mit kontrapunktischer Linienführung. Die lebhafte vierte Variation (poco più animato) ist noch sechs Takte länger als die vorige. Sie ist mit ihren treibenden Triolen, ihrer abfallenden Melodik und ihren Unterschieden im Dynamischen gleichsam die ‚Dramatische‘ der Variationen. In der traurig-schönen letzten Variation ist der Mittelteil als aufregende Unterbrechung der Außenteile variiert, mit seltsamer Harmonik, mit Tremolo und scharfer Akzentuierung. Die Melodie der Außenteile ist mit Tremoli der Violine, mit Pizzicati und gebrochenen Dreiklängen aufwärts im Cello, die wie eine Klage anmuten, eingehüllt in ein Pianissimo voller Lieblichkeit.

Als Rondo bezeichnet Dohnányi den letzten Satz; es finden sich aber auch Elemente eines klassischen Sonatensatzes. Insgesamt erhält der Satz seinen vorwärtstreibenden Impuls vom Hauptthema mit dessen Akzent zu Beginn und seinen Sechzehntelläufen:



Serenade op. 10 Satz 5 Hauptthema



Der Akzent-Impuls charakterisiert auch ein Seitenthema. Haupt- und Seitenthema werden – verändert - wiederholt. Dann folgt mit einem weiteren Einsatz des Hauptthemas der zweite Teil des Satzes mit einem auch wegen der polyphonen Kunst hinreißenden Spiel der bisher vorgeführten Motive. Der dritte Teil beginnt mit dem Seitenthema, natürlich verändert wie auch das folgende Hauptthema. Den Abschluss des Satzes bilden Anklänge an das ‚alla Zingarese’ des Eingangs-Marschs: Die Musiker treten ab und ihre Musik verklingt nach und nach im dreifachen Piano. Es folgt noch ein Fortissimo-Abschlussakkord, damit der Zuhörer weiß: das Ende ist wirklich erreicht.

Juli 2020



Dohnányi Kammermusik

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