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Sergei Prokofiev (1891-1953)
Sonate für Violoncello und Klavier C-Dur op. 119
Andante grave - Allegro moderato Moderato Allegro, ma non troppo
Im Jahr 1949, als Prokofievs Cellosonate entstand, terrorisierte Stalins System der Bevormundung und Kontrolle alle Lebensbereiche, auch die Musik. Ein Jahr zuvor war Prokofiev wegen formalistischer Tendenzen angeklagt, zu größerer Volkstümlichkeit aufgefordert und ein Großteil seiner Musik verboten worden. Die Cellosonate wurde im Juni 1949 von Mstislaw Rostropowitsch und Swjatoslaw Richter im Komitee für Kunstangelegenheiten, im September im Sekretariat des Verbandes sowjetischer Komponisten und im Dezember vor dem Dritten Komponistenverband der UdSSR vorgetragen und von diesen Kontrollorganen gebilligt. Sie widersprach nach deren Ansicht nicht dem Geist des Volkes. Anpassung oder Überzeugung? Den Tod Stalins hat Prokofiev nicht überlebt: er starb am selben Tag, ja zur selben Stunde wie jener. Nach der Oktoberrevolution hatte Prokofiev Russland verlassen, sich aber im Ausland nicht wohlgefühlt. Er steigerte seinen modernen Stil bis hin zu Atonalität und Aggressivität. In den dreißiger Jahren, vor allem seit seiner Rückkehr nach Moskau 1936, fand er eine neue Tonsprache. „Er war davon überzeugt, Musik schreiben zu müssen, die einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllte. Dies zeichnet sich in der Vereinfachung der Harmonik und den klareren Konturen der Melodien ab. Indem er in stärkerem Maße auf die Traditionen der russischen Volksmusik eingeht, wurde seine Musik verständlicher und leichter zugänglich. Zudem festigt er die Tonalität und legte Wert auf eine ausgefeilte Polyphonie. Während des Zweiten Weltkrieges wurde seine Tonsprache noch einmal schärfer, was prompt zu der Verurteilung von 1948 führte. Daraufhin vereinfachte Prokofjew seinen Stil noch weiter. Seine letzten Werke sind von weiten Melodien, lyrischer Stimmung, leiser Resignation und einem fast romantischen Tonfall gekennzeichnet.“ (Wikipedia)
Dies findet sich auch in der Cellosonate, etwa beim Beginn des Ersten Satzes.
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Dieses Thema entfaltet sich weitgespannt und wird von einem freundlichen, mit vier Sechzehntel beginnenden Motiv abgelöst. Bei Prokofiev fehlt das in der Klassik/Romantik übliche Spiel mit den zwei, drei zu Beginn vorgestellten Themen, die variiert und miteinander verwickelt werden. Prokofjew reiht dagegen oft die einzelnen Motive und Themen in einfacher Weise aneinander. So folgt nach dem freundlichen Motiv ein heftiger akkordischer Teil, bei dem das Cello Akkorde als Pizzicato zu spielen hat, ein Kontrast zur lyrischen Stimmung des nächsten Themas:
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Mit einer neuen Tempovorschrift – Moderato animato – schließt sich, vom Cello intoniert, eine Art Fugenthema an:
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Man könnte zunächst meinen, es würde tatsächlich eine Fuge entstehen, statt dessen erklingen volle Akkorde im Klavier und dann noch einmal das ‚Fugenthema‘. Dem folgt ein rhapsodischer Teil im Andante, das Klavier übernimmt Cymbalklänge. Schließlich bringt sich das lyrische Thema wieder in Erinnerung. Nun werden die vier Hauptthemen (Eingangsthema, das freundliche, das lyrische Thema und das Fugenthema) abgewandelt wiederholt. Trotz dieser Aneinanderreihung der Themen wirkt der Satz nicht zusammengestückelt, sondern als in sich geschlossene Einheit. Der Ausgang ist fulminant, und man kann sich gut vorstellen, wie Rostropowitsch, der die Uraufführung spielte und bei der Entstehung der Sonate mit Prokofiev Kontakt hatte, dem Meister über die Schulter sah und darauf achtete, dass die Noten auch spielbar waren.
Der Zweite Satz ist wie ein Scherzo gegliedert: A B A. Die A-Teile wirken sehr eingängig, wie für Kinder geschrieben. Auch hier gibt es die Reihung verschiedener Themen; sie sind liebevoll, humorig, geistreich, spritzig und von bezaubernder Einfachheit. Den Mittelteil bezeichnet Prokofiev als ‚Andante dolce‘. Er ist nach Moll gewendet, entsprechend melancholisch und, wenn man so will, ein wenig sentimental.
Beschwingt beginnt der Dritte Satz mit einer Art Rondothema:
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Zwei Mal wird dieses Rondothema wiederholt. Zwischen der ersten Vorstellung des Rondothemas und seiner ersten Wiederholung erscheinen ein burschikoses und ein kantables Zwischenspiel (‚cantabile‘ als Spielanweisung), zwischen erster und zweiter Wiederholung findet sich ein Thema, das den Komponisten als exzellenten Melodiker ausweist. Nach der zweiten Wiederholung erklingen noch einmal - in abgewandelter Form - das burschikose und das kantable Zwischenspiel. Aus dem ‚Cantabile‘ entwickelt sich eine gewaltige Coda.
August 2017
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Flötensonate D-Dur op. 94
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