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Francis Poulenc
(1899-1963)

Sonate für Violine und Klavier op. 119

Allegro con fuoco
Intermezzo: Très lent et calme
Presto tragico - Strictement la double plus lent

Darius Milhaud schrieb über Poulencs Musik: „Wird nach all den impressionistischen Nebeln nicht diese einfache und klare Kunst, die so sehr an Scarlatti und Mozart erinnert, die nächste Phase unserer Musik sein?” Und Poulenc über sich selbst: er wolle weder ein kubistischer noch ein futuristischer oder gar impressionistischer Musiker sein; er sei ein „Musiker ohne Etikette“. Und so finden sich bei ihm neben Klängen der Moderne auch die des Neoklassizismus, des französischen Barock und der Romantik; und so ist er auch in der Lage, Saint-Saëns wie auch Mozart als Vorbild zu schätzen. Und immer ist er ganz er selbst, hat seinen ganz eigenen Stil - bei seinen varietéhaften Späßen und Clownerien wie bei seiner ernsten Kirchenmusik. Ausgangspunkt seines Komponierens waren die Melodie und die menschliche Stimme.

Poulencs Violinsonate, „ein Werk, dessen Furor, Zerrissenheit, Melancholie und Esprit auch heute noch unmittelbar wirkt“ (Deutschlandfunk), entstand 1943 im besetzten Frankreich, geschrieben für die junge Geigerin Ginette Neveu, die es zusammen mit Poulenc im selben Jahr in Paris aufführte, eine mutige Tat, denn Poulenc hatte das Werk Federico García Lorca gewidmet, der 1936 von spanischen Faschisten ermordet worden war. Als Neveu 1949 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, ersetzte Poulenc den ursprünglichen ‚Dritten Satz‘ durch ein ‚Presto tragico‘.

Die beiden ersten Takte des Erste Satzes wirken, „als würde etwas zerfetzt. Ein Geigentremolo rast nach oben, in Sechzehnteln, und nach drei wie im Zickzack gezupften Achteln stürzt die Geige in ein Thema“ (s.o.), das nicht in ein Stück klassischer Musik zu passen scheint, in den Song ‚Tea for Two‘ aus dem 1925 entstandenen Musical ‚No, no, Nanette‘ von Vincent Youmans. Und dieser Song durchzieht den gesamten Satz, der dadurch keinesfalls oberflächlich, sondern in der aggressiven Verarbeitung Poulencs eher abgründig wirkt. Der ersten Vorstellung des Tea-for-two-Thema folgt eine Passage, die die Nähe von Salonmusik streift,



Violinsonate Satz 1 Salonmusik-Passage



dann wieder ein ein aggressives Forte und wieder ein freundliches, nun sehr melodiöses Thema,



Violinsonate Satz 1 Zitat aus der Briefszene



das sich als ein Zitat eines Oboen-Themas aus Tschaikowskys ‚Eugen Onegin‘ (Brief-Szene) herausstellt. Das Tea-for-two-Thema wird in demselben zärtlichen Ton variiert. Eine neue Passage steigert sich auf beeindruckende Weise zum härtesten Fortissimo - ein Formprinzip des Satzes ist offenbar der Wechsel von zupackender und gefälliger Musik. Es folgt also wieder, eingeführt von einigen barockisierenden Takten, ein ruhiger Teil, eine rührend freundlich-melancholische Melodie, die sich zu großem Ausdruck (‚Appassionato‘) entwickelt. Ein letztes Mal klingt das Tea-for-two-Thema an, und den Ausklang bildet eine ruhige, schlichte Melodie – mit Ausnahme der letzten vier Takte, die in gewohnt aggressiver Weise den Schlussakkord vorbereiten.

Auch der Zweite Satz ist nach dem Prinzip der Reihung gebaut; aber es wird nicht Gegensätzliches, sondern Ähnliches aneinandergereiht, Langsames und Ruhiges. Ein erster melancholischer Teil, der wie aus der Ferne kommend, in Gedanken versunken interpretiert werden soll, wird durch repetierende Sechzehntel-Akkorde gebildet, hinter denen sich eine Melodie gleichsam verbirgt. Es folgt eine längere Passage, die sehr eindrucksvoll durch abfallende Intervalle bestimmt ist. Sie endet mit einer Annäherung an das Salonmäßige, das aber bald dem eigentlichen Stil Poulencs weichen muss. In der Schlusspassage, die mit vollen Akkorden des Klaviers beginnt, zeigt Poulenc mit großer Feinheit moderne Kompositionstechnik.

Der Dritte Satz ist zweigeteilt; den größeren Teil nimmt ein ‚Presto tragico‘ in Anspruch, das letzte, langsame Drittel ist gefüllt mit der eigentlichen Klage über den Tod der Geigerin Ginette Neveu.
Der Satz beginnt mit wildem Ungestüm, an Strawinski erinnernd; unvermittelt geht er über in Passagen mit Anklängen höchst kunstvoller Barmusik, unterbrochen von ‚seriöserer‘ Musik. Ein letztes Mal noch erklingt Tea for two, bissig, grimmig (féroce), gewaltsam und durchdringend (violent).
So ist die Schmerzensmusik über den Tod der Geigerin Ginette Neveu vorbereitet. Sie setzt ein mit einem Abwärts der Violine solo, fast ein klagendes Glissando. Und schmerzerfüllt geht es weiter mit einer einzigartigen Trauermusik:



Violinsonate Satz 3 Trauermusik



Und einzigartig sind auch die Schlussakkorde, die den ungewöhnlichen Satz beenden.

November 2020



Trio für Oboe, Fagott und Klavier op. 43

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