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J. Brahms
(1833 - 1897)

Quintett für Klarinette, 2 Violinen, Viola und Violoncello h-Moll op. 115

Allegro
Adagio
Andantino - Presto non assai, ma con sentimento
Con moto

Brahms hatte mit dem Streichquintett op. 111 sein Lebenswerk für abgeschlossen gehalten („Ich habe genug geschafft“), wollte sein Haus bestellen und hatte schon eine Art Testament geschrieben, als er 1891 den Meininger Hof besuchte. Dort ließ er sich von dem Klarinettisten der Hofkapelle, dem jungen Richard Mühlfeld, die Möglichkeiten der Klarinette genau erklären. Man könne "nicht schöner Klarinette blasen, als es der hiesige Mühlfeld tut", schrieb er an Clara Schumann 1891 aus Meiningen. Das seelenvolle Spiel Mühlfelds begeisterte ihn so sehr, etwa bei einer Aufführung von Mozarts Klarinettenquintett, dass er, neu inspiriert, im Laufe des Jahres 1891 sein Klarinettentrio und sein Klarinettenquintett komponierte, drei Jahre später dann auch noch die beiden Klarinettensonaten op. 120, 1 und 2 .
Im Klang der Klarinette fand er die geeignete Möglichkeit, seine stille, manchmal schmerzliche Resignation auszudrücken. Aber bei aller Resignation hatte Brahms nicht seinen Humor verloren. So schrieb er an eine befreundete Meininger Baronin: „Es ist mir (immer unter uns) nicht entgangen, wie sehr Sie dem herzogl. Kammermusikus und Musikdirektor Mühlfeld geneigt sind; ich habe mit Wehmut gesehen, wie mühsam und ungenügend Ihr Auge ihn an seinem Orchesterplatz zu suchen hatte. Im letzten Winter konnte ich ihn wenigstens vorne hinstellen [nämlich zum Vortrag eines Weberschen Konzerts] – aber jetzt – ich bringe ihn in Ihre Kemenate; er soll auf Ihrem Stuhl sitzen. Sie können ihm die Noten umwenden und die Pausen, die ich ihm gönne, zu traulichstem Gespräch benutzen! ... sage ich noch, dass ich für diesen Zweck ein Trio und ein Quintett geschrieben habe.“
Am 24. November 1891 war die Uraufführung des Klarinettenquintetts im Meininger Schloss, am 12. Dezember in Berlin die erste öffentliche Aufführung u. a. mit dem Klarinettisten Mühlfeld und dem berühmten Geiger Joachim; Brahms selbst wirkte beim Klarinettentrio mit, das ebenfalls an diesem Abend aufgeführt wurde. „Der Abend wurde für Brahms zu einem seiner größten Triumphe; das Publikum verlangte das Quintett da capo, und dessen Adagio wurde »so oft und so lange gespielt wie es der Klarinettist nur aushalten konnte«.“ (Reclam)
Die erste Biographin von Brahms, die Engländerin Florence May, die Brahms seit 1871 persönlich kannte, schrieb (1905) über das Quintett: „Der Zug sanfter, liebender Melancholie deutet des Komponisten Empfindung an, dass die Nacht für ihn nicht mehr fern ist … Eine Fülle reicher Melodien, ein üppiger Reiz des Tonklangs, 'olympische' Ruhe und Meisterschaft zeichnen jeden Satz aus.“ - ein gelöstes Ausatmen des endgültig zur Ruhe Gekommenen.

‚Sanfte Melancholie’ prägt den Ersten Satz, der im 6/8-Takt steht und mit einem unvergleichlichen Terzen- und Sextenmotiv beginnt:



Klarinettenquintett op. 115 Satz 1 Thema 1



Aus diesem Motiv der Violinen, das in gleicher Weise aus Seufzen und Seligkeit zu kommen scheint, entwickelt sich einige Takte später eine ergreifende neue Melodie, zunächst in Terzen von Bratsche und Cello vorgestellt. Ein drittes Thema bildet einen markanten Gegensatz zur Zartheit der beiden ersten:



Klarinettenquintett op. 115 Satz 1 Thema 3



Und gleich darauf erscheint in ruhigem Fließen ein viertes Thema



Klarinettenquintett op. 115 Satz 1 Thema 3



,

das bis zum Ende des Teils, der die Themen vorstellt (Exposition), bestimmend bleibt.
Der wunderschöne mittlere Teil des Satzes (Durchführung) vertieft das Elegische des ersten Themas, wendet dann, gestützt durch eine eigenartig wiegende Begleitung, das markante dritte ganz ins Lyrisch-Zarte und in seiner weiteren Entwicklung ins Tief-Traurige. Tröstliches Ende dieses Teils und Übergang zur sehr verkürzten Wiederaufnahme des ersten (Reprise) bildet ein Anklang an das liebliche zweite Thema:



op. 115 Satz 1 Übergang zur Reprise



Der innigen, ergreifenden Schlichtheit des Adagio-Themas



Klarinettenquintett op. 115 Satz 2



steht ein höchst differenzierter, beunruhigender Rhythmus der Con-sordino-Begleitung entgegen. Der Mittelteil in Moll mit seinen rhapsodischen Figuren der Klarinette ist ein grandioses Abschiednehmen von der ungarischen Zigeunermusik, durch die Brahms so viel Anregung bekam; es ist ein Abschied voller Wehmut und Melancholie, der im letzten Teil, wenn das Adagio-Thema wieder aufgegriffen wird, noch intensiver zu Musik wird.

Der Dritte Satz ist zweigeteilt: Einem kürzeren ‚Andantino‘, in dem Klarinette und 1. Violine eine ruhige, friedvolle Melodie vortragen, folgt ein ausgedehnteres scherzohaftes ‚Presto non assai‘. Im ersten Teil dieses Prestos werden das durch Sechzehntel und Punktierungen geprägte, rasch vorüberhuschende Hauptthema



Klarinettenquintett op. 115 Satz 3 Presto



und ein Seitenthema vorgestellt, das durch Synkopen der Klarinette und Pizzicati der Begleitung charakterisiert ist und das gleich danach in einer ‚dolce‘ zu spielenden Variation erscheint. Im zweiten Teil wird das Hauptthema recht komplex abgewandelt (Durchführung) und in einem dritten Teil der erste wieder aufgegriffen. Zum Ausklang greift Brahms noch einmal auf das Thema des ‚Andantino‘ zurück.

Im Finale wird ein liedhaftes Thema fünfmal in gelassener Ruhe, sozusagen in sich gekehrt, variiert. Die erste Variation gehört dem Cello. Jörg Widmann sieht Anklänge an Bachs Cello-Suiten und meint, Brahms erinnere in den fünf Variationen dankbar an Musik, die ihm besonders am Herzen lag, hier also an Bach. Die zweite - lebhaftere - Variation wäre dann ein Abschied von der ungarischen Zigeunermusik, den der Zuhörer schon vom ‚Zweiten Satz‘ her kennt. In der dritten Variation klingt möglicherweise alpenländische Folklore an. Vielleicht möchte Brahms auch an Menschen erinnern, die ihm sehr viel bedeutet haben, zum Beispiel durch das liebevolle Dialogisieren und Zusammenfinden der vierten Variation. In der letzten Variation erinnert die Klarinette an das Terzen-Motiv des Ersten Satzes, vielleicht ein Gedenken an schöne, heitere Momente des Lebens. Die Coda - sie gehört mit zu den schönsten, die Brahms geschrieben hat - zitiert das Terzen-Motiv dann wörtlich. Sie ist Musik gewordene Traurigkeit, auch Erschöpftsein, auf das die Generalpausen verweisen. Nach einem letzten Aufschwung steigt die Klarinette in chromatischen Schritten in eine tiefere Region. Zuletzt spielt sie vor dem Abschlussakkord ohne Begleitung der Streicher eine Quinte abwärts – extremer Ausdruck von Einsamkeit. Hans Gal schreibt: "Die Melancholie und Resignation des Abschieds ist niemals ergreifender zum Ausdruck gebracht worden."

Januar 2019



Klarinettentrio a-Moll op. 114 / Sonate f-Moll op. 120/1

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