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Louis Spohr
(1784-1859)

Sechs Lieder für eine Singstimme, Klarinette und Klavier op. 103

Sei still mein Herz
Zwiegesang
Sehnsucht
Wiegenlied (in drei Tönen)
Das heimliche LiedWach auf

1837, im Jahr der Entstehung der Lieder op. 103, galt Louis Spohr, Kurfürstl. Hofkapellmeister in Kassel, als der bedeutendste lebende deutsche Komponist. Zudem war er berühmt als Violinvirtuose und als Lehrer. Zu Kompositionen für Klarinette kam er wie Mozart und Brahms durch die Begegnung mit einem großen Klarinettisten; bei Spohr war es J. S. Hermstedt, den er seit 1809 kannte. Bei den Sechs Liedern op. 103 ist der Einsatz der Klarinette immer wesentlich, ob sie virtuos den Gesang einleitet oder abschließt oder mit der Gesangsstimme duettiert.
Die Besonderheit der Lieder op. 103 mag auch darauf zurückgehen, das Spohr drei Jahre zuvor seine Frau verloren hatte und unter diesem Verlust sehr litt. So wechseln seine Lieder zwischen ruhiger Schlichtheit und Ausdruck tiefer Resignation. Dass die Qualität der Texte der der Musik nachsteht, ist eine Auffälligkeit, die sich auch bei anderen Liedkomponisten findet.

Hoffnung auf ein erfülltes Leben und Achtung, die der Dichter sich erhofft, sind nichts als leerer Wahn. Dies ist die Kernaussage des Gedichts ‚Sei still mein Herz‘, und sie wird im dramatischen F-Moll der Klarinetten-Einleitung in Musik umgesetzt. Beim Eintritt der Gesangsstimme aber wechselt das Moll ins Dur; die Melodie strahlt zunächst ruhige Schlichtheit aus, sie lässt das Schöne ahnen, das sich die Hoffnung ausmalt, die Dankbarkeit, die dem Dichter entgegengebracht werden könnte. Mit dem chromatischen Lauf der Klarinette, mit der Unruhe in der Klavierbegleitung und der Besonderheit der harmonischen Modulationen wendet sich die Stimmung dann hin zu der resignierenden, verzweifelten Einsicht: In Wahrheit gibt es nur Hoffnungslosigkeit, und Dankbarkeit der Menschen ist nur böser Schein.

Das schlichte und ergreifende Lied ‚Zwiegesang‘ - Zwiegesang zwischen dem Vöglein, von der Klarinette aufs schönste imitiert, und dem ‚Mägdlein‘ - setzt der Welt der Täuschung die Redlichkeit einer Idylle entgegen. Von diesen beiden Strophen geht das aus, was am Ende der zweiten erklingt: „Wie der Gesang zum Herzen drang,/Vergess ich nimmer mein Leben lang.“

Das dritte Lied spricht wieder von Resignation, von der ‚Sehnsucht‘, die keine Erfüllung findet. Die gelassen-freundliche Vertonung entspricht eher der Vision einer idyllischen Landschaft der ersten beiden Strophen als dem resignierenden ‚Und ich kann nicht hin!‘ Auch die Klarinette, die in diesem Lied besonders konzertant, ja virtuos klingt, verstärkt mit ihren Dreiklängen eher das Freundliche als das Sehnsüchtige dieses Lieds.

Von großer Schönheit ist das ‚Wiegenlied‘, dessen Gesangsmelodie aus nur drei beieinanderliegenden Tönen (d, c, b) besteht, was nicht auffallen würde, wenn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird. Mit seinen sparsamen harmonischen Wendungen klingt es so selbstverständlich, in seiner Schlichtheit und Innigkeit so natürlich, dass es den Zuhörer bezaubert.

Der volksliednahen Schlichtheit des ‚Wiegenlieds‘ folgt das kunstvolle ‚Heimliche Lied‘. Seine Aussage: Gegen das Leiden an der Welt hilft der Rückzug in das eigene Innere, das sich in der Kunst befreiend ausspricht (1.Strophe), und es hilft Liebe, in der das bedrückte Herz nicht dem Fremden, wohl aber dem Liebenden sich öffnet (2. Strophe). Dieser Gegenüberstellung von Leid und Erlösung entspricht die Vertonung: Einem rezitativähnlichen Moll-Teil, in dem sich die Klarinette wieder von ihrer konzertanten Seite zeigt und der in beiden Strophen mit dem Vers ‚Der Fremde sieht sie/es nicht‘ endet, folgt eine kleine Arie in Dur, in der von der Erlösung gesungen wird.

Beim letzten Lied, ‚Wach auf‘, möchte man meinen: je misslungener der Text, desto schöner die Vertonung. Immerhin hat Spohr die Chancen, die der Text bot, hervorragend genutzt und ein Lied wie von Schubert geschaffen. Mit freundlichen Tönen der Klarinette wird die Mahnung eingeleitet, nicht bange in sich gekehrt zu bleiben und sich vom Frühlingsaufbruch wecken zu lassen. Beim ‚bange‘ gleitet die Melodie noch kurz ins Moll wie auch beim ‚Starren‘ in Strophe 3. Ansonsten steigert sich die Musik immer mehr zu einem Jauchzen über das Kommen des Frühlings, über den ‚süßen Schall‘ der Vögel, über das Aufbrechen der Blätter, über Quelle und Bächlein, über die Spiegelung des blauen Himmels im Wasser, darüber, wie sich in Liebe alles zusammenfügt. Die Begleitung wird lebendiger, harmonisch reicher, die schöne Melodie steigt in höhere Höhen. Die letzten Takte verklingen in einem innigen Piano.
Sei still mein Herz (Karl B. Freiherr von Schweitzer,1797-1847)
Ich wahrte die Hoffnung tief in der Brust,
Die sich ihr vertrauend erschlossen,
Mir strahlten die Augen voll Lebenslust,
Wenn mich ihre Zauber umflossen,
Wenn ich ihrer schmeichelnden Stimme gelauscht,
Im Wettersturm ist ihr Echo verrauscht,
Sei still mein Herz, und denke nicht dran,
Das ist nun die Wahrheit, das Andre war Wahn.

Die Erde lag vor mir im Frühlingstraum,
Den Licht und Wärme durchglühte,
Und wonnetrunken durchwallt ich den Raum,
Der Brust entsproßte die Blüte,
Der Liebe Lenz war in mir erwacht,
Mich durchrieselt Frost, in der Seele ist Nacht.
Sei still mein Herz, und denke nicht dran,
Das ist nun die Wahrheit, das Andre war Wahn.

Ich baute von Blumen und Sonnenglanz
Eine Brücke mir durch das Leben,
Auf der ich wandelnd im Lorbeerkranz
Mich geweiht dem hochedelsten Streben,
Der Menschen Dank war mein schönster Lohn,
Laut auf lacht die Menge mit frechem Hohn,
Sei still mein Herz, und denke nicht dran,
Das ist nun die Wahrheit, das Andre war Wahn.

Zwiegesang (Robert Reinick, 1805-1852)
Im Fliederbusch ein Vöglein saß
In der stillen, schönen Maiennacht,
Darunter ein Mägdlein im hohen Gras
In der stillen, schönen Maiennacht.
Sang Mägdlein, hielt das Vöglein Ruh',
Sang Vöglein, hört' das Mägdlein zu,
Und weithin klang der Zwiegesang
Das mondbeglänzte Thal entlang.

Was sang das Vöglein im Gezweig
Durch die stille, schöne Maiennacht?
Was sang doch wohl das Mägdlein gleich
Durch die stille, schöne Maiennacht?
Von Frühlingssonne das Vögelein,
Von Liebeswonne das Mägdelein.
Wie der Gesang zum Herzen drang,
Vergess ich nimmer mein Leben lang.

Sehnsucht (Emanuel von Geibel, 1815-1884)
Ich blick' in mein Herz und ich blick' in die Welt,
Bis vom Auge die brennende Träne mir fällt,
Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht,
Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie nicht.
O die Schranken so eng, und die Welt so weit,
Und so flüchtig die Zeit!

Ich weiß ein Land, wo aus sonnigem Grün,
Um versunkene Tempel die Trauben glühn,
Wo die purpurne Woge das Ufer beschäumt,
Und von kommenden Sängern der Lorbeer träumt.
Fern lockt es und winkt dem verlangenden Sinn,
Und ich kann nicht hin!

O hätt' ich Flügel, durch's Blau der Luft
Wie wollt' ich baden im Sonnenduft!
Doch umsonst! Und Stunde auf Stunde entflieht
Vertraure die Jugend, begrabe das Lied!
O die Schranken so eng, und die Welt so weit,
Und so flüchtig die Zeit!

Alles still in süßer Ruh
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben,1798-1874)
Alles still in süßer Ruh,
Drum mein Kind, so schlaf auch du.
Draußen säuselt nur der Wind,Su, su, su, schlaf ein mein Kind!
Schließ du deine Äugelein,
Lass sie wie zwei Knospen sein.
Morgen wenn die Sonn' erglüht,
Sind sie wie die Blum' erblüht.

Und die Blümlein schau ich an,
Und die Äuglein küß ich dann,
Und der Mutter Herz vergißt,
Daß es draußen Frühling ist.

Das heimliche Lied (Ernst Koch, 1808-1858)
Es gibt geheime Schmerzen,
Sie klaget nie der Mund,
Getragen tief im Herzen
Sind sie der Welt nicht kund.
Es gibt ein heimlich Sehnen,
Das scheuet stets das Licht,
Es gibt verborgne Tränen,
Der Fremde sieht sie nicht.
Es gibt ein still Versinken
In eine innre Welt,
Wo Friedensauen winken,
Von Sternenglanz erhellt,
Wo auf gefallnen Schranken
Die Seele Himmel baut,
Und jubelnd den Gedanken
Den Lippen anvertraut.

Es gibt ein still Vergehen
In stummen, öden Schmerz,
Und niemand darf es sehen,
Das schwergpresste Herz.
Es sagt nicht, was ihm fehlet,
Und wenn's im Grame bricht,
Verblutend und zerquälet,
Der Fremde sieht es nicht.
Es gibt einen sanften Schlummer,
Wo süßer Frieden weilt,
Wo stille Ruh' den Kummer
Der müden Seele heilt.
Doch gibt's ein schöner Hoffen,
Das Welten überfliegt,
Da wo am Herzen offen
Das Herz voll Liebe liegt.

Wach auf! (Rudolf Kulemann, 1811-1899)
Was stehst du bange
Und sinnest nach?
Ach! schon so lange
Ist Liebe wach.

Hörst du das Klingen
Allüberall?
Die Vöglein singen
Mit süßem Schall.

Aus Starrem sprießet
Baumblättlein weich,
Das Leben fließet
Um Ast und Zweig.

Das Tröpflein schlüpfet
Aus Waldesschacht,
Das Bächlein hüpfet
Mit Wallungsmacht.

Der Himmel neiget
In's Wellenklar,
Die Bläue zeiget
Sich wunderbar.

Ein heit'res Schwingen/Schmiegen
Zu Form und Klang,
Ein ew'ges Fügen
Im ew'gen Drang!

Was stehst du bange
Und sinnest nach?
Ach! schon so lange
Ist Liebe wach.

Februar 2021



Spohr

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