Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Quartett für Flöte, Violine, Viola und Violoncello C-Dur KV 285b (Anh. 171)
Allegro Thema: Andantino - Variationen I - VI
Über die Entstehung der Flötenquartette gibt es nur Hypothesen; gesichert ist Folgendes: Mozart hielt sich vom 30. Oktober 1777 bis 14. März 1778 in Mannheim auf. Dort wurde ihm der Auftrag eines holländischen, in Mannheim weilenden Musikliebhabers vermittelt, für ihn gegen ein Honorar von 200 Gulden "3 kleine, leichte, und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte“ zu machen (Mozart an den Vater, 10. Dezember 1777). Mozart brauchte das Geld und schreibt ein erstes Quartett: „Ein quartetto für den indianischen holländer, für den wahren Menschenfreünd ist auch schon bald fertig.“ (an den Vater; dieser Holländer, De Jean, war Arzt im Dienst der holländischen Ostindischen Kompagnie); es war vermutlich das in D, denn dessen Autograph datiert: „Mannheim il 25 decre. 1777.“ Mozart verliert die Lust an dem Auftrag, bekommt von seinem Vater deswegen heftige Schelte, macht sich dann an die Arbeit und meldet dem Vater am 14. Februar 1778, dass er „2 Concerti und 3 quartetti fertig gemacht habe“. Das könnten neben dem in D das in G (285a) und das in C (285b) gewesen sein - die beiden letzten nur zweisätzig, möglicher Weise ein Grund, dass das Honorar mehr als halbiert wurde. Vielleicht hatte der indianische Holländer auch nur das Quartett in D erhalten, und Mozart hat seinem Vater, den er nicht noch mehr erzürnen wollte, als verwirklicht angegeben, was nur in seinem Kopf als Plan war. Denn lediglich das D-Dur-Quartett ist 1778 als fertiggestellt belegt, das in A kann nicht vor 1786 entstanden sein (siehe dort).
Im Allegro dieses Quartetts werden im ersten Teil das Hauptthema
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Der dem Mittelteil folgende Rückgriff auf den ersten Teil geschieht nicht ohne bereichernde Veränderungen.
Der Zweite Satz des Quartetts in C ist eine nahezu identische Transkription des 6. Satzes aus der ‚Gran Partita‘, jener wundervollen 1781 entstandenen Serenade in B-Dur (KV 361) - was Zweifel am Entstehungsdatum des Quartetts weiter fördert. Die Qualität des ‚Andantino‘ beweist sich gerade hier, wo die Farbigkeit der 13 Bläser der ‚Gran Partita‘ fehlt. Einstein schreibt von den 6 Variationen, dass „jede einzelne einen neuen Beweis von Meisterschaft liefert“. Das Thema besteht aus zwei Teilen, von denen jeder wiederholt wird. In der ersten Variation umspielt die Flöte mit Triolen das Thema. In der zweiten übernimmt mit Sechzehntel und Zweiunddreißigstel die Violine diese Aufgabe. Dann – in der dritten Variation – ist sie dem Cello übertragen, die übrigen Instrumente unterstützen es ein wenig dabei. Der letzte Teil des Themas ist ein besonders schöner Einfall und entsprechend ist dessen Variation hier besonders bemerkenswert: Achtel werden in Kanonform gesetzt und mit einem chromatischem Vierton-Motiv (Sechzehntel) farbig gestaltet. In der vierten Variation hat die Bratsche ihre Sechzehntelfigur, aber nur als Begleitung; an das Thema erinnern auf schwermütige Weise Flöte und Violine in der Moll-Tonart. Schwermütig, wenn auch wieder in Dur, klingt auch die 5. Variation, ‚Adagio‘ überschrieben. Eingeleitet von einem lange Unisono-c der Streicher begleiten Violine und Bratsche mit Zweiunddreißigstel-Figuren den zunächst langgedehnten, dann ebenfalls mit Zweiunddreißigstel umspielten ersten Teil des Themas; der zweite beginnt mit Achteln; die Variation seines Schlusses geschieht auf dieselbe Weise wie beim ersten Teil. Nach den beiden schwermütigen Variationen wirken die letzte Variation (‚Allegro‘) und die Coda herzerfrischend.
Juni 2020
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