Joseph Haydn (1732-1809)
Sonate für Klavier Nr. 58 C-Dur Hob. XVI,48
Andante con espressione RondoEine Klaviersonate von Haydn ist im Konzertsaal, selbst in einem Kammermusiksaal selten zu hören. Das liegt unter anderem daran, dass den Haydn-Sonaten der Geschmack von Klavierunterricht anhaftet; ein weiterer Grund: sie eignen sich nicht für pathetische Prachtentfaltung, die der moderne Konzertflügel nahezu aufdrängt.
Die 1789 veröffentlichte C-Dur-Sonate freilich ist alles andere als ein Übungsstück für Klavierschüler – vielmehr ein Werk besonderer Güte. Sie gehört zu den großen fünf letzten Sonaten Haydns, also zum späten Klavierschaffen des Komponisten; ‚Spätwerk‘ bedeutet bei Haydn nicht Vorstoß in Neues, wie etwa bei Beethoven, wohl aber eine letzte Steigerung seines Schaffens.
Auffällig ist die Zweisätzigkeit der C-Dur-Sonate. Dieser Zweisätzigkeit hatte Haydn sich schon fünf Jahre früher bei den der Prinzessin Maria Esterházy gewidmeten Sonaten zugewendet (Hob. XVI:40-42). In diesen zweisätzigen Werken ist der Zweite Satz immer ein Allegro; der Erste Satz ist in der C-Dur-Sonate ein Variationensatz mit einem eindringlichen Thema. Jede seiner großartigen Variationen ist eine Welt für sich, jede ein kleines Wunder. Man denkt, hier seien nicht Mozart und Beethoven vorbereitet, sondern geradezu vorweggenommen. Haydn hält sich nicht streng an eine klare Reihenfolge der Variationen, auch nicht an die Taktzahlen. So steht schon die erste Variation – völlig untypisch – in Moll. Melodische Linien sind in Sechzehntel-Reihen aufgelöst. Die zweite Variation steht in Dur und wirkt zunächst leicht und verspielt, der zweite Teil dann trotz einiger Moll-Anklänge innig und zart. Die dritte Variation beginnt forte mit einer in Terzen gespielten Tonleiter aufwärts, die Antwort darauf steht im Piano, dann im Pianissimo verspielter Zweiunddreißigstel. Der Wechsel von Forte und Piano ist charakteristisch für diese Variation. Ihr zweiter Teil wechselt wieder ins Moll, findet aber schnell mit virtuosem Spiel nach Dur zurück. Die letzte, die vierte Variation wirkt gelöster und zugleich energischer. Die Coda klingt unkonventionell, wie manches an diesem Variationenwerk.
Im Rondo-Satz ist viermal das köstlich-heitere Rondo-Thema zu hören, zuletzt als Coda. Die drei Zwischenspiele sind ebenso köstliche Variationen des Rondo-Themas, deren zweites nicht nur wegen seiner Moll-Tonart sich besonders hervorhebt.
August 2020
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