Francis Poulenc (1899-1963)
Sonate für Flöte und Klavier
Allegro malinconico Cantilena Presto giocoso
Als 19-Jähriger gesellte sich Poulenc zu den als ‚Les nouveaux jeunes’ (später ‚Groupe des Six’) bezeichneten französischen Komponisten, deren Vorbild Eric Satie und deren Wortführer Jean Cocteau waren und die sich gegen Konvention und Romantik wendeten, sogar Jazz und die Musik des französischen Varietés in ihre Kompositionen aufnahmen. Poulenc galt in jüngeren Jahren als der Spaßvogel im Kreise seiner Komponistenkollegen; und diese Freude an Späßen und Clownerien ist seiner Musik anzumerken. Auch darum sind seine ‚dezent modernen‘ Werke beim Konzertpublikum so beliebt. Es findet sich bei ihm mit zunehmenden Jahren aber auch eine Hinwendung zum Romantischen, Intimen, Empfindsamen, ja zu Ernst und zur Trauer, die sich u. a. in seiner höchst bedeutenden Kirchenmusik finden. Das Burleske, die varietéhaften Späße in seiner Musik hat er aber nicht aufgegeben. In seiner Flötensonate findet sich beides: Intimes, Ernstes in den beiden ersten Sätzen, Burleskes im dritten. Unverwechselbar ist der Zweiunddreißigstel-Auftakt des Ersten Satzes seiner Flötensonate, ein Leitmotiv, das mit seiner Beweglichkeit das Melancholische der von ihm eingeleiteten Melodie-Linie eher verstärkt als verhindert. Einige Takte einer munter tanzenden Melodie unterbrechen die Melancholie dieses ersten Teils. Ruhe in der Begleitung und Freundlichkeit durch die Melodieführung kennzeichnen den Mittelteil. Im dritten Teil wird die melancholische Melodie wieder aufgegriffen und Teile von ihr werden auch als Coda verwendet.
Nach einer zwei Takte langen Einstimmung setzt im Zweiten Satz eine so zauberhafte Kantilene ein, dass sie den Zuhörer ins Träumerische versetzen könnte, aus dem er an nur wenigen Stellen herausgerissen wird. Der an J. S. Bach erinnernde Duktus der Begleitung und ihre wunderschönen harmonischen Fügungen steigern noch das Zauberhafte dieses Satzes, der bei der Uraufführung im Juni 1957 wiederholt werden musste.
Das ‚giocoso‘ des Dritten Satzes ist der Gegenpol zum ‚malinconico‘ des Ersten. Ein witziges, scherzhaftes Spiel kündigt schon der sehr hohe Anfangston der Flöte an, der sich noch manches Mal wiederholt. Das Hauptthema ist durch Chromatik bestimmt. Der Halbtonschritt, der sonst als Seufzer-Motiv Verwendung findet, wird hier zur Eulenspiegelei. Kurze ruhigere Episoden unterbrechen das muntere Spiel, dabei greift Poulenc auch auf die ruhige Passage des Ersten Satzes zurück.
März 2016
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