6. Klassenarbeit 8d 01.06.01
Thema: Brecht ‘Die Ausnahme und die Regel’ Zeit: 45 Min.
DER RICHTER singt: Die Regel ist: Auge um Auge! Der Narr wartet auf die Ausnahme. Dass ihm sein Feind zu trinken gibt Das erwartet der Vernünftige nicht.
DER FÜHRER singt: In dem System, das sie gemacht haben Ist Menschlichkeit eine Ausnahme. Wer sich also menschlich erzeigtDer trägt den Schaden davon.Fürchtet für jeden, ihr Der freundlich aussieht! Haltet ihn zurück Der da jemand helfen will! Neben dir dürstet einer: schließe schnell deine Augen! Verstopf dein Ohr: neben dir stöhnt jemand! Halte deinen Fuß zurück: man ruft dich um Hilfe! Wehe dem, der sich da vergisst! Er Gibt einem Menschen zu trinken, undEin Wolf trinkt.
Achte darauf, dass du so konzentriert formulierst, dass du alle Aufgaben in der vorgegebenen Zeit lösen kannst!
I. Beantworte folgende Fragen, indem du dich auf den Text der beiden oben angegebenen Lieder, aber auch auf das ganze Stück beziehst: a) Wieso hält der Richter sich an die Regel, wenn er den Kaufmann freispricht? b) Wieso hält sich der Führer an die Ausnahme? c) Aus der Sicht des Führers und auch der anderen am Prozess Beteiligten hat der Kuli nach der Ausnahme gehandelt, als er dem Kaufmann zu trinken gab. Tatsächlich aber konnte sich der Kuli in jener Situation Menschlichkeit nicht leisten. Wie erklärt sich das?
II. Erläutere (Du kannst bei deiner Erläuterung auch Formulierungen des Prologs und des Epilogs verwenden.): a) Welche Einstellung will Brecht beim Zuschauer vermeiden? b) Welche Einstellung erwartet Brecht vom Zuschauer? c) Brecht wurde im Unterricht als ein optimistischer Autor bezeichnet, obwohl in seinem Stück ‘Die Ausnahme und die Regel’ das Böse siegt. Erkläre möglichst kurz, woran man trotzdem den Optimismus Brechts erkennen kann!
III. Erkläre – wenn du noch Zeit hast - am Beispiel von Brechts Stück, was man unter Klassenjustiz versteht!
zu I. Beantworte folgende Fragen, indem du dich auf den Text der beiden oben angegebenen Lieder, aber auch auf das ganze Stück beziehst:
Lösungsvorschlag a) Wieso hält der Richter sich an die Regel, wenn er den Kaufmann freispricht?„Die Regel ist: Auge um Auge“; d.h.: der Richter spricht den Kaufmann frei, weil er selbstverständlich unterstellt, dass der Kuli nach dem Prinzip ‘Auge um Auge’ den Kaufmann eigentlich hätte erschlagen müssen, da der Kuli vom Kaufmann ausgebeutet, unterdrückt und gepeinigt wurde, dass also der Kaufmann den Kuli als Feind ansehen musste, von dem der Vernünftige nichts Gutes erwarten kann. Darum sieht er es als selbstverständlich an, dass der Kaufmann sich vom Ku1i, als der ihm die Wasserflasche reicht, bedroht fühlen und ihn also aus einem Gefühl der Notwehr heraus erschießen musste, dass der Kaufmann glauben musste, der Kuli habe einen Stein in der Hand gehabt.
b) Wieso hält sich der Führer an die Ausnahme?Der Führer ist menschlich, d. h. hier er fühlt sich solidarisch mit dem Kuli und will auch dessen Frau helfen, indem er den Beweis der Unschuld des Kuli vorlegt - auch bei dem Risiko seiner Existenz.
c) Aus der Sicht des Führers und auch der anderen am Prozess Beteiligten hat der Kuli nach der Ausnahme gehandelt, als er dem Kaufmann zu trinken gab. Tatsächlich aber konnte sich der Kuli in jener Situation Menschlichkeit nicht leisten. Wie erklärt sich das?Der Kuli ist so sehr von den Reichen und ihren Handlangern, den Richtern, abhängig, dass er aufgrund dieser Abhängigkeit und nicht aus Menschlichkeit dem Kaufmann die Flasche reicht; denn in dem System der Unmenschlichkeit erwartet man, dass sich der Unterdrückte für seinen Unterdrücker aufopfert. Wenn er dies nicht tut, erwarten ihn harte Strafen. Er handelt also, wenn er dem Kaufmann zu trinken gibt, nicht aus Menschlichkeit, sondern weil er seine und seiner Familie Existenz retten will.
zu II. Erläutere (Du kannst bei deiner Erläuterung auch Formulierungen des Prologs und des Epilogs verwenden.):
Lösungsskizze a) Welche Einstellung will Brecht beim Zuschauer vermeiden?nur Einfühlung, kritikloses Erleben; dadurch keine Änderung im Verhalten der Zuschauer
b) Welche Einstellung erwartet Brecht vom Zuschauer?distanzierte und dadurch überlegende Haltung, Erkennen und Sichentscheiden; das Gewöhnliche ungewöhnlich finden, erstaunen, Abhilfe schaffen; Prolog, Epilog: der Zuschauer soll genau betrachten, mit Misstrauen, untersuchen, das Gewöhnliche ungewöhnlich finden, erstaunen; diese Haltung ist nur durch Distanz zum Geschehen möglich; das Ergebnis dieser Haltung: der Zuschauer soll Abhilfe schaffen
c) Brecht wurde im Unterricht als ein optimistischer Autor bezeichnet, obwohl in seinem Stück ‘Die Ausnahme und die Regel’ das Böse siegt. Erkläre möglichst kurz, woran man trotzdem den Optimismus Brechts erkennen kann!damit nichts/Unveränderlich gelte....Da schafft Abhilfe! Wenn diese Aufforderung Sinn haben soll, muss Brecht daran glauben, dass bei Unmenschlichkeit Abhilfe geschaffen werden, dass die Welt verbessert werden kann.
zu III. Erkläre – wenn du noch Zeit hast - am Beispiel von Brechts Stück, was man unter Klassenjustiz versteht!Gesetze werden von der herrschenden Klasse im Interesse dieser Klasse gemacht und angewendet.Der Richter urteilt nicht gerecht, sondern im Interesse des Kaufmanns; zu seinem Urteil kommt er, indem er die Verteidigung des Kaufmanns so lenkt, dass er diesen wegen Notwehr freisprechen kann.
|