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1. Klausur Gk Deutsch 11.2 am 17.März 92

Interpretieren Sie zunächst das Gedicht 'Der Winter' von Georg Heym (1887-1912) und vergleichen Sie es dann mit dem Gedicht 'Ein Winterabend' von Georg Trakl (1887-1914)!

Georg Heym
(1887-1912)

Der Winter
Der Sturm heult immer laut in den Kaminen
Und jede Nacht ist blutig-rot und dunkel.
Die Häuser recken sich mit leeren Mienen.

Nun wohnen wir in rings umbauter Enge,
Im kargen Licht und Dunkel unserer Gruben,
Wie Seiler zerrend grauer Stunden Länge.

Die Tage zwängen sich in niedre Stuben,
Wo heisres Feuer krächzt in großen Öfen.
Wir stehen an den ausgefrornen Scheiben
Und starren schräge nach den leeren Höfen.


Georg Trakl
(1887-1915)

Ein Winterabend
Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
lang die Abendglocke läutet,
vielen ist der Tisch bereitet,
und das Haus ist wohlbestellt.

Mancher auf der Wanderschaft
kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
aus der Erde kühlem Saft.

Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
auf dem Tische Brot und Wein.


Anmerkung
zu Georg Heym 'Der Winter' V.6: Seiler = Handwerker, der Seile, Taue u.a. herstellt oder repariert
zu Georg Trakl 'Ein Winterabend' V.12: 'Brot und Wein' ist (auch) als Hinweis auf das Abendmahl mit Christus, das im Geist der Aufopferung, der Versöhnung und der brüderlichen Gemeinschaft gefeiert wird, zu verstehen.


'Der Winter' von Georg Heym (1887-1912)

Einleitung
Georg Heym zeigt in seinem Gedicht 'Der Winter' das Bedrückende, Bedrohliche, Leere, das Eingekerkertsein und die nahezu tödliche Langeweile und Trostlosigkeit, die der Mensch - im Winter eingeschlossen in die Wohnungen einer Großstadt - erfahren muss; dieses Bild vom Leben in einer winterlichen Stadt kann als Ausdruck des Lebensgefühls junger Menschen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg verstanden werden.

Textdeutung
1. kurze Inhaltswiedergabe; Überblick über die formale Gestaltung
In der ersten Strophe seines dreistrophigen Gedichts skizziert Heym das Bild von sturmerfüllten Nächten in einer Großstadt. In der zweiten Strophe verweist er mit 'Nun' auf den im Titel genannten Winter und stellt das langweilige, eingeengte Leben in dieser Zeit dar. Auch in der dritten Strophe spricht das lyrische Ich - hier in der Mehrzahl - von der bedrückenden Erfahrung dessen, der durch den Winter in seine Wohnung gleichsam eingekerkert ist.
Die drei Strophen haben unterschiedliche Länge: die beiden ersten bestehen aus je drei Versen mit dem Reimschema aba; die dritte Strophe hat vier Verse, von denen sich nur der erste und dritte reimen. Das Metrum ist bei allen Versen gleich: es handelt sich um alternierende Verse, die in fünf Takte mit Auftakt eingeteilt sind.

2. Deutung, hier aspektorientiert (alternativ: linear)
Wenn man das Gedicht nur aus sich selbst heraus versteht (werkimmanent), so zeigt sich das Bild eines Winters, das nur unter einem Aspekt entworfen ist: Die Häuser bieten dem Menschen nicht Geborgenheit, sondern werden als Gefängnisse empfunden, in die der Winter die Menschen einsperrt. All das, was den Winter anheimelnd machen könnte - Schnee, Schlitten- und Schlittschuhfahren, Geborgenheit in der warmen Stube - fehlt völlig.

Dass es sich um den Winter handelt, ist zunächst nur der Überschrift zu entnehmen und am Ende dem verfremdeten Hinweis auf den Frost in V.9 (die Wortneubildung 'ausgefrornen' meint vielleicht: ganz mit Frost überzogen). Das wärmende Feuer, das sonst den Menschen vor der Winterkälte schützt und anheimelnd wirkt, wird zum 'heisren', 'krächzenden' Feuer.

Winter bedeutet also in diesem Gedicht nur Negatives, was eine Untersuchung des Wortfelds belegt: Die Dunkelheit wird zweimal angesprochen (V.2 und 5) und ebenso die Leere (V.3 und 10); ‚Licht’ wird mit der Ein- schränkung ‚karg’ versehen und das Trübe des farblichen Bilds wird durch die Wahl des Adjektivs ‚grau’ noch verstärkt. Eine hellere Farbe (rot) bekommt durch die Beifügung ‚blutig’ die Wirkung des Unheimlichen (vielleicht der Schein aus den Hochöfen vor dem dunklen Himmel).

Grau und eintönig ist das Leben im Winter, weil der Winter die Menschen einsperrt in auch am Tag kaum erhellte Räume (V.7): Dieses Eingesperrtsein wird charakterisiert durch die Bilder von der umbauten Enge, von den Gruben, in denen die Menschen wie Tote in ihren Gräbern leben. Das ‚Sich einzwängen in niedre Stuben’ verstärkt die Vorstellung, wie in einem Gefängnis leben zu müssen. Die Menschen stehen in ihren Räumen und ‚starren’ in das Draußen, das Bild einer tödlichen Langeweile, die der 6. Vers in einem ungewöhnlichen Vergleich anschaulich macht.

Aber auch draußen ist nichts, was von dieser Langeweile erlösen könnte: nur Leere (leere Höfe, Häuser mit leeren Mienen).

Die Personifizierungen ‚recken sich’ und ‚Die Tage zwängen sich’ machen die Wirkung von Leere und Enge noch bedrohlicher. Auch andere Gestaltungsmittel unterstreichen die Aussage des Gedichts: der relativ lange alternierende Vers betont in seiner Einförmigkeit und in der zerhackenden Isoliertheit der einzelnen Wörter den Ausdruck der Leere und Langeweile; der Zeilenstil unterstreicht diese Wirkung. Die weiblichen Ausgänge wirken keineswegs weich und klangvoll, sondern bei den hellen Vokalen (Kaminen-Mienen; Enge-Länge) eher schrill, sonst vor allem dunkel (3x u; 2x ö).

3. autobiographische und geistesgeschichtliche Einordnung
Dass der 'Kraftmensch' Georg Heym' - um einen Blick auf das Autobiographische zu werfen - an diesem Eingesperrtsein, an dieser Öde und Langeweile besonders gelitten hat, wird durch die Intensität deutlich, mit der hier ein negatives Winterbild gezeichnet wird. Wenn schon Winter, dann mit sportlichen Aktivitäten - um jeden Preis; makaber, dass Heym bei einem solchen Versuch, aus der Enge zu fliehen, umkommt, indem er beim Schlittschuhlaufen ins Eis einbricht.
Und wenn man sich den Geist der Epoche ansieht, in der das Gedicht entstanden ist, so liegt es nahe, in diesem Wintergedicht jene Epoche abgebildet zu sehen, die man kunstgeschichtlich und literarhistorisch 'Expressionismus' nennt; eine Epoche des saturierten Wohlstands, in dem sich nichts Aufregendes ereignen konnte, der keine spontanen Lebensregungen mehr zuließ; eine Epoche mit einer bürgerlichen Moral, die - zumindest dem Schein nach - die Menschen in einer moralischen Enge gefesselt hielt, so dass sich junge Leute wie im Gefängnis fühlen mussten; eine Epoche des faulen, hohlen Friedens, der den jungen Leuten wie Friedhofsruhe vorkam. Und so ist das Gedicht ein Ausdruck des Leidens am „Einerlei“ des Lebens, eines Leidens, das - als der Leidensdruck zu groß wurde - dazu führte, dass die junge Generation explosiv revoltierte und in unkonventionellen, oft gewaltsam wirkenden Formen versuchte ihr Gefühl unmittelbar auszudrücken.

Vergleich: ...



'Die Stadt' Vergleich mit Eichendorff 'In Danzig'

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