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I. Strawinsky
(1882 – 1971)

Duo Concertant

Cantilène
Eclogue 1
Eclogue 2
Gigue
Dithyrambe

Nach seinem fulminanten Violinkonzert (1931) schrieb Strawinsky für den Solisten dieses Violinkonzerts, Samuel Dushkin, das ‚Duo Concertant‘ (1932 uraufgeführt).
Zwei seiner Sätze sind mit ‚Eclogue‘ überschrieben, der letzte mit Dithyrambe. Die Ekloge (= Ausgewählte) ist eine Gedichtform der antiken Hirtendichtung, in der sich die Sehnsucht nach einem idyllischen, friedlichen Leben ausspricht. Der Dithyrambus steht für eine entgegengesetzte Art des lyrischen Ausdrucks, für das Dionysische, für leidenschaftliche Wildheit, stürmische Ekstase, schwärmerische Begeisterung. Strawinsky hatte sich in der Zeit der Komposition des ‚Duo Concertant‘ mit dieser antiken Dichtung beschäftigt. Dabei scheint ihm – so meint man seinem Werk entnehmen zu können – das Dithyrambische mehr zu entsprechen als die Idyllik der Hirtendichtung.
Die Linienführung der Violine in den Einleitungs- und Schlusstakten der Cantilène erinnert an die der Bachschen Werke für Violine solo. Diese Takte umschließen eine ‚lyrische Kantilene‘, die bald dithyrambische Züge annimmt.
Die berühmtesten Eklogen der antiken Dichtung sind die des römischen Dichters Vergil. Das erste dieser Gedichte beginnt mit den Versen:
Unter der Buche breitem Geäst, o Tityrus, ruhst du,
Übst dich mit zarter Flöte ein in das ländliche Lied.
So auch die Eclogue 1 in Strawinskys ‚Duo‘: Sie wird mit einem tänzerischen ‚ländlichen Lied‘ eröffnet (Dudelsack-Anklang). Tänzerisch ist auch der zweite Teil und wirkt vor allem durch die Wiederholung einfacher Figuren. Die Zartheit weicht einer mehr dithyrambischen Rauheit.
Die Eclogue 2 entspricht nun völlig dem, was gemeinhin unter ‚lyrisch' verstanden wird: ein gefühlvolles, ausdrucksstarkes Lied (auch hier erinnert die Kompositionsart an Bach). Strawinskys Ziele bei der Komposition des ‚Duo Concertant‘ waren ja die Vereinigung des Gegensätzlichen von Klavier und Geige und die Auseinandersetzung mit dem ‚Lyrischen in der Musik‘.
Das Tänzerische, die rhythmische Prägnanz aber ist in diesem Duo insgesamt präsenter als das Lyrische, insbesondere bei der Gigue (= letzter Tanz-Satz in einer barocken Suite). So lag es nahe, diese Musik für ein Ballett zu nutzen – es war der Russe George Balanchine, der 1972 diese Idee realisierte und im gleichen Jahr auch eine Choreografie zu Strawinskys Violinkonzert schuf. Dieser Vierte Satz des ‚Duos‘ hat nicht viel gemein mit der barocken ‚Gigue‘. Lediglich das ‚Gigue‘-Metrum wird von Strawinsky meist übernommen. Eine beschwingte Weise, in einem zweiten kurzen Abschnitt von der Violine gespielt, hat aber mit ‚Gigue‘ wenig mehr zu tun. Das Klavier freilich versucht, das Metrum noch beizubehalten - man musiziert gleichsam auf unterschiedlichen Ebenen. Schließlich findet die Violine zum Metrum zurück. In einem dritten Abschnitt erhält das Klavier eine Melodiestimme und in einem vierten finden sich die Instrumente in einer rasanten Schlussphase im einheitlichen Gigue-Metrum wieder.
In der Dithyrambe scheint Strawinsky, der alles Romantische ablehnte, der Musik schreiben wollte, die nicht Gefühlsausdruck war, sondern ‚objektiv‘, sich zu widersprechen; der Zuhörer empfindet diese Musik als Äußerung eines zarten, zärtlichen subjektiven Gefühls. Und auch der Choreograph gestaltet eine innige Liebesbeziehung – mit einem Moment des Verlorenseins. Entsprechend passt auch Strawinskys Satzbezeichnung nicht so recht zu dem, was allgemein unter ‚Dithyrambus‘ verstanden wird.

Juli 2016



Die Geschichte vom Soldaten / Suite Italienne

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