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Johann Strauss:
Der Zigeunerbaron

Operette in drei Akten
TEXT

Ignatz Schnitzer
Nach der Erzählung Saffi von Maurus Jókai

URAUFFÜHRUNG
24. Oktober 1885, Wien (Theater an der Wien)
PERSONEN
GRAF PETER HOMONAY (Bariton)
CONTE CARNERO, Königlicher Sittenkommissär (Bariton)
SANDOR BARINKAY, ein junger Emigrant (Tenor)
KOLMAN ZSUPAN, ein reicher Schweinezüchter (Bass)
ARSENA, seine Tochter (Sopran)
MIRABELLA, deren Erzieherin (Mezzosopran)
OTTOKAR, ihr Sohn (Tenor)
CZIPRA, Zigeunerin (Alt)
SAFFI, Zigeunermädchen (Sopran)
PALI, ein Zigeuner (Bass)
CHOR
Schiffsknechte, Zigeuner, Zigeunerinnen und Zigeunerkinder.
Trabanten, Grenadiere, Tambouren, Husaren, Marketenderinnen,
Pagen, Hofherren, Hofdamen, Rathsherren, Volk, etc.
ORT
Banat von Temesvar und vor Wien
ZEIT
Mitte des 19. Jahrhunderts


Jacques Offenbachs ‚Die schöne Helena’ wurde 1865 am Theater an der Wien mit großem Erfolg aufgeführt, eine Anregung für Strauß, ebenfalls Operetten zu schreiben, zumal Offenbach ihn ausdrücklich dazu ermunterte. So schrieb er sechzehn Operetten, von denen ‚Die Fledermaus’ (1873) und ‚Der Zigeunerbaron (1885) die Höhepunkte sind – Meisterwerke von zeitlosem Charme.

Strauß bezeichnete seine ‚Operetten’ gern als ‚Komische Opern’ – wohl zu Recht, wenn er damit eine besondere Qualität im Sinn hatte. Es war ihm in der Zeit seines Operettenschaffens eine Synthese gelungen „zwischen der vitalen, leichtgefügten Tanzmusik seines Vaters und dem künstlerischen Anspruch, der sich von der Wiener Klassik herleitete“. Die Ouvertüre zu ‚Der Zigeunerbaron’ macht dies in besonderer Weise deutlich. Und viele andere Stücke dieses Spitzenwerks im Operetten-Genre sind von derselben großen Qualität.

Strauß hat wenig Sinn für die Libretti gehabt, die er vertonte; in fast allen Operetten findet sich eine erstaunliche Diskrepanz zwischen schlechtem Text und wertvollsten musikalischen Einfällen. Er soll sogar komponiert haben, ohne die Handlung der Operette genauer zu kennen: Er kümmerte sich nicht um die gesprochenen Dialoge, sondern nur um den zu vertonenden Text.
Auch das Libretto des ‚Zigeunerbarons’ ist ein wenig absonderlich, ein Überblick über die Handlung kann daher von Nutzen sein.

Wir befinden uns Mitte des 19. Jahrhunderts in Ungarn. Der Gutsbesitzer Barinkay war, weil er mit den Türken kollaboriert hatte, in Ungnade gefallen und nach der Vertreibung der Türken hingerichtet worden. Zuvor soll er einen großen Schatz vergraben haben. Seine Frau und sein Sohn Sándor wurden verbannt. Nach einer Reihe von Jahren wird Sándor Barinkay wie alle im Exil lebenden Ungarn begnadigt, und der königliche Kommissär Carnero soll ihm seine alten Besitztümer wieder übergeben. Carnero will wissen, wo Barinkay die Zeit im Exil zugebracht hat. Und er erhält eine köstliche Arie voller Temperament und Witz, wie man sie von Figaro her kennt, der in der berühmten Cavatina sich als das Faktotum der schönen Welt preist.
Ja, das Alles auf Ehr,
Das kann ich und noch mehr,
Wenn man's kann ungefähr,
Ist's nicht schwer - ist's nicht schwer!
Einer von vielen Ohrwürmern in dieser genialen Operette.
Zsupán, der einen Teil der Güter der Barinkays an sich genommen hatte, soll als Zeuge der Übergabe unterschreiben; das bringt ihn in Schwierigkeiten:
Ja, das Schreiben und das Lesen,
Ist nie mein Fach gewesen,
Mein idealer Lebenszweck
Ist Borstenvieh, ist Schweinespeck.
Wieder so ein Ohrwurm; aber auch die Musik, die sich nicht in den Ohren festsetzt, ist vom Feinsten. Johannes Brahms, der oft bei Strauß zu Gast war, meinte von ihm: „Er trieft von Musik“
Szupán hat eine vielbegehrte Tochter, Arsena, in die sich Barinkay sofort verliebt. Sie aber liebt einen anderen, Ottokar, der sich als Sohn des Kommissärs entpuppt. Um sich Barinkay vom Hals zu schaffen, sagt sie, sie würde nur jemanden von Adel heiraten, mindestens einen Baron.
Zu Ungarn gehört das Zigeuner-Milieu. Die alte Zigeunerin und Wahrsagerin Czipra hat ein Pflegekind, Saffi, das sich einführt mit einem Lied über die Vorurteile den Zigeunern gegenüber und über deren wahres Wesen. Die melancholische Musik, die aber auch „sprüht und glüht“, passt zum Melancholiker Strauß ebenso wie zum Außenseitertum der Zigeuner. Czipra ernennt Barinkay zum Woywoden (Baron) der Zigeuner. Barinkay weiß zwar nicht warum, nimmt aber die Ehre gern an. Nun, da er Baron geworden ist, kann er bei Szupán um die Hand von Arsena anhalten. Aber er wird verlacht: Nur Baron der Zigeuner!
Barinkay ist mittlerweile tief berührt von der Escheinung Saffis und hält Szupán und Arsena, auf Saffi weisend, mit fast Wagnerischen Klängen entgegen: „Mein Weib wird diese hier!“ Strauß hat Richard Wagners Musik in Wien gefördert und wurde selbst von Wagner hochgeschätzt. So wundern Anklänge an Wagners Musik nicht unbedingt, vielleicht sind sie ja auch ein wenig parodistisch gemeint.
Carnero, Szupán, Mirabella, die Erzieherin Arsenas, und Ottokar fühlen sich verhöhnt und wollen „dem sauberen Herrn Mores lehren“. Die Zigeuner verteidigen ihren Baron. In gegenseitigen Beschimpfungen und allgemeinem Tumult endet der Erste Akt - ein großes Opernfinale nun mit der dramatischen Geste Verdis.
Saffi erzählt ihrem Liebsten, dass sie geträumt habe, wo der Schatz, den Barinkays Vater verborgen hat, zu finden sei. Eine musikalisch köstliche Schatzsuche beginnt: Steine werden geklopft, ob sie hohl klingen; und tatsächlich wird der Schatz gefunden. Barinkay und Saffi sind reich. Aber in Straußscher Walzerseligkeit heißt es: „Doch mehr als Gold und Geld/Ist Lieb' mit Treu gesellt.“
Die Zigeuner machen sich derweil an die Arbeit in der Schmiede – ein Grund für den Komponisten, das Klingen der Hämmer auf dem Amboss musikalisch zu verarbeiten.
Der moralische Commissär macht Barinkay den Vorwurf, sich in der Nacht mit der Zigeunerin herumgetrieben zu haben. Barinkay: Sie ist mein Weib; und auf die Frage, wer sie denn getraut habe, erklingt das unvergessliche „der Dompfaff war’s“.
Die Moralisten bilden entsetzt eine Sittenkommission. Der Streit über Sexual-Moral wird abgebrochen, als Graf Homonay kommt, der Soldaten für einen Spanien-Feldzug anwerben will. Und er wirbt musikalisch so glänzend, dass man vergisst sich zu verweigern, was Szupán, Ottokar und Carnero rasch bereuen: Es könnte ja sein, dass man sich mit dem Feind nicht versteht. Es hilft nichts und alle brechen auf nach Wien.
Zuvor wollen Zsupán und seine Freunde ihren Streit mit Barinkay fortsetzen. Da offenbart Czipra, dass Saffi eines Fürsten Kind ist, nämlich die Tochter des letzten Paschas im Ungarland. Saffi ist überglücklich über diese Wendung, doch Barinkay erklärt, ihr nun entsagen zu müssen, da er ihr ja jetzt nicht ebenbürtig sei und nicht mehr wagen dürfe, um sie zu werben. Freiwillig geht er zu den Soldaten.

In Wien - im Dritten Akt - erwarten Mirabella und Arsena ungeduldig die unmittelbar bevorstehende Rückkehr der Truppen. Als erstes kommt Szupán und tut so, als habe er allein den Krieg gewonnen; tatsächlich hat er am Krieg gewonnen, nämlich sich bereichert; er gibt aber immerhin zu, dass Barinkay ihm das Leben gerettet hat und er ihn nun ganz toll findet. Mit einem feschen Marsch kommt auch der Rest der Truppe – das Ganze ein meisterliche Parodie des Heroismus. Barinkay wird wegen seiner Verdienste im Krieg in alle seine früheren Rechte wieder eingesetzt und obendrein geadelt. Er ist nun richtiger Baron und kann jetzt die Fürstentochter Saffi heiraten. Arsena erhält ihren Ottokar, und mit dem Eingangslied
Ja, das Alles auf Ehr
Das kann ich und noch mehr
endet diese Komische Oper.



Der Zigeunerbaron (gekürzte Fassung) / Operetten

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