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Ankündigung Schumanns D-Moll-Sonate besticht nicht nur durch ihre große konzertante Anlage - sie ist dem als ‚Fürst der Geiger‘ bezeichneten Konzertmeister des Leipziger Gewandhaus-Orchesters Ferdinand David gewidmet und entsprechend virtuos - sie besticht auch durch wunderschöne Einfälle: durch großartige Melodik in den Ecksätzen und vor allem durch die wunderbare Eingebung des ungewöhnlichen ‚Dritten Satzes‘.
R. Schumann: Sonate für Violine und Klavier d-Moll op. 121 (1810-1856)
Ziemlich langsam / Lebhaft Sehr lebhaft Leise, einfach Bewegt
zu Schumann: Sonate für Violine und Klavier d-Moll op. 121 Eine Reihe seiner Werke komponierte Schumann wie in einem Schaffensrausch innerhalb kürzester Zeit, etwa die drei Streichquartette op. 41 im Juni/Juli 1842 oder die 138 Lieder aus dem Jahr 1840, komponiert im Wechsel von Depression und Euphorie. Er ist so erfüllt von dieser Musik, dass er an Clara Wieck über diesen ‘unheimlichen’ Schaffensprozess schreibt: „von dem ich Dir weiter nichts sagen kann, als dass ich dabei gelacht und geweint vor Freude. Das Tönen und Musizieren macht mich beinahe tot jetzt. Bin überhaupt selig, wenn ich schaffen kann...“. So war es auch bei den beiden Violinsonaten op.105 und op.121 des Herbstes 1851. Op. 121 ist bereits nach einer Woche (26.10. bis 2.11.) vollendet. Uraufgeführt wird diese zweite Sonate am 15. März des nächsten Jahres durch Clara Schumann und den als ‚Fürst der Geiger‘ bezeichneten Konzertmeister des Leipziger Gewandhaus-Orchesters Ferdinand David, dem das entsprechend virtuos gestaltete Werk gewidmet ist.
Das drängende Hauptthema des Ersten Satzes beginnt mit den Tönen D A F D, eine Andeutung auf den Namen ‚David’ - schließlich gibt es in der Notenbezeichnung kein V und kein I. Bevor dieses Hauptthema einsetzt, werden die vier Töne in einer langsamen akkordischen Einleitung zum ersten Mal vorgestellt. Nach einer Violinkadenzwird die Akkordfolge des Beginns wiederholt, nun nicht abrupt und energisch, sondern - umspielt von der Geige - zart und im Piano. Zum Ausklang des vom Hauptthema bestimmten Bereichs verbindet Schumann dessen Sechzehntel-Begleitfiguren mit einem hübschen Motiv aus Tönen einer abwärtslaufenden Tonleiter - eine passende Überleitung zu einem sehr schönen gesanglichen Seitenthema (hier in der Fassung des dritten Teils):
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Nachdem die Themen nun vorgestellt und auch schon ein wenig umspielt sind, werden sie im Mittelteil in abgewandelter Form zu einem neuen Ganzen vereinigt. Der dritte Teil des Satzes greift - mit wenigen Veränderungen – den ersten wieder auf und schließt mit einer rasch dahinfließenden Stretta.
Im Zweiten Satz – für Schumann ist es ein Scherzo-Satz - erklingen dreimal ein rhythmisch höchst prägnantes, ‚sehr lebhaftes’ Hauptstück und dazwischen zweimal ruhigere Einschübe, gesanglich-liedhaft der erste, ein hübsches tänzerisches Lied der zweite. Aufgebaut ist der Satz also nach dem Schema A B A C A. Der choralartige Abschluss überrascht; er ist eine Reminiszenz an das Finale des fünf Jahre früher entstandenen Mendelssohnschen C-Moll-Klaviertrios.
Dieser Choral führt hin zum herzergreifend-innigen Dritten Satz. Wie ein andächtiges Kirchenlied klingt sein Thema, das im Pizzicato vorgestellt, dann zweimal variiert wiederholt und in einem Mittelteil mit pochenden Schlägen des Klaviers konfrontiert wird, um dann, von Arpeggien begleitet, in verklärter Form neu zu erscheinen und in der Erinnerung an das pochende Motiv des Scherzos sich schließlich aufzulösen.
Das prächtige, virtuose Finale verdeutlicht in besonderer Weise den Konzertcharakter der Sonate. Unruhig vorwärtsdrängend wirkt das Hauptthema, das sich aufteilt in Laufwerk und Akkordschläge. Ein schönes Zwischenspiel führt zum Seitenthema, bei dem man wie schon bei den Akkordschlägen ein Schumannsches ‚Märchenbild’ zu hören meint. Der kurze Mittelteil (die sog. ‚Durchführung‘) beginnt mit einem neuen Motiv in einem neuen, ruhigen, ein wenig barockisierenden Stil. Dieses Motiv wechselt mit Anklängen an die vom ersten Teil bekannten Themen. Die werden nun im dritten Teil des Satzes nahezu unverändert wieder aufgegriffen; Veränderungen erfahren sie erst wieder in der schönen Coda.
August 2015
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Violinsonate op. 105 a-Moll / Violinsonate Nr. 3 a-Moll WoO 2
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