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Franz Schubert
(1797-1828)

Winterreise

1. Gute Nacht
2. Die Wetterfahne
3. Gefror'ne Thränen
4. Erstarrung
5. Der Lindenbaum
6. Wasserfluth
7. Auf dem Flusse
8. Rückblick
9. Irrlicht
10. Rast
11. Frühlingstraum
12. Einsamkeit
13. Die Post
14. Der greise Kopf
15. Die Krähe
16. Letzte Hoffnung
17. Im Dorfe
18. Der stürmische Morgen
19. Täuschung
20. Der Wegweiser
21. Das Wirtshaus
22. Muth
23. Die Nebensonnen
24. Der Leiermann

„Was wird aus mir armen Musikanten?“ Diese Frage, die Schubert an einen Freund stellt und mehr noch an sich, erklärt die Situation Schuberts zur Zeit der Entstehung der ‚Winterreise‘. Ausführlicher schreibt er in einem Brief: „ ... ich fühle mich als den unglücklichsten, elendesten Menschen auf der Welt.“ Krank ist er, Liebe und Freundschaft bringen ihm nur Schmerz, jede schöne Hoffnung hat er verloren, „jede Nacht, wenn ich schlafen geh, hoff ich nicht mehr zu erwachen.“ Die ‚Winterreise‘, 1827, im Jahr vor Schuberts Tod, geschrieben, ist Zeugnis dieser Verzweiflung.

Schuberts Freund Josef von Spaun erzählt, wie Schubert zu seinen Freunden, die beim ersten Hören der Winterreise befremdet waren, nur sagte: „mir gefallen diese Lieder mehr als alle und sie werden euch auch noch gefallen“; „und er hatte recht“, fährt Josef von Spaun fort, „bald waren wir begeistert von dem Eindruck der wehmütigen Lieder … Schönere deutsche Lieder gibt es wohl nicht."

Dieser Zyklus von 24 Gesängen war für Schubert das, was das ‚Requiem‘ für Mozart war: eine schmerzliche Klage über das, was der Mensch letztlich ist. Dabei ist Schuberts Sicht radikaler, sie ist trostlos, der Mensch ein Wanderer ohne Ziel und Hoffnung.
Der äußere Inhalt dieser 24 Lieder: Ein junger Mann muss seine Liebste verlassen, er ist in den Augen der Eltern keine gute Partie, er kann nicht vergessen und verliert sich, durch den Winter wandernd, in Leere und Einsamkeit.

Im Februar 1827 schrieb Schubert die ersten zwölf dieser Lieder, im Oktober desselben Jahres den zweiten Teil. 1828 nutzte Schubert die letzten lichten Momente seines Lebens zur Korrektur dieses zweiten Teils.

1827 war auch der Dichter der ‚Winterreise‘, Wilhelm Müller, mit 33 Jahren gestorben. Er ist den deutschen Romantikern wie Novalis und Brentano zuzuordnen. Man kann sich keine bessere Vorlage für Schuberts Musik denken als diese Gedichte.

Manche der charakteristischen Kompositionsmittel der ‚Winterreise‘ finden sich schon in dem ersten Lied (‚Gute Nacht‘): der „gleichmäßige Achtelgang mit Ton- bzw. Akkordwiederholungen“ (H. Goldschmidt) – der schwere Gang des ohne Ziel und Hoffnung Wandernden -, die absteigende Melodielinie, der Moll-Dur-Wechsel (Dur, wenn es um die Erinnerung an eine schönere Zeit geht, wenn von der Liebe gesungen wird, selbst wenn der Ton ironisch-sarkastisch gemeint ist; die Moll-Tonarten überwiegen bei weitem), Akkorddissonanzen.
‚Gute Nacht‘ ist ein sogenanntes Strophenlied, dessen beide ersten Strophen musikalisch identisch sind, bei den beiden weiteren gibt es Veränderungen, z. B. das Dur der vierten Strophe; hier spricht man von variiertem Strophenlied.

Das zweite Lied, ‚Die Wetterfahne’, ist in freier Liedform geschaffen: die Strophen sind musikalisch nicht identisch. Ironisch wird der Grund genannt, warum der Wanderer verstoßen ist: Die Eltern des Mädchens drehen sich nach dem Wind; es hat sich eine bessere Partie aufgetan.
Ein weiteres Kompositionsmittel Schuberts: die Tonmalerei. Das Drehen der Wetterfahne wird durch den Melodiefluss, ihr Knarren durch Trillerfiguren verdeutlicht.

Auch im dritten Lied, ‚Gefrorne Tränen‘, findet sich Tonmalerei: in den Staccati der Begleitung, die die eisigen Tränentropfen malen.

Ununterbrochene Achteltriolen symbolisieren in Erstarrungdas ruhelose, fiebrige, vergebliche Suchen nach Spuren der Liebsten; und so bleibt dem Wanderer kein Erinnerungszeichen außer dem Schmerz. Und wenn auch der Schmerz noch schwindet, bleibt nur noch Leere und Einsamkeit.

In ‚Der Lindenbaum‘ erinnert sich der den kalten Winden Ausgesetzte träumend an ein vergangenes schönes Glück und wird verführt, bei dieser Erinnerung die endgültige Ruhe zu finden.

Die Erinnerung und damit die Sehnsucht bleiben übermächtig. Darum träumt in ‚Wasserflut‘ der Sehnende, wie der schmelzende Schnee mitsamt seinen Tränen zu der Liebsten Haus fließen – ein trostloser Traum, wie eine Akkorddissonanz und der Trauermarsch-Rhythmus andeuten.

Im siebten Lied, ‚Auf dem Flusse‘, wird der zugefrorene Fluss zum Bild des verhärteten Herzens. Wir hören zunächst eine schreitende Staccato-Begleitung; zunehmend wird ihre Bewegung unruhiger und malt die wilde Unruhe im Innern des Herzens.

In ‚Rückblick‘ streitet die Unrast des Fliehenden mit den Erinnerungen, die ihn zurückrufen, streitet „atemlos drängende Bewegung“ (W. Oehlmann) mit der Inbrunst, die die Mädchenaugen besingt; und entsprechend wechselt Moll mit Dur.

Der Leidensweg des Wandernden ist ein ‚Irregehen‘, das ganze Leben ist ‚eines Irrlichts Spiel‘ und das Ende des Leidens das Grab - so das Resumée in ‚Irrlicht‘.

Müdes Schreiten im Rhythmus des 10. Lieds (‚Rast‘), in der Melodie große abwärtsfallende Intervalle, dann eine fließenden Bewegung, wenn gesagt wird, dass der Rücken keine Last spürt, aber auch, dass der Wanderer in der Stille der Rast die wilde Unruhe im Herzen wie den Stich eines Wurms empfindet.

So wunderschön kann das Träumen sein wie diese süße, wiegende Melodie, mit der das 11. Lied ‚Frühlingstraum‘, beginnt, und so grausam das Erwachen durch das Gekrähe der Hähne und Schreien der Raben - die Dissonanzen im Klavier verdeutlichen es. Doch manches Mal ist die Hoffnung hartnäckig: Eisblumen am Fenster lassen den Ruhenden melancholisch werden und von der Liebsten träumen. Aber wieder bricht die grausame Wirklichkeit ein und wieder im Wechsel von Dur nach Moll die Melancholie, die weiß, dass der Hoffnungsschimmer ein Trug ist.

Das Schlusslied des Ersten Teils, ‚Einsamkeit‘, beginnt wieder mit dem Rhythmus des erschöpften Gehens. Wenn von der ruhigen Luft und der lichten Welt gesungen wird, zeigt die Begleitung, dass es im Inneren des Wanderers ganz anders aussieht. Beim Toben der Stürme aber unterstützt die Musik die Aussage des Textes.

Und sie unterstützt auch im nächsten Lied, ‚Die Post‘, mit ihren munteren Posthornklängen und dem Rhythmus der galoppierenden Pferde den Text. Auffällig die Pause eines ganzen Takts, bevor das Lied mit seinem Schwanken zwischen Resignation und Hoffnung zum Moll wechselt.

‚Der greise Kopf‘: „Der Wanderer, der sein schwarzes Haar bereift sieht und schon ein Greis zu sein glaubt, dem es dann, als der Reif hinwegtaut, vor seiner unseligen, glücklosen Jugend graut, wird zu einem Sinnbild auswegloser … Lebensverzweiflung; die hohlen Bass-Oktaven »Wie weit noch bis zur Bahre!« sind von unheimlicher, trostloser Wirkung.“ (s.o.)

Auch hier, in ‚Die Krähe‘, ist das Ziel des Wanderers das Grab, und Treue bis zum Tod erwartet er ironisch-sarkastisch nur von der Krähe (Akkord-Dissonanz), die ihn müde umflattert (die Triolen in der rechten Hand der Klavierbegleitung). Von besonderer Wirkung ist die Parallelführung von Gesangsmelodie und der hoch angesetzten Bass-Stimme (das leichte, doch träge Schweben der Krähe).

Die Klavierbegleitung spielt in ‚Letzte Hoffnung‘ mit dem ‚Hie und da‘; sie malt das Zittern des Betrachters, malt, wie das Blatt in die Tiefe fällt und mit dem Blatt seine Hoffnung. Dann das herzerweichende Schluchzen am Grab der Hoffnung.

Im 17. Lied, ‚Im Dorfe‘, wird auch das Rasseln der Ketten in Tönen gemalt, es sind die Ketten der Hunde, aber auch die der Menschen mit ihren trügerischen Träumen. Der Wanderer gönnt sie ihnen; er selbst ist „zu Ende mit allen Träumen“. Musikalisch ist diese Resignation ähnlich gestaltet wie das Weinen über verlorene Hoffnung, herausgehoben durch die Annäherung an einen Choral.

Trügerisch ist auch der Himmel in ‚Der stürmische Morgen‘. Das stürmische Unisono von Stimme und Klavier, mehr noch das Tapfer-Heroische in der Vertonung der zweiten Strophe - es ist eine Täuschung; „Es ist nichts als der Winter,/Der Winter kalt und wild!

Eine ‚Täuschung‘ anderer Art zeigt sich im 19. Lied. Wieder ein Irrlicht, dessen opernhafte Freundlichkeit aber verräterisch ist und vom Wanderer auch durchschaut wird.

„Mit dem Wegweiser beginnt die letzte Liedgruppe des Zyklus, die wie ein großartiges Finale alles Vorhergehende überragt.“ (s.o.) Durchgehend der „gleichmäßige Achtelgang mit Ton- bzw. Akkordwiederholungen“. Ziel dieses müden Gehens ist der Tod. Die zweite Strophe dieses variierten Strophenlieds ist aufgehellt durch die Wendung nach Dur. Unvergleichlich sind in der vierten Strophe zu der Monotonie der Gesangsstimme die harmonischen Wendungen, die der chromatischen Gegenbewegung (im Bass aufwärts, in der Mittelstimme bzw. Oberstimme abwärts) folgen. Bei der Wiederholung klingen die Achtel eines G „unerbittlich wie eine Totenuhr“ (s.o.). Einige choralartige Akkorde am Ende erlösen ein wenig von dem wachsenden Schrecken.

Choralähnlich, an die Stimmung auf einem Totenacker gemahnend, ist das gesamte folgende Lied ‚Das Wirtshaus‘. Das melancholisch-sanfte Dur verweist auf den Tod als den Erlöser vom Leid.

Die Munterkeit der Musik in ‚Mut‘ soll über Trauer und Schmerz hinwegtönen. Wenn Gott nicht helfen will, wird der Leidende sich selbst helfen - das ist kein prometheisches Aufbegehren, sondern sarkastischer Mut der Verzweiflung.

Das vorletzte Lied, ‚Die Nebensonnen‘, weist zunächst auf Lichteffekte in der Atmosphäre, „die durch Reflexion und Brechung von Licht (die Sonne) an Eiskristallen entstehen.“ (Wiki) Zur Zeit Müllers/Schuberts wurde diese Erscheinung gerne als Symbol genutzt. Zu Beginn des Lieds ist wohl die physikalische Erscheinung gemeint. Sie ist eine Illusion, der der Wanderer auch verfallen war, nämlich den beiden Augensternen seiner verlorenen Liebsten; und er wünscht sich, dass der Stern seines eigenen Lebens, seine Liebe, ebenfalls untergeht. Ein wenig rätselhaft bleibt diese Deutung. Eindeutig aber ist, dass ‚Die Nebensonnen‘ mit zu den schönsten
Eingebungen des Zyklus gehört.

Selten gibt es ein Kunstwerk wie das letzte Lied der ‚Winterreise‘, bei dem mit so wenig äußerem Aufwand so Vieles, so Tiefes gesagt ist. Oehlmann spricht von ‚negativer Musik‘: „das musikalische Leben hat sich verflüchtigt, so wie das Gefühl aus einem toten, leeren Herzen entwichen ist.“ Bei der hier gemeinten Leier streicht ein eingebautes Rad an einer Saite vorbei, deren Länge durch Tasten verändert wird. „Meist klingen eine oder mehrere Bordunsaiten (tiefe Haltetöne) auf konstanter Tonhöhe mit.“ (Wiki) Bei Schubert erklingen die Haltetöne 61mal im Quintabstand.

Januar 2021



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