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Ankündigung
Schostakowitschs Achtes Quartett op. 110 ist geprägt von entsetzlichen Zeiten, von Weltkrieg und Stalinismus. Und es stellt sich die Frage, ob und wie solche Erfahrungen in Musik umgesetzt werden können. Schostakowitsch wurde bei einem Besuch Dresdens im Jahr 1960 an die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs erinnert. Das Streichquartett, das dann entstand, widmete er den „Opfern des Faschismus und des Krieges“. Die Dresdner Erfahrung wühlte ihn so sehr auf, dass sich ihm zugleich auch die leidvollen Erfahrungen seines eigenen Lebens aufdrängten, vor allem seine Todesangst vor der Willkür Stalins. So entstand sein bis dahin persönlichstes Werk, eine Musik voller Trauer und Verzweiflung, der aber nicht das Tröstende fehlt.

Dimitrij Schostakowitsch
(1906-1975)

Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110

Largo
Allegro molto
Allegretto
Largo
Largo

1960 war Schostakowitsch in Dresden mit dem offiziellen Auftrag, die Musik zu einem Film über die Zerstörung der Stadt durch das alliierte Bombardement und die Rettung der Dresdner Gemäldegalerie durch die Rote Armee („Fünf Tage - fünf Nächte“) zu schreiben. Doch mit dieser offiziellen Arbeit kam er nicht weiter; er wollte ausdrücken, was ihn ganz persönlich betraf, seine persönliche Trauer angesichts der Zerstörung Dresdens – und die Ausdrucksform für solche private Auseinandersetzung war bei Schostakowitsch das Streichquartett. So schrieb er in Gohrisch, wo er - 40 km von Dresden entfernt - wohnte, innerhalb von drei Tagen sein 8. Streichquartett; er widmete es den „Opfern des Faschismus und des Krieges“. Die Dresdner Erfahrung wühlte ihn offenbar so sehr auf, dass sich ihm zugleich auch die leidvollen Erfahrungen seines eigenen Lebens aufdrängten, vor allem seine Todesangst vor der Willkür Stalins - das Andenken an die Zerstörung Dresdens und an die seines eigenen Leben ist eng miteinander verbunden. Selbstironisch schreibt er einem Freund: „... ich [habe] ein niemandem nützendes und ideologisch verwerfliches Quartett geschrieben. Ich dachte darüber nach, dass, sollte ich irgendwann einmal sterben, kaum jemand ein Werk schreiben wird, das meinem Andenken gewidmet ist. Deshalb habe ich beschlossen, selbst etwas Derartiges zu schreiben. Man könnte auf seinen Einband auch schreiben: ‚Gewidmet dem Andenken des Komponisten dieses Quartetts’“.
Dass es sich beim 8. Streichquartett um ein höchst persönliches Vermächtnis handelt, macht Schostakowitsch deutlich, indem er aus eigenen Werken zitiert und auch immer wieder als Motiv die Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens, D.S.C.H. (statt ‚s‘ ein ‚es‘),verarbeitet:



Streichquartett Nr. 8 op. 110



So beginnt der Erste Satz mit diesem 4-Ton-Motiv in fugierter Form. Und dieses Motiv, das nun von harmonisch klingenden Akkorden unterlegt ist, beschließt auch diese Einleitung. Es folgen chromatische Abläufe und ein melodisches Duo der beiden Violinen über Bordunquinten. Abgeschlossen wird dieser Teil mit den D.S.C.H.-Akkorden, deren Harmonien neben Trauer auch Tröstendes vermitteln. Aus dem Duo wird ein vierstimmiger Satz, bei dem das Cello die chromatischen Abläufe übernimmt. Der Abschluss wird ebenfalls mit dem Vier-Ton-Motto eingeleitet, und in den Schluss-Takten erklingt es noch einmal, ein wenig versteckt in der 2. Violine, aber mit denselben ‚schönen‘ Akkorden.

Das ‚Allegro molto‘ als Bezeichnung für den Zweiten Satz treibt hetzende motorische Viertel der 1. Violine an, scharfe Schläge der übrigen Instrumente peitschen sie weiter, Viola und Cello übernehmen im Unisono diese Viertel-Bewegungen, die Peitschenschläge, nun von den Violinen, werden heftiger und gipfeln im Motto-Motiv D.S.C.H. Dann beginnt das rasende Spiel mit anderer Verteilung der Instrumente von neuem, bis mit einem Lied jüdischer Musikanten über arpeggierenden Unterstimmen ein erster Höhepunkt erreicht ist. Nun wiederholt sich das Ganze, alles ein Stück heftiger: die rasenden Viertel, die Peitschenschläge, das D.S.C.H-Motto und das ‚jüdische‘ Lied, das abbricht, damit der dritten Satz ‚attacca‘ folgen kann.
Das Lied jüdischer Musikanten hatte Schostakowitsch im letzten Satz seines Klaviertrios Op. 67 verarbeitet und nun daraus zitiert. Über die Situation der Juden äußerte sich Schostakowitsch: „Für mich wurden die Juden zum Symbol. In ihnen konzentrierte sich die ganze menschliche Schutzlosigkeit.“ Und über die jüdische Musik schrieb der Komponist: „Sie kann fröhlich erscheinen und in Wirklichkeit tief tragisch sein. [...] Die Juden wurden so lange gequält, dass sie es gelernt haben, ihre Verzweiflung zu verbergen. Ihre Verzweiflung drücken sie in Tanzmusik aus.“

Aus zwei Walzern besteht der Dritte Satz, eine Art Danse macabre. Der erste Walzer hat das D.S.C.H.-Motiv zum Thema, wobei das D verdoppelt wird. Er endet stolpernd im Wechsel von 3/2- und ¾- Takt.
Ein Geflirre von chromatischen Läufen in Quintparallelen der beiden Violinen scheint im zweiten Teil dieses Satzes eine klagende Walzer-Melodie des Cellos eher zu stören als zu begleiten. Den dritten Teil bildet eine verkürzte Wiederholung des D.S.C.H.-Walzers.

Der Dritte Satz endete mit einem lang ausgehaltenen Ton im Pianissimo, in den – attacca - mit Beginn des Vierten Satzes mit brutaler Gewalt schwere (‚pesante‘) Fortissimo-Schläge fallen – als Bomben über Dresden interpretieren manche diese Schläge – jedenfalls eine unvergleichliche Trauermusik. Zwischen den Fortissimo-Schlägen erscheint im Unisono aller vier Streicher pianissmo ein Drei-Ton-Motiv,



Streichquartett Nr. 8 Satz 4 Drei-Töne-Motiv



das sich zu einem ersten Trauergesang entwickelt. In einem ergreifendem zweiten Teil erklingt über langgezogenen Tönen von Viola und Cello das Revolutionslied ‚Im Kerker zu Tode gemartert‘, dann – ungemein tröstlich – in der hohen Lage des Cellos ein Liebes-Motiv aus Schostakowitschs Oper ‚Lady Macbeth‘. Doch das Tröstliche ist – wie in der Oper – ein trügerischer Traum und wird zum Abschluss zerschlagen von jener „Chiffre der Gewalt“ (A. Zschunke), mit der der Satz begann.

Im Letzten Satz entfaltet das D.S.C.H.-Motiv seine ganze Intensität in einer kleinen Fuge. Dann wird an den fugierten Anfang des Ersten Satzes und an die harmonisch klingende Form dieses Motivs erinnert. Das Ende ist ein ersterbendes (morendo) Pianissimo.

Dezember 2020



Streichquartett Nr. 7 fis-Moll op. 108 / Streichquartett Nr. 9 Es-Dur op. 117

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