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Alfred Schnittke
(1934 – 1998)

Trio für Violine, Bratsche und Violoncello (1985)

Moderato
Adagio

Das Trio entstand im Frühjahr 1985 als Auftragswerk der Alban-Berg-Gesellschaft in Wien; Anlass war der 100. Geburtstag und der ins gleiche Jahr fallende 50. Todestag des 1935 verstorbenen Alban Berg. Die Uraufführung fand statt am 2. Juni in Moskau, die zweite Aufführung am 7. Juli in Lockenhaus.

Das Besondere dieses Trios wird verständlich durch Schnittkes Ablehnung reiner serieller Musik, die der Kreativität und Vitalität der Musik abträglich sei. Er wollte komponieren „ohne konstruktive Regeln“ und setzte auf die Idee der Polystilistik. Durch dieses Konzept wollte er das Neue (Atonale) in einer Weise mit dem Traditionellen verknüpfen, dass kein Stilbruch entsteht: „Es bleibt beides (der traditionelle Dreiklang und die Klänge atonaler Ordnung) erhalten als kontrastierende Elemente, die sich im Gleichgewicht gegenüberstehen.“

So verwundert es nicht, dass das schlichte sangbare Hauptthema zu Beginn des Ersten Satzes



Streichtrio Satz 1 Thema 1



an Musik der Romantik erinnert, vielleicht eine Reminiszenz an die Zeit, in der Schnittke als 12- bis 14jähriger Klavierschüler im sowjetisch besetzten Wien lebte. Dieses Thema wird zur „motivisch-thematischen Zelle“ beider Sätze (M. Bergamo, Einleitung zur Taschenpartitur) „Man grüßt es wie einen Bekannten in Moll und Dur, als begleitete Melodie, im dichten homophonen Satz, als Fugato, als zwei - oder dreistimmigen Kanon und im Spiegel.“ (J. Köchel) Wenn das Thema nicht nur den Ersten Satz beendet hat (gespiegelt), sondern auch den Zweiten (im Kanon), hat sich ein Kreis vielfältiger Möglichkeiten geschlossen, von sehr fremden bis hin zu sehr vertrauten. Am vertrautesten wirkt diese motivisch-thematische Zelle im Mittelteil des Ersten Satzes, wo sie wie reine Romantik klingt und im Kontext der fremderen Klänge wirkt, als ginge ein helles Licht auf - vor allem wenn das Thema nach Dur gewendet wird: „leuchtende reine Dur-Akkorde“ (aus einer Kritik über eine Aufführung).
Zuvor erscheint ein Zweites Thema, ein von der Viola vorgestelltes Klagemotiv:



Streichtrio Satz 1 Thema 2



Und es folgen zwei weitere, gegensätzliche Themen (das dritte und vierte), die immer in engem Zusammenhang stehen - sie sind in beiden Sätzen prägender Bestandteil: Fünf Takte, die ein wenig an ein gewaltsames Bruckner-Scherzo erinnern,



Streichtrio Satz 1 Thema 3



und ein unmittelbar sich anschließendes, den Ausbruch beruhigendes choralähnliches Thema mit einem Anklang an russisch-orthodoxe Liturgie - beide Themen zeigen eine für ein Trio ungewöhnliche Vielstimmigkeit.
Nach der Vorstellung dieser vier Themenbereiche beginnt der Mittelteil mit dem Hauptthema in marschähnlichem Duktus und das Klagemotiv führt zum Hauptmotiv in reinem Schubertklang. Dieser ‚Schubert-Stelle’ folgt im jähen Wechsel ein wildes Forte, das einige Takte lang von einem sul ponticello und Trillerfiguren gespielten Piano abgelöst wird. Das wilde Forte setzt wieder ein und geht über ins Hauptthema, das die schneidende Härte des vorhergehenden Ausbruchs übernimmt.
Mit einer fugierten Fassung des Hauptthemas beginnt der dritte Teil des Satzes, der die Themen des ersten wieder aufgreift: Das Klagemotiv setzt der scharfen Härte des Hauptthemas angenehme Weichheit entgegen. Doch die Härte setzt sich durch. Mit dem dritten und vierten Thema folgt das nächste Gegensatzpaar. Als Coda wird das Schubert-Thema noch einmal aufgegriffen. Es fehlt ihm aber die Lieblichkeit und ähnelt eher Schuberts Lied vom Leiermann.

Der punktierte Auftakt der aufsteigenden ersten Hälfte des Themas, mit dem der Zweite Satz eingeleitet wird,



Streichtrio Satz 2 Einleitungsthema



verweist auf das Hauptthema des Ersten Satzes als die Zelle des gesamten Werks, und es verweist darauf, dass ein Raum von Trauer sich eröffnet. Das nächste Thema



Streichtrio Satz 2 Trauermarsch-Thema



ist noch näher an jenem Hauptthema; das vibratolose Spiel verstärkt das Fahle dieser Musik, ein Trauermarsch-Thema wie von Schostakowitsch, nur vom Orgelpunkt des Cellos begleitet. An den Choral aus dem Ersten Satz wird erinnert; das Thema zum Satzbeginn erscheint in der Umkehrung. Ein weiteres Motiv, ein Dreiklangsignal im Pianissimo, vom Cello mit Flageolett gespielt, bei späterer Wiederholung von der Bratsche, verstärkt die fahle Farbe in diesem Trauer-Satz:



Streichtrio Satz 2 Signalthema



Im Anschluss an dieses Signal-Motiv erscheint das von Schnittke häufiger (u. a. im Klavierquintett) verwendete Motiv des B-A-C-H (hier einen Ton höher gesetzt):



Streichtrio Satz 2 B. A. C. H.



Eine letzte Steigerung der Fahlheit bringt eine Gruppe von sechs- bzw. fünfstimmigen Akkorden. Nun wird das bisher Gehörte in stark veränderter Form wieder aufgegriffen: Das Anfangsthema erklingt und führt hin zur Wiederholung des Trauermarsch-Themas. Besonders frappierend wirkt nach dem Pianissimo dieses Trauermarschs das dritte Thema aus dem Ersten Satz in dreifachem Forte und der dazugehörige Choral. Wiederholt werden auch das B-A-C-H-Thema, das Signalmotiv und schließlich als Abschluss dieses höchst beeindruckenden Satzes das Hauptmotiv des Ersten Satzes.

November 2020



Streichquartett Nr. 3

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