Alfred Schnittke(1934 – 1998)
Sonate für Cello und Klavier (1978)
Largo Presto Largo
Der extrem kurze Largo-Satz von Schnittkes Sonate für Cello und Klavier beginnt zunächst wie eine Cello-Solosonate mit ruhigen, die Ausdrucksmöglichkeiten des Cellos berücksichtigenden kantablen Figuren. Dem antwortet das Klavier über liegenden Tönen des Cellos. Mit einigen schlicht wirkenden Akkorden im traditionellen Stil rahmt das Klavier dann ein dem Kantablen entgegengesetztes zerrissenes Cello-Solo ein. Der Satz endet mit einigen Pizzicato-Akkorden des Cellos
Ein aufregendes, verstörendes Stück Musik ist Zweite Satz, ein virtuoses Feuerwerk von wuchtiger, teilweise brutal-primitiver Vitalität und zugleich musikalisch außerordentlich dicht, ein Perpetuum mobile von Presto-Achtel-Läufen im Sekundabstand , die entfernt an Rimski-Korsakovs ‚Hummelflug‘ erinnern, aber weit entfernt sind von dessen Harmlosigkeit. So stört das Klavier die ersten ‚Hummelflug-Bewegungen‘ des Cellos mit brutalen Schlägen und zunehmend überwältigt es die Cello-Figurationen, bis es sich mit primitiven Tonleiterabläufen durchsetzt. Unheimlich wirken nun die Cello-Glissandi unter den Schlägen des Klaviers. Dann übernimmt das Cello die Figuren des Klaviers, endet aber mit einem kurzen Klagelaut. Das Klavier trumpft auf mit Walzerakkorden, das Cello setzt ihnen heftige Bewegungen entgegen und kehrt zurück zu den ‚Hummelflug-Läufen‘, die aber wieder vom Klavier zunehmend gestört werden. Höhepunkt dieser Auseinandersetzung ist der erneute Versuch des Klaviers, mit seinen primitiven Tonleiterabläufen die Oberhand zu gewinnen. Das Cello nimmt dem Streit schließlich den Ernst und verschafft sich einen Abgang in höchste Höhen; und das Klavier tut es ihm nach.
Dieser äußersten Anspannung folgt die Entspannung, eine Entspannung durch schöne Harmonie und Melodik; darum wohl wählt Schnittke als Dritten Satz wieder ein Largo, ein ‚Besinnungsfinale‘ nennt er es. Zunächst klingt es noch sehr expressiv, wird dann nach einer schönen romantisch-lyrischen Stelle in der Mitte des Satzes mehr und mehr zu einer immer leiser und ruhiger werdenden melancholischen Meditation, die schließlich in Erinnerung an die ‚Hummelflug-Bewegung‘ pianissimo verhallt mit den höchsten Tönen des Klaviers über dem Orgelpunkt des Cellos.
November 2020
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