Was der 86-jährige Saint-Saëns, der in seinem letzten Lebensjahr stand, mit seinen drei Bläsersonaten für kostbare Musik schrieb, Musik von tiefer Empfindung und reicher, lebendiger Erfindung, ist bewundernswert.
Camille Saint-Säens: (1835-1921)
Sonate für Oboe und Klavier D-Dur op. 166
Andantino Allegretto Molto allegro
Sieben Sonaten für Klavier und Soloinstrument hat Saint-Saëns geschrieben: zwei Violinsonaten, zwei Cellosonaten und drei Sonaten für Blasinstrumente: die Oboensonate Op. 166, die Klarinettensonate op. 167 und die Sonate für Fagott und Klavier op. 168. Die drei Sonaten für Blasinstrumente sind im Todesjahr Saint-Saëns‘, 1921, entstanden und zusammen mit einem kurzen Klavierstück (op. 169) die letzten Werke des 86-jährigen Komponisten.
Es ist also nicht mehr die Zeit für Stürmisch-Virtuoses; und so beginnt der Erste Satz der Oboensonate mit einem zarten, ja zärtlichen Abwärts von Terz, Quint und Oktav (Anklang an den Westminsterschlag):
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Hieraus entwickelt sich eine sanfte Melodie, die in kontrapunktischer Manier weitergesponnen wird, bis dieser erste Teil des dreiteiligen Satzes wieder in die Intervall-Sprünge des Beginns mündet. Der mittlere Teil entwickelt sich zunehmend bewegter, und der dritte Teil greift verändert, verkürzt den ersten wieder auf.
Wer mag, kann sich beim Zweiten Satz einen Hirten auf dem Felsen vorstellen, der zunächst in schönen Kadenzen improvisierend sich auf seiner Schalmei einspielt und dann ein inniges Lied im pastoralen Ton anstimmt. Zum träumerischen Improvisieren des Anfangs zurückkehrend endet der Satz, zu dem Mörikes Verse so gut passen: Wie reizend alles! lachend, und ein sanfter Geist Des Ernstes doch ergossen um die ganze Form.
Vom eher wiegenden, an ein Siciliano erinnernden Rhythmus nun im Dritten Satz ein spritziger 2/4-Takt. Witzig-verspielt klingen vor allem die Fanfarenklänge der Achtel-Triolen. Ein paar Takte aus Francks Violinsonate klingen an. Dann eilt der reizende Satz schnell dem Ende zu.
November 2019
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