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Maurice Ravel
(1875-1937)

Ma mère l’oye – Meine Mutter, die Gans

I. Pavane de la Belle au bois dormant (Pavane der Schönen im schlafenden Wald) - Lent
II. Petit Poucet (Der kleine Däumling) - Très modéré
III. Laideronnette, Impératrice des pagodes (Laideronnette, Kaiserin der Pagoden) - Marche
IV. Les entretiens de la Belle et de la Bête (Gespräch zwischen der Schönen und dem Tier) - Valse très modéré
V. Le jardin féerique (Der Feengarten) - Lent et grave

Es müssen schon besondere Kinder gewesen sein, für die Ravel die „Cinq pièces enfantines" mit dem Titel ‚La mère l’oye‘ schrieb (1908/10); denn dieser kleine Zyklus ist ungemein feinsinnig, unaufdringlich, bescheiden. Theodor W. Adorno schrieb: „Ma Mère l’Oye ist in ihrer Unschuld und Raffinesse Schumanns ‚Kinderszenen‘, Mussorgskys ‚Kinderstube‘ und Debussys ‚Children’s Corner‘ an die Seite zu stellen.“ Und Björn Gottstein formuliert: „‚Kindlich‘ und ‚geistreich‘ sind für Ravels Mutter Gans Schlüsselbegriffe. Einerseits prägt die Einfachheit die musikalische Faktur des gesamten Zyklus. Ravel taucht seine Märchen in eine bizarre Klangwelt von fast überirdischer Schönheit. Mit vielen leeren Intervallen, mit Quarten, Quinten und Oktaven also, und modalen Melodien, die fast mittelalterlich anmuten, evoziert er das Gefühl von Zeitlosigkeit.“
Ravel selbst meint: „Der Plan, in diesen Stücken die Poesie der Kindheit heraufzubeschwören, hat mich von selbst dazu geführt, meinen Stil zu vereinfachen und meine Schreibweise aufzulockern“.
Es waren die klavierspielenden Kinder einer befreundeten Familie, denen Ravel diesen kleinen Zyklus für Klavier zu vier Händen widmete. Angeregt war er durch Märchen der Märchensammlungen von Charles Perrault, Marie-Catherine d’Aulnoy und Jeanne-Marie Leprince de Beaumont. Perrault, ein Vorgänger der Brüder Grimm, hatte eine seiner Sammlungen „Contes de ma mère l'Oye“ (1697) genannt. Und Ravel, der solche Märchen sehr liebte, orchestrierte kurz nach der Entstehung der Klavierfassung von den „Contes de ma mère l'Oye“ auf Bitten seines Verlegers den Zyklus zu einer fünfsätzigen Suite, ein Jahr später zu einer Ballettmusik.
Die erste Geschichte, die Mutter Gans erzählt, ist die von Dornröschen: Damit Dornröschen die hundert Jahre Schlaf nicht zu lang werden, schenkt eine Zauberin ihr Träume, die in den weiteren Szenen dargestellt sind. Die Pavane, ein würdevoller Schritt-Tanz aus dem 16. und 17. Jahrhundert, wurde später Teil einer Musik zum Totengedenken (Tombeau), so auch in Ravels ‚Pavane pour une infante défunte‘ (für eine verstorbene Prinzessin). Und so passt die anrührend-melancholische Pavane zum Bild der durch den Stich einer Spindel in hundertjährigen Schlaf versunkenen Prinzessin.

Auch die Geschichte vom kleinen Däumling gibt keinen Anlass, heitere Musik zu schreiben. Der kleine Däumling will den Wald erkunden. Damit er zurückfindet, streut er Körner auf den Weg. Die werden von Vögeln aufgepickt und der kleine Däumling verirrt sich. Die vergebliche Suche des Verirrten nach dem Heimweg, das ängstliche Vortasten in verschiedene Richtungen, auch ein kurzer Hinweis auf die unfreundlichen Vögel, zum Beispiel den Kuckuck, und schließlich die Erschöpfung: das sind die Bilder, die Ravel mit seinen Tönen erzeugt.

Die Pagoden des dritten Stücks sind kleinste Wesen; ihre Instrumente sind groß wie eine Walnuss oder eine Mandel. Sie haben die Aufgabe, die Kaiserin zu unterhalten und tun dies mit einem niedlichen chinesischen Marsch. Doch die Kaiserin wirkt auf die Kleinen bedrohlich (heftige Dissonanz im Diskant). Aus dem niedlichen Marsch wird allmählich eine vorsichtige ängstliche Fluchtbewegung, bis ihr Auftritt jäh beendet wird.

Das mit gut vier Minuten längste der Cinq pièces setzt in gleicher Weise auf Gegensätzliches; doch dieses Mal führt der Gegensatz zu einem guten, ja verklärten Ende: Der durch einen leichtfüßigen Walzer als liebevoll und freundlich vorgestellten Schönen tritt das Unheure in Gestalt einer Bestie entgegen, die von der Freundlichkeit der Schönen, die ihre Ängstlichkeit ablegen kann, emporgezogen und erlöst wird: das unheimliche Tier wandelt sich in einen schönen Prinzen.

Am Ende – also im fünften Stück - wird alles gut: Im Feengarten ruht die Prinzessin in seligem Schlummer und erwacht durch einen feurigen Kuss des Prinzen. Die Frage, wie man musikalisch einen feurigen Kuss darstellen kann, beantwortet Ravel durch Glissandi.
November 2020



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