Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Sonate Nr. 2 für Violine solo a-Moll BWV 1003
Grave Fuga Andante Allegro
siehe auch Einführung in die Solo-Werke für Violine
„Das einleitende Grave ist von ähnlich improvisierendem, melodisch ausschwingendem Charakter wie das Adagio der 1. Sonate, voller ausgezierter Zweiunddreißigstel-Bögen zwischen akkordischen Ruhepunkten“ (Reclam) – eine Musik der ‚Stille’ und Meditation.
Das Fugenthema des Zweiten Satzes besteht aus nur neun Noten, von denen die ersten drei Noten mit dem Rhythmus kurz, kurz, lang den gesamten Satz rhythmisch prägen.
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Dieses relativ schlichte Fugenthema wird samt seiner Umkehrung zur Grundlage einer sich über viele Takte erstreckenden (etwa 8 Minuten) „kontrapunktischen Auseinandersetzung von nicht zu vermutender Vielfalt, die schon die Zeitgenossen beeindruckte“ (K. K. Füller). Johann Mattheson schrieb 1737 in seinem Buch ‚Kern Melodischer Wissenschaft‘: „Wer sollte wol dencken, daß diese acht (!) kurtze Noten [...] so fruchtbar wären, einen Contrapunct von mehr als einem gantzen Bogen, ohne sonderbarer Ausdehnung, gantz natürlich hervorzubringen? Und dennoch hat solches der künstliche, und in dieser Gattung besonders glückliche Bach in Leipzig jedermann vor Augen gelegt.“ Nur selten lockern Dreiklangsbrechungen und Tonleiterandeutungen die kontrapunktische Strenge auf, und dennoch ist diese Fuge höchst angenehm zu hören - wenn man auch oft den Atem anhält wegen dieser Mischung von Komplexität und Wohllaut.
Zum ruhigen Ausatmen und Zurücklehnen eignet sich dagegen das Andante. Die unerschütterlich durchgehenden pochenden Achtel der tieferen Stimme zwingen zu Verharren und Ruhe. Und auch die Melodie über diesen Achteln strahlt diese große Ruhe aus.
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