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J. S. Bach (1685-1750)
Sechste Suite für Violoncello solo D-Dur BWV 1012
Prélude Allemande Courante Sarabande Gavotte I und II Gigue
siehe ‚Einführung’ in die Cello-Suiten Die sechste Suite ist nicht für das uns geläufige 4-saitige Cello geschrieben, sondern für ein 5-saitiges Instrument, durch das der Tonumfang, vor allem in der Höhe, erweitert wird. Man weiß nicht genau, auf welchem Instrument Bach diese Suite gespielt hat; jedenfalls wird heute auch die sechste auf dem 4-saitigen Cello gespielt, was eine zusätzliche technische Erschwernis bedeutet.
Erschwernis für das Zuhören gibt es nur selten. Diese Suite gehört zu den Solo-Suiten, zu denen der Zugang relativ leicht ist: Ebenmäßig fließen im Prélude die 12 Achtel pro Takt dahin, wohlproportioniert sind die Melodie-Bögen, die sich in diesem Fluss ergeben und wohlklingend die harmonischen Veränderungen, die bei diesen Bögen entstehen. Angenehm ist der Wiedererkennungswert durch Wiederholungen der einzelnen Motive, vor allem des durch die Bariolage-Technik hervorgehobenen Eingangsmotivs (schneller Wechsel zwischen einer gleichbleibenden Note - einer Art Orgelpunkt - und den eine Melodie bildenden Noten):
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Der große Bogen des Ablaufs bleibt gespannt; und damit er nicht überspannt wird, gibt es gegen Ende Andersartiges: Aus den 12 Achteln eines Taktes werden 24 virtuos wirkende Sechzehntel; dann setzen kräftige Akkorde einen Schlussakzent, bevor noch einmal einige Achtel-Wellen freundlich dem Ende zufließen.
Melodieführung, Aufbau, vor allem der Rhythmus der Allemande sind ungleich komplexer. Der rhythmische Fluss gerät in eine eigenartige Unruhe: der Lauf der Zweiunddreißigstel wird gehemmt durch teilweise punktierte Sechzehntel, dann wieder beschleunigt durch Vierundsechzigstel. Doppel-, Dreifach- und Vierfach-Griffe sind die gliedernden Ruhepunkte.
Ungehemmt dagegen entwickelt sich munter im 3/4-Takt die Courante. Ihre tänzerische Beschwingtheit erhält sie durch das den gesamten Satz prägende Haupt-Thema, in dem zwei Sechzehntel den Rhythmus bestimmen:
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Diese Sechzehntel geben immer wieder den Anstoß für längere Sechzehntel-Phrasen, die wie ein überlanger Anlauf zum nächsten Themen-Einsatz wirken.
Die Sarabande, ein Tanz von feierlicher Würde im Dreiertakt (drei Halbe), zeigt besonders extrem die Möglichkeit, auf einem viersaitigen Cello Akkorde zu spielen. Diese Möglichkeit wird genutzt, eine ausdrucksstarke Liedmelodie zu begleiten. Im zweiten Teil bilden Sextenparallelen von großem Wohlklang den Nachklang zu diesem eindrucksvollen Lied.
Das Reizvolle an der Gavotte ist die Verbindung von Volkstümlichem und Kunstvollem. Dieser Tanz zwischen Sarabande und Gigue hat wie das Menuet in den beiden ersten und die Bourrée in der dritten und vierten Cello-Suite mehr als die übrigen stark stilisierten Tänze etwas vom ursprünglichen Tanz bewahrt. Und wie das Menuet und die Bourrée ist die Gavotte nach dem Muster ABA gebaut; der Teil 'B' wird mit der Gavotte II ausgefüllt. Diese zweite, sehr gefällige Gavotte ist in ihrer zweiten Hälfte ‚à la Musette’ (verfeinerter Dudelsack) komponiert, d. h. mit einem wie ein Orgelpunkt wirkenden durchgehenden Bass.
Der Sechs-Achtel-Takt der Gigue ist gefüllt mit spielerischen Intervallsprüngen im Achtel-Zeitmaß und mit Sechzehntel-Figuren, die sich meist innerhalb des Tonleiterbereichs bewegen und im ausgewogenen Wechsel mit den Achteln dem Spielerisch-Springenden das Fließende gegenüberstellen. Bei der Zweistimmigkeit gegen Ende des ersten Teils wirkt die Gigue sogar verspielt. Im zweiten Teil wird der Sechzehntel-Fluss gegenüber den Achtel-Sprüngen ausgeweitet.
April 2021
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Suite für Violoncello solo Nr. 5 c-Moll
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