Antonín Dvořák (1841-1904)
Sonatine für Violine und Klavier G-Dur op. 100 Allegro risoluto Larghetto Scherzo: Molto vivace Allegro
Dvořák schrieb die Sonatine op. 100 in New York. Er war hier auf der Suche nach einer amerikanischen Nationalmusik, die er „in der Musik der Opfer des amerikanischen Traums: bei den Indianern und Negersklaven“ (Villa Musica) zu finden glaubte. Er hatte eine erste Erfahrung mit dieser Musik durch „die Tänze von Irokesen, die er in den Shows des Buffalo Bill zu sehen bekam, und durch die Spirituals, die ihm ein farbiger Schüler am Konservatorium vorsang“ (ebenda). Manches von solchen Erfahrungen ist auch in der Sonatine zu finden. „Gewidmet ist sie seinen Kindern, im Besonderen der damals fünfzehnjährigen Ottilie und dem zehnjährigen Toník“ (Wiki). Anlass war ein Familienfest zur Feier der runden Opuszahl. So entstand ein Werk mit recht kurzen Sätzen, aber von großer musikalischer Qualität.
Trotz der relativen Kürze des Ersten Satzes ist sein Hauptthema-Bereich recht vielgestaltig: Zweimal antwortet eine liebenswürdige Phrase einem energischen Aufschwung. Beim zweiten Mal wird diese lyrische Phrase weiterentwickelt bis zu einem nun wieder energischen Abschluss und einer schlichten Überleitung, die zu einem recht verhalten klingenden Seiten-Thema führt:
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Spezifikum im zweiten Teil eines klassischen Sonatensatzes sind die Umwandlungen des bisher Gehörten. Hier in op. 100 spielt dieser Teil (nach der Wiederholung des ersten) vornehmlich mit Abwandlungen des Hauptthema-Beginns. Der dritte Teil dieses Satzes greift mit einigen Veränderungen auf den ersten zurück und mündet in eine sehr schöne Coda.
Träumerisch und farbig durch besondere harmonische Wendungen ist die Musik des Larghetto. Träumerisch ist der Eingangsteil, der auch den Abschluss bildet, dazwischen erklingt eine zweite Melodie von ähnlicher Stimmung
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mit einem kurzen von Sechzehntel-Sextolen begleiteten Mittelstück. Und es klingen freundlich wie ein Kinder-Weihnachtslied die Arpeggio-Glöckchen des Klaviers – Dvořák schrieb die Sonatine November/Dezember 1893. Der Verleger Simrock erkannte das Publikumsträchtige dieses Larghettos und veröffentlichte es ohne Wissen des Komponisten in unterschiedlichen Arrangements unter verschiedenen Namen wie ‚Indianisches Lamento‘oder ‚Indianisches Wiegenlied‘.
Das Scherzo ist – wie üblich – dreigeteilt: A – B (‚Trio‘) – A. In den A-Teilen wechseln eine freundliche und eine wie für den ländlichen Tanzboden komponierte robuste Tanzweise mehrmals einander ab. Im ‚Trio‘ findet sich derselbe Wechsel, aber beide Tanzweisen wirken etwas zurückgenommen.
Der Hauptthema-Bereich des Vierten Satzes ist dreigeteilt: das eigentliche, fröhliche Hauptthema (Charakteristisch ist der Akzent des 3. Takts.)
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wird unterbrochen durch ein gedämpftes Moll-Zwischenspiel. Auch das Seitenthema, ein munteres Pferdegetrappel, ist mit einem Zwischenspiel versehen. Eine wunderschöne Besonderheit: der erste Teil des Satzes schließt mit einer zu Herzen gehenden dritten Melodie in ruhigem (‚tranquillo‘) Tempo, die dem Stil der übrigen in Amerika entstandenen Werke Dvořáks verwandt ist. Im Kontrast zu diesem ‚molto tranquillo‘ steht das schwungvolle Spiel des zweiten Satzteils; es stützt sich allein auf das erste Thema. Der dritte Teil wiederholt mit einigen Kürzungen den ersten. Das Hauptthema erfährt eine letzte Steigerung in der Coda, die das der Jubiläumszahl ‚100‘ würdige Werk beschließt.
Januar 2020
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Romantische Stücke op. 75
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