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Antonin Dvořák
(1841-1904)

Quintett für 2 Violinen, 2 Violen und Violoncello Es-Dur op. 97

Allegro non tanto
Allegro vivo - Un poco meno mosso
Larghetto
Finale: Allegro giusto

Drei Streichquintette hat Dvořák geschrieben: op.1, op.77 in der eigenartigen Besetzung ‚Streichquartett und Kontrabass‘ und op. 97 in der - wie op. 1 - durch Mozart und Brahms bekannten Besetzung mit zwei Bratschen.
Ab September 1892 lebte Dvořák in New York. Er war zum Direktor des 'National Conservatory of Music' berufen worden, unterrichtete Komposition und arbeitete mit dem Orchester. Man hatte ihn - zunächst für zwei Jahre - nach Amerika geholt in der Erwartung, dass er Amerika den Weg zu einer eigenständigen nationalen Musik weisen könne; und er hatte die Berufung auch wegen des Geldes angenommen: sechs Kinder waren zu versorgen im Alter zwischen 3 und 13 Jahren, und das Angebot von 30.000 Gulden im Jahr war das 25-fache seines Professorengehalts in Prag. Eine wirtschaftliche Depression in Amerika beendete vorzeitig das Gastspiel; das Konservatorium bzw. dessen Mäzenatin wurde zahlungsunfähig.
Dem Wunsch, den Amerikanern eine Nationalmusik zu geben, kam Dvořák gerne nach und beschäftigte sich intensiv mit der Volksmusik der Schwarzen (Spirituals und Plantagenlieder) und auch der Indianer. Zur Verärgerung mancher rassistisch gesinnter Weißer glaubte Dvořák, hier liege die Wurzel einer amerikanischen Nationalmusik. Ihn jedenfalls inspirierten die neue Umgebung und die neuen Anregungen; so entstand als erstes in der Neuen Welt die Neunte Sinfonie e-Moll op. 95 (‘Aus der neuen Welt’; Januar bis Mai 1893). Da Volksmusik in wesentlichen Bereichen international ist (Pentatonik; bestimmte Art von Rhythmik), verschmolzen - so darf man annehmen - die Anregungen durch die Volksmusik der Schwarzen und der Indianer (übrigens auch der Iren) mit denen seiner böhmischen Heimat; und vermutlich ist mit ‘Neue Welt’ auch der so benannte Stadtteil Prags gemeint, in dessen Schenken die Prager zum Tanz gingen - jedenfalls lässt sich eine Bemerkung Dvořáks so verstehen. Wegen dieser Verschmelzung ist es schwierig, die einzelnen Anregungen nachzuweisen, nie hat Dvořák wörtlich zitiert; und ein solches Nachforschen ist auch müßig: das Ergebnis ist immer ein ganz eigenständiger Stil, ist immer Dvořáks eigenste Musik.
Wie sehr er dem Heimatlichen verbunden war, zeigt die Wahl seines Urlaubsaufenthalts 1893: Das Dorf Spillville im Staat Iowa, in dem tschechische Auswanderer lebten: „Lehrer und Pfarrer, alles ist tschechisch, und so werde ich unter den meinen sein ...welch ein Vergnügen wird das sein“, schreibt Dvořák, der jeden Morgen um 7 Uhr in der Kirche von Spillville die Orgel spielte. Auch etwa 30 Indianer lebten in Spillville. Und Dvorak bat sie und auch Indianer, die vorbeikamen, um Kräuter zu verkaufen, Tänze und Lieder ihres Stammes aufzuführen.
Es war ein unbeschwertes, heiteres Leben auf dem Lande, und die Fülle und die Reife der beiden Werke, die er in diesen Sommerferien komponierte, lassen dies spüren. Zunächst schrieb er dort zwischen dem 8. und 23. Juni das berühmte Streichquartett ‘Amerika’ op. 96, dann - vom 26. Juni an in einem Monat - das Streichquintett op. 97.

Sehr böhmisch klingen das Haupt- und Seitenthema des Ersten Satzes, dessen melancholischer Einführungsteil den Beginn des Hauptthemas in verlangsamter Form vorwegnimmt, gefolgt von einer kleinen Terz im punktierten Rhythmus. Dieser Rhythmus mit der anschließenden kleinen Terz bestimmt auch das Seitenthema:



Streichquintett op. 97 Satz 1 Seitenthema 1



Er wird Impuls für den gesamten Satz, der durch eine Mischung von tänzerischer Festlichkeit und leichter Melancholie besticht.
Den Mittelteil des Satzes füllt ein Spiel mit Motiven aus dem ersten Teil; besonders eindringlich ist eine Variante in den Bratschen über dem Pizzicato des Cellos:



Streichquintett op. 97 Satz 1 aus Mittelteil



Der dritte Teil greift auf den ersten zurück, verändert ihn aber erheblich. Eine sehr schöne Schlussphase führt an den Beginn des Satzes zurück.

Der Zweite Satz, ein Scherzo mit den Ecksätzen A und einem Mittelteil B, wird vier Takte lang mit einem besonderen Rhythmus in der 2. Bratsche solo eingeleitet; er soll einem Indianertanz nachempfunden sein:



Streichquintett op.97 Satz 2 rhythmisches Motiv



Es folgen acht Takte eines tänzerisch-munteren Staccato-Motivs,



Streichquintett op. 97 Satz 2-2



bei dessen Wiederholung sich eine „weit ausschwingende Melodie“ (Reclam) hinzugesellt. Nach einer Wiederaufnahme des bisher Gehörten folgt als zweiter Teil ein ungestümeres Tanzthema, das mit dem des ersten Teils verbunden wird. Von hinreißendem Schmelz ist der Mittelteil (B), ein Klagelied, von dem Lieblingsinstrument Dvořáks, der Bratsche, intoniert,



Streichquintett op. 97 Satz 2-3



begleitet vom Pizzicato der übrigen Streicher.
Der dritte Teil des Scherzos (A‘) kehrt zum ersten zurück, verändert ihn aber auf interessante, sehr schöne Weise.

Das Thema des Larghettos, eines Variationensatzes, ist zweigeteilt. In beiden Teilen ist wieder der Bratsche die Melodie zugedacht. Im ersten in Moll stehenden (hier der punktierte Beginn)



Streichquintett op.97 Satz 3 Thema Teil 1



schweigen die beiden Violinen. Der nach Dur gewendete choralähnliche zweite Teil des Themas war von Dvořák als amerikanische Nationalhymne gedacht, die sich seine amerikanischen Verehrer von ihm gewünscht hatten:



Streichquintett op. 97 Satz 3-2



Es folgen über dieses zweiteilige Thema fünf wunderschöne Variationen, in denen die Klangmöglichkeiten des Streichquintetts ganz entfaltet werden.
Zu dem Melancholisch-Getragenen des Themas kommt in der 1. Variation vor allem durch die Staccato-Zweiunddreißigstelder 1. Violine und durch das Pizzicato des Cellos eine spielerische Leichtigkeit hinzu.
Vor der 2. Variation wird der erste Teil des Themas noch einmal in seiner reinen Form wiederholt, allerdings ohne das Cello. Bei der Variation entsteht eine gereizte Anspannung durch erregte Zweiunddreißigstel im Cello und Trioleneinwürfe der Bratschen.
Die 3. Variation beginnt mit einem Ausdruck von Innigkeit. Die Variation des Choralthemas zeigt die Andeutung einer Idylle. Sie bezieht – wie schon in der 2. Variation – das punktierte Motiv zu Beginn des ersten Teils in ihre Umwandlung mit ein.
In der 4. Variation trägt das Cello das Thema beider Teile vor. Das Tremolo der übrigen Instrumente im ersten Teil wirkt geheimnisvoll und ein wenig dramatisch, im zweiten Teil weicht das Dramatische schon durch die Pizzicati einer freundlicheren Stimmung.
Im Choralteil der 5. Variation wird diese freundliche Stimmung ins Verspielte gesteigert, während der erste Teil dieser Variation in dem sonst eher leisen und zarten Variationenwerk durch scharfe Fortissimo-Akzente auffällt, die sich aber schnell ins Zarte und Leise auflösen.
Dem verspielten Abschluss der 5. Variation setzt Dvořák als Kontrast die große feierliche Geste entgegen, mit der der erste Teil des Themas wieder aufgegriffen wird. Der Choralteil führt zum Pianissimo zurück und erhält als Ausklang eine besonders anrührende Version.

Der Vierte Satz ist ein Rondo. Die punktierte fröhliche Rondomelodie (A) wechselt mit einem durch indianische Rhythmik geprägten (B) und einem ruhig-elegischen Teil (C); die drei Teile werden aneinandergereiht wie Perlen an einer Kette in der Reihenfolge A-B-A-C-A-B-A-C-A. Den Abschluss bildet eine prächtige Coda.

November 2019



Streichquintette

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