Das berühmte Horn-Trio op. 40 von Brahms aus dem Jahr 1865 ist ein einzigartiges Werk, einzigartig nicht nur wegen seiner Besetzung, sondern vor allem wegen seiner zu Herzen gehenden Schönheit. Der Komponist und Brahms-Kenner Hans Gal zählt dessen ersten Satz zum ,,Edelsten, Vollkommensten“, was Menschen geschaffen haben. Zentrum dieses Werks ist der dritte Satz, ein Adagio mesto, ein schmerzliches Gedenken des Komponisten an seine im Februar 1865 verstorbene Mutter - Ausdruck der Trauer wie auch das ‚Deutsche Requiem‘, dem das Horn-Trio verwandt ist. Im ‚Finale‘ aber herrscht im Kontrast zu den drei vorangegangenen Sätzen meist Lebensfreude und jubelnder Aufschwung.
Johannes Brahms (1833-1897)
Trio für Klavier, Violine und Horn Es-Dur op. 40
Andante Scherzo: Allegro Adagio mesto Finale: Allegro con brio
Eines der eindringlichsten Lieder von Brahms (op. 63/8; 1874) thematisiert die Sehnsucht nach dem Paradies der Kindheit:
O wüsst’ ich doch den Weg zurück, Den lieben Weg zum Kinderland! O warum sucht’ ich nach dem Glück Und ließ der Mutter Hand?
Die Kindheit, das war die Zeit, als Brahms sich in der Liebe der Mutter aufgehoben fühlte, die Zeit auch, als er das Waldhorn spielte, das seine Mutter so mochte. Tief war die Trauer, als im Februar 1865 seine Mutter starb; das ‚Deutsche Requiem‘ gibt davon Zeugnis und auch die einzigartige Musik des Trios op. 40.
Im Frühjahr 1865 begann Brahms mit der Komposition des ‚Deutschen Requiems‘. Den Sommer verbrachte er in Lichtenthal bei Baden Baden in der Nähe von Clara Schumann. Hier hatte er die Gewohnheit, beim Morgengrauen aufzustehen und weite Spaziergänge in die umgebenden Wälder zu machen. Und hier entstand das Horn-Trio, wie Brahms seinem Freund Dietrich später berichtet, als die Freunde bei einem gemeinsamen Spaziergang zu der Stelle kamen, an der ihm das erste Thema des Ersten Satzes einfiel: „Eines Morgens ging ich spazieren, und wie ich an diese Stelle kam, brach die Sonne hervor und sofort fiel mir das Thema ein.“
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Das Weiche, Milde, die Schlichtheit dieses dem Klang und der Spielweise des Waldhorns entsprechenden Themas bestimmt die Atmosphäre des gesamten Ersten Satzes. Das Andante-Tempo ist für einen Eingangssatz ungewöhnlich, der Aufbau sehr einfach: mehrmals werden jenes ruhige Thema (A) und ein erregterer durch Seufzermotivebestimmter Teil (B; Poco più animato) nebeneinander gestellt: A (hier durch ein Zwischenstück erweitert), B, A‘, B‘, A‘ = Coda.
Im Gegensatz zu der unruhigen Kraft des vielfach gegliederten Scherzo-Hauptteils in Es-Dur steht die Schwermut des gesanglich fließenden Trios in as-Moll.
Das Adagio (mit ‚mesto’ - traurig - zusätzlich charakterisiert) „hat den Charakter einer Klage und wird im Ausdruck tiefer Trauer kaum seinesgleichen finden“ (F. May). Im Tagebuch von Clara Schumann heißt es: „Das Adagio ist wundervoll, allerdings für das Erstemalhören schwer.“ Aus der Sicht ihrer Zeit ist alles ungewöhnlich in diesem Satz, die Harmonik, vor allem die Melodik, die in den Eckteilen wehmütig klingt
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Sie erinnert an das Volkslied ‘Dort in den Weiden steht ein Haus’, das Brahms in seine Volksliedsammlung op. 97 aufgenommen hat, und erweist sich als Anspielung auf das Finalthema.
Während der Hornklang in den ersten drei Sätzen für Wehmut, Klage und Sehnsucht steht, erinnert Brahms im prachtvollen Vierten Satz an das Horn als traditionellen Begleiter der Jagd. Hier im Finale herrscht zumeist Lebensfreude und jubelnder Aufschwung. Das Hauptthema sprüht vor Begeisterung beim Galoppieren der Reiter und beim jubelnden Quart- bzw. Quintsprung des Hornsignals.
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