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Johannes Brahms
(1833-1897)

Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur op. 99

Allegro vivace
Adagio affettuoso
Allegro passionato
Allegro molto

Brahms hat zwei Cellosonaten geschrieben, die erste (op. 38) 1862-1865, die zweite, op. 99, im Jahr 1886, also in der Reifezeit des Komponisten. Es ist auch das Jahr der Violinsonate op. 100 und des Klaviertrios op. 101. Alle drei Werke entstanden in Brahms‘ Feriendomizil am Thuner See. Der Vergleich zwischen Cellosonate und Violinsonate zeigt Unterschiede, wie sie kaum größer sein können: Diese ist idyllisch wie die Landschaft, in der sie entstand - ‚amabile’, ‚tranquillo’, ‚grazioso’ heißt es in den Satzbezeichnungen -, die Cellosonate dagegen ist voller Expressivität und Leidenschaft, voll düsterer Schwere und tiefem Schmerz; in ihren Satzbezeichnungen finden sich die Attribute ‚affettuoso’ und ‚passionato’. Die Violinsonate ist „in Erwartung der Ankunft einer geliebten Freundin“ (Brahms) geschrieben. Gemeint ist Hermine Spieß (1857-1893), für Brahms die ideale Interpretin seiner Altrhapsodie. Es ging das Gerücht um, Brahms habe daran gedacht, sie zu heiraten. Hermine Spieß ist diesen Gerüchten entgegengetreten: „Er mag mich ja ganz gut leiden, denn ich singe seine Lieder nicht schlechter als andere... Aber - dass er mir gehört, das muss ich von mir abwälzen." Dies könnte der Hintergrund sein für das Schmerzlich-Leidenschaftliche der Cellosonate.

Schmerzliche Leidenschaft bestimmt das Hauptthema des Ersten Satzes, das sich aus einer Folge zweitöniger „motivischer Gesten“ (Reclam) im Cello (vgl. Beginn der 4. Sinfonie) zu einem ungestümen expressiven Ganzen zusammensetzt:



Cellosonate op. 99 Satz 1 Hauptthema



Die Klavierbegleitung - das bedeutende Gewicht des kompakten Klaviersatzes ist charakteristisch für die gesamte Sonate - verstärkt diesen Eindruck der düsteren Schwere; mit dem Seitenthema



Cellosonate op. 99 Satz 1 Seitenthema



setzt das Klavier dieser Schwere einen frischeren, einen heroischen Ton entgegen. Die Aufgabe des zweiten Teils eines solchen klassischen Sonatensatzes, die bisher vorgestellten Themen in neugestalteter Form zu zeigen, wird in dieser Sonate auf besondere Weise erfüllt: Die „pathetisch-gestischen Cello-Motive werden in unruhige, harmonisch weit ausgreifende Klangflächen aufgelöst“ (s.o.), am schönsten dann, wenn sich an ihrem Ende (pianissimo dolce) „in ruhigen Akkorden die ersten sieben Töne des Hauptthemas (c f as g d c b) herausbilden“ (s.o.). Der dritte Teil greift auf den ersten zurück, dabei gibt es vor allem zu Beginn einige wichtige Veränderungen gegenüber dem ersten Teil. Ungemein berührend ist die Coda, wenn das Seitenthema zur Idylle sich umwandelt (‚grazioso‘) und dem Leiden und dem Schmerz ein sanftes Ende bereitet.

Das Adagio affettuoso, ein – wie die Satzbezeichnung andeutet – tief ergreifender, anrührender Satz, ist der emotionale Höhepunkt dieser Sonate. Im ersten Teil des dreifach gegliederten Satzes (ABA‘) beginnt das Klavier eine weit geschwungene Kantilene, das Cello setzt neu an und führt sie mit großem Atem und herzbewegender Geste fort:



Cellosonate op. 99 Satz 2 Hauptthema



Hinzu kommt der zunächst vom Cello im Pizzicato intonierte begleitende, aber sehr selbständige Kontrapunkt zu dieser Kantilene:



Cellosonate op. 99 Satz Kontrapunktthema



Das Thema des Mittelteils (B) beginnt mit einem vom Cello eingeführten charakteristischen Sextsprung aufwärts; die Klavierbegleitung – zunächst Akkorde in synkopisierendem Metrum - wird zunehmend unruhiger. Das umfangreichere Stück dieses Mittelteils ist eine auf wunderschöne Weise allmählich zur Ruhe kommende Überleitung zum dritten Teil, der den ersten variiert wiederholt (A‘). Der Pizzicato-Kontrapunkt des Beginns wird bei dieser Überleitung bedeutsam und auch ein kurzes Zitat aus Schumanns ‚Frauenliebe und Leben‘ (‚Nun hast du mir den ersten Schmerz getan‘, Nachspiel).



Die Dreiteilung gilt auch für den Dritten Satz, der das Scherzo in dieser Sonate vertritt, freilich ein düster-leidenschaftliches Scherzo, wie das ‚passionato‘ in der Satzbezeichnung es ankündigt. Die Ecksätze werden bestimmt durch ein Thema mit kleinsten Intervall-Schritten (entsprechend dem Beginn des Schluss-Satzes der 3. Sinfonie), deren Chromatik eine der Ursachen für die düstere Unruhe dieses Satzes ist:



Cellosonate op. 99 Satz 3 Hauptthema



Auch ein Weckruf in Dur



Cellosonate op. 99 Satz 3 Weckruf



befreit nicht aus dem dunklen Traum, ein wenig aber eine friedvolle Kantilene des Cellos (‚dolce ed espressivo’) im Mittelteil, bei der Brahms die seit der Barockzeit selten gewordene Echowirkung einsetzt. Die Kantilene steht im Wechsel mit einer mehr vom Klavier bestimmten, ein wenig nervös wirkenden Passage. Der dritte Teil ist eine notengetreue Wiederholung des ersten.

Nachdem in den drei ersten Sätzen das Schmerzlich-Leidenschaftliche überwiegt, verspricht das Rondo-Thema des Vierten Satzes einen leichten, freundlichen Ausklang. Es erscheint vier Mal gleichsam als Kehrreim. Die Strophen, also die Zwischenspiele zwischen den Kehrreimen, bilden den Kontrast zum Freundlichen dieses Kehrreims: Die erste klingt recht markant, ja martialisch und in der zweiten wird eine seltsam strenge Melodie vorgetragen. Nachdem der Kehrreim zum dritten Mal erklungen ist, wird das markante Thema der ersten Strophe verändert wiederholt. Mit einem verkürzten vierten Erscheinen des Kehrreims im Pizzicato beginnt die Coda dieses recht kurzen Satzes.

April 2020



Cellosonate e-Moll op. 38

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