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Béla Bartók
(1881-1945)

Streichquartett Nr. 6 Sz 114

Mesto - Più mosso, pesante - Vivace
Mesto - Marcia
Mesto - Burletta
Mesto

Ein Blick auf die Satzangaben des 6. und letzten Streichquartetts Bartóks zeigt eine auffallende Besonderheit: Alle Sätze beginnen mit einer Mesto-Einleitung (mesto - traurig, betrübt). Dass zu Beginn eines Satzes in einem nach dem Sonatenaufbau geschaffenen Werk eine langsame, meist besinnlich-schwermütige Einleitung steht, ist in der klassisch-romantischen Musik nicht unüblich; unüblich aber ist, dass dies bei allen Sätzen der Fall ist und dass alle Mesto-Teile von demselben Thema leben und der 4. Satz sogar ausschließlich dieses Thema entwickelt.

Das Datum der Entstehung erklärt die getrübte Stimmungslage dieses Quartetts: Geschrieben wurde es kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und „steht auch im Zeichen des absehbaren Todes der geliebten Mutter, nach dem es für Bartók kein Verbleiben in Europa mehr geben konnte.“ (Deutschlandradio Kultur) „Ein Sprung ins Ungewisse aus dem gewusst Unerträglichen“ nennt Bartók diese Entscheidung.
Uraufgeführt wurde das Quartett am 20. Januar 1941 in New York.

Das chromatisch geprägte Mesto-Thema wird im Ersten Satz von der Bratsche solo eingeführt:



Streichquartett Nr. 6 Satz 1 Mesto-Thema



Diesem Solo folgt einige Takte lang eine zweite Einleitung: Più mosso, pesante (bewegter als der Mesto-Teil, schwer), zunächst unisono, dann akkordisch. Nach einem lang angehaltenen Fortissimo-Akkord wird das in Gruppen von je drei Achteln gegliederte, ebenfalls chromatisch geprägte Hauptmotiv des ‚Vivace‘ satztechnisch höchst kunstvoll eingeführt:



Streichquartett Nr. 6 Satz 1 Hauptthema



Ein ruhigeres Seitenthema



Streichquartett 6 Satz 1 Seitenthema



unterbricht nur kurz die nervöse Bewegung der Drei-Achtel-Gruppen. Mit der Wiederholung des ‚Pesante‘ ist der erste Teil, der die Themen einführte, abgeschlossen bzw. beginnt der zweite Teil, der die bisher vorgestellten Themen, hier im wesentlichen das erste, zergliedert, neu kombiniert, neu ordnet. Dieser Mittelteil kann nicht - wie es in Klassik und Romantik oft geschah - durch interessante harmonische Veränderungen beeindrucken - es fehlt der tonale Bezugspunkt -, wohl aber durch eine immense Verdichtung des linearen Gewebes. Der dritte Teil greift auf den ersten zurück, verändert ihn, vor allem verkürzt er ihn stark. In der Coda verklingt der Satz mit einem zarten Pianissimo.

Das Mesto-Thema, das dem 'Marsch' des Zweiten Satzes vorausgeht, erscheint im Cello, wird nun aber auf sehr intensive Weise begleitet und kontrapunktiert durch die übrigen Instrumente.
Die Eckteile des 'Marschs' erinnern mit ihrem punktierten Rhythmus und durch die Spielanweisung ‚risoluto‚ ben marcato‘



Streichquartett 6 Satz 2 Thema Eckteile



noch am ehesten an einen Marsch. Beim Ausklang dieser Eckteile deutet sich in den Violinen ein melodisches Motiv an, das entfernt an Zigeunermusik erinnert.
An Zigeunermusik erinnert auch der Mittelteil: Das Pizzicato der Bratsche ersetzt die Gitarre, das Tremolo der Geigen das Cymbal und die Glissandi des Cellos, das hier die Melodie übernommen hat, lassen an den Primas einer Zigeunerkapelle denken.

Der Mesto-Beginn wird von Satz zu Satz eindringlicher; er beschränkt sich im Dritten Satz auf die Dreistimmigkeit. Seine große Intensität entsteht u. a. dadurch, dass Bratsche und 1. Violine unisono spielen. Die ‚Burletta‘ ist so witzig und komisch, zum Teil sogar grotesk, wie es die Satzbezeichnung verspricht. Sie wäre mit dem traurigen Clown des Zirkus zu vergleichen, hinter dessen Maske sich die Trauer verbirgt, und gehört auf diese hintergründige Weise zum ‚mesto‘ des ganzen Quartetts. Diese burleske Musik umschließt einen Mittelteil, der mit seiner stimmungsvollen Lyrik (‚dolce‘ zu spielen) einen Kontrast bildet zum Burlesken der Eckteile. In der Coda wechseln sich Lyrisches und Komisches für kurze Zeit ab.

Der Vierte Satz macht in seiner tiefen Trauer deutlich, was auch die drei bisherigen Sätze bestimmt hat: Verzweiflung über den Lauf, den die Weltgeschichte und Bartóks persönliches Geschick genommen haben.
Die satztechnisch höchst feinsinnige polyphone Entwicklung des Mesto-Themas, die Variationen dieses Themas und seiner Motive werden einige Male kurz unterbrochen: durch einige forte zu spielende dramatisch wirkende Takte mit größeren Intervallen, durch fahl klingende (senza colore) lang anhaltende Akkorde, durch ein Unisono-Forte auf übereinanderliegenden Quarten, Quinten und Sechsten des Cellos. Gegen Ende wird der Streichquartett-Klang verfremdet durch besondere Spieltechniken (Tremolo in der Nähe des Griffbretts und dicht am Steg), durch einen Aufschrei im Fortissimo. Ein letztes Mal wird das Mesto-Thema angedeutet - wie zu Beginn des Quartetts von der Bratsche - und mit gezupften Akkorden des Cellos klingt der Satz pianissimo wie mit einer Frage aus.

März 2020



Streichquartett Nr. 5 (1934)

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