Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Sonate für Klavier und Violine F-Dur KV 377
Allegro Thema (Andante) mit Variationen Tempo di Menuetto
Sechs Violinsonaten, heute bekannt unter den Köchelverzeichnisnummern 296 und 376 – 380, fasste Mozart selbst als Opus 2 zusammen und veröffentlichte sie 1781 unter dem Titel „Sechs Sonaten für das Cembalo - oder das Fortepiano - mit Begleitung einer Violine“. Über diese Sonaten schrieb ein unbekannter Kritiker zu derselben Zeit: „Diese Sonaten sind die einzigen in ihrer Art (= einzigartig). Reich an neuen Gedanken und Spuren des großen musicalischen Genies des Verfassers. Sehr brillant, und dem Instrumente angemessen. Dabey ist das Accompagnement (Begleitung) der Violine mit der Clavierpartie so künstlich (= kunstvoll) verbunden, daß beide Instrumente in beständiger Aufmerksamkeit unterhalten werden; so daß diese Sonaten einen eben so fertigen Violin- als Klavierspieler erfordern." (aus A. Einstein) Es fällt sowohl an dem Titel als auch an der Kritik auf, dass die Violine nur als Begleitinstrument erwähnt wird – ein Relikt aus der Zeit vor 1777, also vor den ersten großen Violin-Sonaten Mozarts. Mittlerweile hatte sich bei Mozart die Violine emanzipiert, so dass beide Instrumente gleichen Anteil am musikalischen Geschehen haben. Die Formulierung „Accompagnement der Violine“ ist beibehalten, die Kompositionsweise aber fortgeschritten.
Wie sehr fortgeschritten, hat schon der zeitgenössische Kritiker erkannt. Für seine Zeit war er selten hellsichtig, wenn er die Sonaten op. 2 einzigartig nennt.
Und vor allem die F-Dur-Sonate KV 377 ist einzigartig. Heiter ist der Erste Satz und mit den zweimal sieben abwärtsgehenden Tonleiterschritten als Beginn des Hauptthemas scheinbar simpel, auch dass es keinen wesentlichen Unterschied zwischen Haupt- und Seitenthema gibt, unterstreicht die scheinbare Einfachheit. Aber schon die eine oder andere auffällige harmonische Wendung lässt etwas Besonderes vermuten. Und die Vermutung wird im weiteren bestätigt: Die Heiterkeit wird gestört durch Chromatik in der Triolenbegleitung, einige harte Akzente irritieren.
Es irritiert auch das Moll des Zweiten Satzes. Lieblich und doch voller Schwermut erklingt ein zweiteiliges Thema, über das Mozart sechs Variationen schreibt. Bei den ersten drei wird die Stimmung des Themas im Grunde beibehalten, doch ist eine zunehmende Unruhe zu verspüren. In der vierten Variation ist diese Unruhe gesteigert; der Ausdruck wechselt von lieblicher Schwermut in harte Strenge. Und wieder wechselt die Stimmung: die fünfte Variation klingt zart und weich, die einzige, die in Dur steht (was ja eigentlich ‚hart‘ bedeutet). Beendet wird die Kette der Variationen mit einem ‚Siciliano‘, also einer Weise im 6/8-Takt mit wiegendem Rhythmus – wunderschön ist die tänzerische Anmut dieser letzten Variation.
Den Dritten Satz, ‚mit Tempo di Menuetto‘ überschrieben, bezeichnet A. Einstein als „Balsam auf eine wunde Seele“ und meint, dass „ein solcher Satz wirklich «einzig in seiner Art» ist, nicht nur unter Mozarts Zeitgenossen, sondern auch sämtlichen Nachfahren.“ Gemeint hat er sicher vor allem den innigen Ausdruck der Eckteile, die zwei unterschiedliche Trio-Teile umschließen.
August 2015
|