W.A. Mozart/J.S. Bach
5 vierstimmige Fugen für Streichquartett KV 405
1. Wohltemperiertes Klavier II Fuge 2 c-Moll 2. Wohltemperiertes Klavier II Fuge 5 D-Dur 3. Wohltemperiertes Klavier II Fuge 7 Es-Dur 4. Wohltemperiertes Klavier II Fuge 8 dis-Moll, bei Mozart nach d-Moll transponiert 5. Wohltemperiertes Klavier II Fuge 9 E-Dur
zu den fünf Fugen Die große Kunst der Fuge liegt zunächst im Handwerklichen: Ein Thema erklingt kanonähnlich nacheinander in allen drei oder vier Stimmen (mehr Stimmen sind die Ausnahme), flieht also von einer Stimme zur anderen bzw. versucht die jeweils nächste zu fangen. Es gibt die Vergrößerung und Verkleinerung der Notenwerte dieses Themas, die Umkehrung seiner Intervalle, die Engführung des Themas (ineinandergeschobene Einsätze) und andere Künste. Jede der Stimmen muss durch die ganze Fuge hindurch selbständig geführt werden; wenn z. B. die zweite Stimme mit dem Fugenthema einsetzt, muss die erste Stimme eine passende melodische Linie dazu entwickeln, den Kontrapunkt zum Thema – oft wird er aus dem Material des Themas gebildet. Das Entscheidende aber, das, was Mozart überwältigt hat: dass Bachs Fugen nicht nur höchst artifizielle Kunst-Stücke sind, sondern große, lebendige Musik.
Bachs ‚Wohltemperiertes Klavier Teil II‘ (1744), aus dem Mozart 38 Jahre später fünf vierstimmige Fugen für Streichquartett gesetzt hat, ist eigentlich schon ein Rückblick auf diese zur Zeit des alten Bach aus der Mode gekommene Kunst. Für Mozart ist die Entdeckung der Bachschen Fugenkunst ein Neuanfang. Sie hat ihn zu immer vollkommeneren Werken inspiriert. Kennengelernt hatte er sie 1782 im Hause des Barons van Swieten, der Kaiserlicher Gesandter in Berlin gewesen war und dort mit Werken Händels und Bachs Bekanntschaft gemacht und eine Sammlung von Drucken und Abschriften dieser Komponisten mit nach Wien gebracht hatte, u. a. auch „Die Kunst der Fuge“ und das „Wohltemperierte Klavier“.
Bei seiner Bearbeitung der Bachschen Klavier-Fugen hat Mozart wohl solche ausgewählt, die er für Streichinstrumente geeignet hielt. Sie detailliert zu analysieren, dafür ist hier nicht der Platz. Es müssen kürzeste Andeutungen genügen (die Beispiele sind der Klavierfassung entnommen). Die erste Fuge mit dem recht einfachen Thema
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ist weit über die Hälfte dreistimmig; erst spät setzt auch im Bass das Thema ein und zwar sehr eindrucksvoll in der Vergrößerung (Viertel satt Achtel). Besonders bemerkenswert sind die harmonischen Veränderungen in der Mitte der knapp zwei Minuten dauernden Fuge und die Coda, die mit der Engführung des Themas einsetzt.
„Die vier Anfangsnoten des Themas der zweiten Fuge
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durchklingen den Satz wie Hammerschläge und schmieden ihn zu einer tönenden Konstruktion von unverbrüchlicher Festigkeit zusammen.“ (Reclams Klaviermusikführer)
Die dritte Fuge lebt von der rhythmischen Spannung ihres Themas,
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die bei schnellerem Tempo möglicherweise offensichtlicher wird als bei langsamem – die Wahl des richtigen Tempos ist eine wesentliche Aufgabe der Interpretation.
Die vierte Fuge, die Mozart für die Streicher von dis-Moll nach d-Moll transponierte, ist vielleicht die ausdruckvollste dieser fünf Fugen. Das Thema
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ist durch den chromatischen Anfang eindringlich, die Harmonien sind farbig, das polyphone Spiel mit dem jeweiligen Themeneinsatz durchsichtig. Wieder ist die Coda ein Höhepunkt, wenn über dem Thema im Bass nun Akkorde erklingen und auch in den weiteren Takten scheinbar die Polyphonie einer Homophonie weicht.
Für die fünfte Fuge ist auch der zweite Themeneinsatz und der dazugehörende aufwärtsteigende Kontrapunkt abgebildet:
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Es ist ein Wunder, wie man aus einem solch schlichten Thema solch großartige, atmende Musik machen kann, besonders schön auch hier in der Coda, wenn in der Oberstimme das Fugenthema und seine Fortsetzung wie eine Choralmelodie anmuten.
Dez. 2015
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KV 387 G-Dur / KV 421 d-Moll
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