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Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Streichquartett G-Dur KV 387
Allegro vivace assai Menuetto: Allegro Andante cantabile Molto allegro
Mozart hat Haydn sehr verehrt, wie einen Vater geliebt; und er hat, seit er 1773 versucht hatte, Streichquartette im Stil Haydns zu komponieren, dessen Überlegenheit anerkannt und nahezu zehn Jahre in dieser Gattung geschwiegen. Als dann Haydn - ebenfalls nach zehnjähriger Pause - 1781 „auf eine ganz neue besondere Art“ (gemeint ist die thematische Arbeit und die Gleichwertigkeit aller vier Instrumente) sich wieder dieser Gattung zuwendet, schreibt Mozart zwischen 1782 und 1785 einen Zyklus von sechs Quartetten (KV 387, 421, 428, 458, 464, 465) und widmet ihn zum Zeichen seiner Verehrung seinem lieben Freund Haydn („caro amico Haydn“); seitdem heißen diese Werke die ‘Haydn-Quartette’. Sie sind u. a. auch das Ergebnis eines intensiven Studiums der Quartette Haydns. Ausdrücklich schreibt Mozart in seiner Widmung, seine Quartette seien ‘il frutto di una lunga e laboriosa fatica’ (die Frucht einer langen und mühsamen Arbeit), was auch die Korrekturen in der Handschrift bezeugen. Und dieses Mal erreicht, übertrifft Mozart sein Vorbild; die ‚Haydn-Quartette’ sind „einer der steilsten Gipfel europäischer Kammermusik überhaupt“ (J. Dohm).
Mozart hatte sich nicht nur mit der Musik Haydns auseinandergesetzt, sondern seit der Zeit der ‚Haydn-Quartette’ auch mit der Bachs und Händels. So zeigt der Erste Satz von KV 387 die Kombination von Haydns motivischer und Bachs kontrapunktischer Kompositionstechnik. Sein Hauptthema, voller Spannkraft und Eleganz,
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wird sogleich motivisch (Spiel mit den vier Sechzehntel, der Viertel- und der Achtelnote) und kontrapunktisch in Form eines Kanons verarbeitet. Das einem barocken Gesellschaftstanz ähnelnde Seitenthema
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„erscheint in homophonem Satz“ (Reclam). Akkordisch sind auch die zwei Takte der punktierten Schlussfloskel gesetzt, die den ersten Teil beschließen. Der zweite Teil des Satzes hat die Aufgabe, das bisher gehörte abzuwandeln und in neuem Licht erscheinen zu lassen. Er beschränkt sich dabei auf das Hauptthema, das zunächst von 1. Violine, dann von der zweiten und der Bratsche kadenzartig umspielt wird und sich in leidenschaftlicher Gespanntheit entwickelt. Unterbrochen wird diese Entwicklung von der punktierten Abschlussfloskel, dann freundlicher zu Ende geführt und von jener Abschlussfloskel beendet. Der dritte Teil greift nach der Tradition auf den ersten zurück, so - mit einigen Veränderungen - auch hier.
Das Besondere des Menuetts ist der schroffe Gegensatz zwischen dem freundlich-melancholischen eigentlichen Menuett-Teil und dem dramatischen Mittelteil (‚Trio’), der selbst wieder geprägt ist durch Stimmungswechsel zwischen dramatisch und leise-wehmütig.
Das Andante cantabile beginnt mit scheinbar harmlosem C-Dur; doch schon nach sieben Takten entwickelt sich mit dem Motiv der drei sich wiederholenden Achtel, mit dem das einleitende Doppelschlag-Thema endet, ein Satz von tiefer Trauer, über die auch Zweiunddreißigstel-Figuren nicht hinwegspielen können. Auch ein zweites wunderschönes Thema kann diesen Eindruck von Trauer nicht löschen. Das bisher Gehörte wird wiederholt, vor allem zu Beginn erweitert. Es ist kaum zu begreifen, wie diese Erweiterung die Empfindung von Trauer noch vertiefen kann.
„Das Finale stellt wohl eine der größten kompositorischen Leistungen Mozarts dar“ (M. Flothuis), eine Vorwegnahme des Schluss-Satzes der ‚Jupiter-Sinfonie’. Strenge kontrapunktische Arbeit wird zusammengefügt mit spielerisch-leichten Einfällen. Dem als vierstimmiges Fugato vorgestellten Hauptthema
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folgen unmittelbar - wie ein Abschluss - muntere Achtelläufe, die nach wenigen Takten in ein polyphones Geflecht geraten. Ein chromatisches Abwärts bereitet ein zweites Fugato vor (hier der Bratscheneinsatz),
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das nach dem Durchgang des Themas durch die einzelnen Stimmen mit dem ersten Fugato zu einem Doppelfugato verschmilzt. Nach so viel strenger Kompositionstechnik wirkt ein drittes Thema, „das eigentliche Seitenthema“, (Villa Musica) ausgesprochen munter-verspielt (Beispiel aus dem dritten Satzteil):
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Der Mittelteil des Satzes beginnt in faszinierender Weise mit einer chromatischen Aufwärtsbewegung in farbigen Harmonien. Dann wird das erste Fugato-Thema durch eine wunderschöne Reihe verschiedener Tonarten geführt. Der dritte Teil greift den ersten wieder auf, fügt aber dem Bekannten schöne Neuerungen hinzu. Auf das Hauptthema verzichtet Mozart zunächst, das bewahrt er sich für das Doppelfugato und die Abschlusstakte auf.
Juni 2020
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KV 173 d-Moll / KV 405 Bach-Fugen
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