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Mozarts ‚Zauberflöte‘: Menschheitsvermächtnis oder Konzession an Modegeschmack?
Aufführung in Bergisch Gladbach am 27. Februar 2002 durch die Staatsoper Breslau

Wenige große Werke der Musik sind so unterschiedlich bewertet worden wie Mozarts ‚Zauberflöte‘. Für die einen ist diese Oper „Vermächtnis an die Menschheit“, „Appell an die Ideale der Humanität“ (Alfred Einstein); für andere ist es ein Werk von „innerer Unwahrhaftigkeit“, „ein letzter energischer Versuch, sich zu sanieren, und sei es durch Konzession an das >Populare<“ (Wolfgang Hildesheimer), denn Zauberopern waren Mode in Wien.

Nun ist ‚volkstümlich‘ noch kein Negativ-Kriterium; negativ ist nicht, dass die ‚Zauberflöte‘ vom Märchenhaften und vom Bühnenzauber lebt, von Feuerwerk und Knalleffekt. Auch Naivität ist nichts Negatives; doch manche sehen hier in Text und auch in der Musik zu viel des Guten; zu Mozart als Opernkomponisten passt eher ironische Distanz (siehe ‚Così fan tutte‘), nicht aber das naive Pathos der heil‘gen Hallen.

Aber zunächst eine Übersicht über den Inhalt (von Alfred Einstein): „Sarastro, der Vertreter des Lichts, der Güte, der Humanität, und die Königin der Nacht stehen sich feindlich gegenüber: Sarastro hält ihre Tochter Pamina bei sich gefangen, um sie vor dem Einfluss der Mutter zu bewahren. Die Königin glaubt in Tamino, der in ihren Bereich geraten ist, das Werkzeug zu erkennen, Pamina zu befreien und sie selber an Sarastro zu rächen. Sie erscheint ihm, der durch ein bloßes Bildnis in Liebe zu Pamina entbrannt ist, gibt ihm den Naturburschen Papageno als Begleiter mit und versieht beide mit hilfreichen Zauberinstrumenten: Tamino mit einer Flöte, Papageno mit einem Glockenspiel. Aber ihr Plan misslingt, obwohl sie in dem Mohren Monostatos, der Pamina mit seiner Geilheit verfolgt, einen Verräter an Sarastro gewinnt. Tamino gerät in den edlen Bann Sarastros und seiner Gefährten. Um in ihren Kreis aufgenommen zu werden, unterzieht er sich den schwersten Prüfungen, an denen Papageno minder erfolgreich teilnimmt. Der zweite Akt endet mit der Vereinigung des Liebespaares und seiner Aufnahme in die humane Gemeinschaft und mit der Niederlage der Königin.“ Soweit Alfred Einstein

Zu ergänzen ist der Inhalt des Zweiten Akts: Die Königin verlangt von Pamina, dass sie Sarastro tötet; und Pamina sei ihre Tochter „nimmermehr“, wenn sie nicht der Mutter gehorche. Pamina findet für dieses Ansinnen der Mutter eine Entschuldigung: der Schmerz, von der Tochter getrennt zu sein, habe sie dazu geführt; doch morden kann sie nicht. Nun will Monostatos der Königin und ihrer Tochter helfen; Bedingung: Pamina solle ihn lieben – auch das weist Pamina ab. Dann erscheint Sarastro und es wird alles gut in den heil'gen Hallen, „Weil man dem Feind vergibt“. Pamino muss noch seine Prüfungen bestehen, Papageno bekommt seine Papagena und dem Happy-End steht nichts im Wege – doch zuvor eine dramatische Verzögerung: Pamina will sich umbringen, weil sie sich von Tamino verlassen fühlt; und auch Papageno will sich töten, weil er glaubt, Papagena sei verschwunden. Schließlich versucht die Königin der Nacht mit ihren Drei Damen und Monostatos, dem sie für seine Hilfe ihre Tochter versprochen hat, „die Frömmler (zu) tilgen von der Erd“; aber die vier Frauen werden - wie Don Giovanni - „in ewige Nacht“ gestürzt – für die drei Damen ist es schon der zweite Höllensturz in dieser Oper.

Hildesheimer stören an diesem Textbuch „Ungereimtheiten“. Sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen hier sprengen. Ein Beispiel für viele: Ungereimtheiten bei der Gestalt der Königin der Nacht - Pamina nennt sie „meine gute Mutter“ (I,11), eine Mutter, die um ihre geraubte Tochter trauert, eine tragische Gestalt: „Zum Leiden bin ich auserkoren – und der G-Moll-Musik Mozarts ist nicht anzuhören, dass die Königin sich verstellt. Der zweite Teil dieser Arie in B-Dur zeigt sie dann als Rächerin, die in jubelnden Koloraturen den Sieg vorwegnimmt und Tamino ihre Tochter zur Frau verspricht. Diese Koloraturen wiederholen sich in der berühmten ‚Der-Hölle-Rachen-Arie‘, als sie ihre Tochter auffordert, Sarastro zu ermorden: Hier hat sie sich von der tragisch Leidenden zur teuflischen Verbrecherin gewandelt. Das mag noch plausibel sein, nicht aber, dass sie dem ‚bösen’ Mohren Monostatos, dem Diener des Sarastro, ihre Tochter verspricht. Ist diese Königin der Nacht nun eine tragische Gestalt, die um ihre geraubte Tochter trauert, oder die teuflische Verbrecherin?

Die Behandlung der Figur des Monostatos geht über das Thema ‚Ungereimtheiten‘ hinaus und gehört zur Rubrik ‚Ärgerliches‘. Wie verträgt sich die Vorstellung, dass die Oper die „Hoffnung auf den Sieg des Lichts, der Humanität, der Menschheitsverbrüderung“ (Einstein) verkünden soll, mit der rassistischen Selbstverständlichkeit, mit der das Böse durch einen Mohren verkörpert wird? Zeitgeist, Konzession an das Publikum – aber Lessings ‚Nathan‘ war 1791, als die ‚Zauberflöte‘ entstand, schon 12 Jahre auf der Bühne!

Ärgerlich ist z. B. auch, dass Sarastro, der edle Vertreter des Humanitätsideals, zwar in seinen Hallen die Rache nicht kennt, aber seinem Diener Monostatos so ganz nebenher siebenundsiebzig Stockschläge auf die Sohlen verabreichen lässt, weil dieser von Pamina „Liebe verlangte“. Dabei hätte Monostatos eher Mitleid verdient, „weil ein Schwarzer hässlich ist“ und er darum kein „Weib findet“. Auch Sarastro hatte die Schönheit Paminas bemerkt; dieser göttliche Weise hatte selber nach Paminas Liebe verlangt - sicher ein Motiv für die Entführung. Seinen Priestern sagt er: „Die Götter haben dem Tamino die tugendhafte Pamina bestimmt. Dies ist der Grund, warum ich sie der Mutter entriss.“ Dass die Mutter dem Prinzen ihre Tochter verweigert hätte, erfährt man nicht und ist auch nicht plausibel.

Ein Ärgernis ist auch, dass die Frauen von der großen Menschheitsverbrüderung ausgeschlossen sind - die Freimaurerlogen, die bei der Idee der Menschlichkeit in der Zauberflöte Pate gestanden haben, waren eine Männerwelt. Ein Priester in Sarastros Tempel der Weisheit verkündet: „Ein Weib tut wenig, plaudert viel“ und warnt: „Bewahret euch vor Weibertücken“. Tamino spricht vom „Geschwätz, von Weibern nachgesagt“; die drei Damen, die ihm das Leben gerettet haben, sind für ihn „gemeiner Pöbel“. Das Urteil über sie: „Hinab mit den Weibern zur Hölle!“ Ohne die Lenkung durch die Männer gehen die Frauen in die Irre: „Ein Mann muss eure Herzen leiten,/Denn ohne ihn pflegt jedes Weib/Aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten.“ (I,15) Als Tamino durch die Schreckenspforten der Prüfung gehen will und Pamina erscheint, setzt er ganz selbstverständlich voraus: „nun kann sie mit mir gehen ... wenn auch der Tod beschieden wär!“. Und die sich aufopfernde Frau geht selbstverständlich mit.

Das Textbuch Schickaneders ist nicht gerade vom Besten, oft unfreiwillig komisch, und wahrscheinlich hat auch noch ein Karl Ludwig Giesecke mitgemischt. Der war zu jener Zeit ein kleiner Schauspieler an Schickaneders Theater und später ein berühmter Professor für Mineralogie. Man vermutet, dass das Frauenverachtende in der Zauberflöte auf ihn zurückgeht. Zu Mozart passt es nicht. Zu Mozart passt, dass ihm das Schönste dieser Oper zu den Frauen eingefallen ist: das Einmalige des Damen-Terzetts – in deren Rivalitätsszene zeigt sich auch Mozarts ironische Distanz; vor allem zu Pamina: „Ihre Musik gehört zum Sublimsten, das Mozart geschrieben hat“, meint Hildesheimer. Und auch sonst gibt es herrliche Musik in diesem Singspiel, für die es lohnt, in die Oper zu gehen, etwa den Gesang der beiden Geharnischten; so herrlich, dass die gesprochenen Dialoge des Singspiels nur stören.

Wer das Textbuch nicht mag, halte sich an die schöne Musik. Wenn jemand mit Alfred Einstein, der sich auf Goethe berufen kann, das Textbuch genial findet – um so besser.





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