Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Klaviertrios
Oratorium
Streichquartette
Klavier solo
Kammermusik
Orchester- und Chormusik
Sonaten
sonstige Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Operette
Kammermusik
Werke für Cello
Kammermusik
Kammermusik
Klavier
Kammermusik
Kammermusik
Opern
Streichquartette
Klaviertrio
Streichquintette
Sonaten
Oktett op. 20
Klavier
Variationen
Messiaen Kammermusik
Divertimenti
Klavier solo
Klavierkonzerte
Klaviertrios
Klavierquartette
Opern, Arien
Streichduos
Streichtrio KV 563
Streichquartette
Streichquintette
Werke mit Bläser
Violin-Sonaten, -Variationen

Faszination des Verführers

Die Oper aller Opern - Mozarts ‚Don Giovanni’ in Bergisch Gladbach

Was ist es, was an der Gestalt des Verführers so fasziniert? Der unbewusste oder auch offensichtliche Wunsch der Frauen, von solch einem Mann verführt zu werden, die Sehnsucht der Männer, so zu sein wie jener, das Verlangen der Betrogenen und der Hüter der Moral, dass ein solcher Bösewicht zur Hölle fährt?

In dem Register, das Don Giovannis Diener Leporello über die Liebschaften seines Herrn führt, sind es allein in Spanien tausendunddrei, die verführt wurden; drei von ihnen lernen wir kennen: Donna Elvira, die auf das Eheversprechen pocht, auf Vergeltung dringt und der Leporello mit seiner Register-Arie voller Spott entgegenhält: Du bist die Erste nicht und nicht die Letzte.
Die junge Bäuerin Zerlina, die schon aufgrund ihres niederen sozialen Stands der Faszination des ‚großen Herrn’ erliegt und bereit ist, seiner Aufforderung ‚Komm auf mein Schloss mit mir’ zu folgen. Sie begibt sich in Gefahr und kommt - fast - darin um. Masetto, ihr Bräutigam, ist zerrissen zwischen Zorn auf seine leichtsinnige Braut und Wut auf seinen adligen Herrn - wie Figaro ein Rebell gegen den Missbrauch der Macht.
Und schließlich die Dritte, Donna Anna. Viel ist darüber gerätselt worden, ob sie nicht ihrem Verführer leidenschaftlich verfallen ist, ob sie sich darum seinen Verführungskünsten nicht entschieden genug zur Wehr gesetzt hat, ob ihr Hass auf Don Giovanni nicht Hassliebe einer Verführten ist, die sich verletzt fühlt, als sie merkt, dass sie nur eine unter vielen ist. Das Textbuch lässt hier manches unklar und darum solche Vermutungen zu.

Die Handlung beginnt nachts vor dem Haus des Komtur (= Commendatore). Don Giovanni stürzt aus dem Haus, verfolgt von des Komturs Tochter Donna Anna. Er verbirgt sein Gesicht, will unerkannt bleiben. Donna Anna hält ihn am Arm, will wissen, wer in ihr Haus eingedrungen war; und sie will dessen Verderben. Der Vater kommt, versucht mit dem Degen Don Giovanni aufzuhalten; der weigert sich zunächst, mit dem Alten zu kämpfen; doch der Komtur gibt nicht auf und Don Giovanni muss ihn töten, um fliehen zu können.

Was war passiert im Haus des Komtur? Später berichtet Donna Anna es ihrem Verlobten Ottavio: Don Giovanni, der befreundete Nachbar, sei in ihr Haus eingedrungen, ohne dass sie ihn erkannt habe, vielmehr habe sie zuerst gemeint, es sei Ottavio. Sie habe bald den Irrtum erkannt, sei von dem Eindringling umfasst und am Schreien gehindert worden. In ihrer Todesangst habe sie sich befreien können. Ottavio glaubt ihr und will bei der Rache helfen.

Es bleiben Fragen: Wieso traut sie ihrem braven Verlobten Ottavio zu, dass er in ihr Haus eindringt? Warum zögert Donna Anna immer wieder, Ottavio zu ehelichen? Wieso hat sie Don Giovanni nicht sofort an Stimme und Haltung erkannt, sondern erst einige Szenen später? Die Musik könnte Donna Anna Lügen strafen; sie sage, so meinen die Interpreten, über Donna Annas Leidenschaft mehr als im Textbuch steht.

Das Textbuch ist ein großer Wurf (vgl. dazu und zur der Bemerkung über Casanova weiter unten: H.-J. Ortheil, Die Nacht des Don Juan), bietet glänzende Anlässe für herrlichste Musik. Der Autor Da Ponte nennt sein Stück ‚Dramma giocosa’, ein heiteres Drama also mit Verwechslungen und Verkleidungen (Leporello muss den Don Giovanni spielen, Don Giovanni versteckt sich hinter des Maske des Leporello), durchsetzt mit prägnantem Witz, böser Ironie und schlimmer Intrige; ein Lustspiel aber auch durchwirkt mit höchst tragischen Elementen und großen Gefühlen. Und in kürzester Zeit verfasst, so dass die Unklarheiten - was die Motive der Donna Anna angehen - auch durch die Eile begründet wären; und es bleibt weiter offen, ob Donna Anna nicht doch der Faszination des Verführers erlegen ist.

Unter Zeitdruck stand auch Mozart und wollte vielleicht deshalb Da Ponte nicht korrigieren: Die Prager wünschten sich nach dem Erfolg des Figaro (Dezember 1786) eine weitere Oper von Mozart. Etwa im Juni 1787 begann Mozart mit der neuen Komposition und am 29. Oktober 1787 konnte der ‚Don Giovanni’ in Prag aufgeführt werden, die Ouvertüre wurde noch in der Nacht vor der Aufführung niedergeschrieben und die Musiker mussten sie von feuchten Notenblättern spielen.

Eine interessante Pointe: Bei dieser Uraufführung war auch der Mann zugegen, der in der Wirklichkeit das gelebt hatte, wofür Don Giovanni auf der Bühne steht: Casanova.

Was mag er gedacht haben, zum Beispiel über die Höllenstrafe, die den Verführer trifft? Möglicherweise hat er sie nicht so recht ernst genommen wie möglicherweise auch Mozart. Für den spanischen Geistlichen Tirso de Molina, der im 17. Jahrhundert die Don-Juan-Gestalt zum ersten Mal auf die Bühne brachte, mag die Bestrafung des Bösewichts ein Herzensanliegen gewesen sein. Das 18. Jahrhundert schätzte nicht die ewige Verdammnis eines Menschen, den die leidenschaftliche Suche nach Erfüllung umtreibt, selbst auf Kosten der Moral - bei Goethe wird Faust, ein ‚Verwandter’ des Don Giovanni, gerettet und entgegen der Volkssage nicht vom Teufel geholt. Und auch Mozart hat für Don Giovanni Sympathie, und es ist ihm durchaus zuzutrauen, dass er bei der großartigsten, musikalisch erschütterndsten aller Opernszenen den Handlungsverlauf mit ironischem Augenzwinkern betrachtete: Don Giovanni hatte auf dem Friedhof das Standbild des von ihm getöteten Komturs zu einem Nachtmahl eingeladen. Der Steinerne Gast kommt tatsächlich, mahnt Don Giovanni zur Reue und Umkehr. Der setzt ihm ein stolzes, trotziges ‚No’ entgegen - auch in seinem Mut faszinierend - und so ist sein schlimmes Ende besiegelt: „Also stirbt, wer Böses tut“, so singen die Überlebenden triumphierend.

Dienstag, den 09. März 2004; Nationaloper Temesvar



Zauberflöte

HaftungsausschlussImpressum