Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Klaviersonate D-Dur KV 576 Allegro Adagio Allegretto
KV 576 aus dem Jahr 1789, das auch das Geburtsjahr der ‚Kleinen Gigue‘ ist (siehe dort), ist Mozarts letzte Klaviersonate und ein Gipfel unter dessen Sonaten für das Klavier. Sie entstand im Anschluss an die Berlin-Reise und ist in ihrer Kontrapunktik ebenfalls geprägt durch die Nähe zu Bach. Diese kunstvolle Gestaltung geht aber in den Ecksätzen auf in einem heiteren, glanzvollen Spiel. Gedacht war sie mit noch fünf weiteren für eine Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. Warum nur diese eine vollendet wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise hatte Mozart erkannt, dass die Prinzessin mit den hohen technischen und künstlerischen Ansprüchen dieser Sonate überfordert war.
Sicherlich mit dem technischen Anspruch: Die Brillanz der Ecksätze verlangt einen hervorragenden Pianisten. Die künstlerischen Ansprüche sind, an Bach geschult, vielfältig und bewundernswert. Vor allem im Ersten Satz ist die kontrapunktische Verarbeitung des Dreiklang-Themas, dem Trillerfiguren eine Antwort geben,
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höchst eindrucksvoll zum Beispiel durch die komplizierten kanonischen Stimmführungen. Ein zweites Thema, mit ‚dolce‘ charakterisiert, wird gegenübergestellt. Der Mittelteil des Satzes verstärkt in seiner ersten Hälfte das kontrapunktische Spiel, die zweite Hälfte ist erfüllt von wunderbaren harmonischen Wendungen des Dreiklang-Motivs. Der dritte Teil entspricht dem ersten, freilich mit wichtigen Veränderungen: die kontrapunktischen Feinheiten werden zu Beginn noch einmal gesteigert, das große Vorbild Bach wird noch deutlicher. Nach dem zweiten Thema erklingt das Sechzehntel-Spielwerk als munterer Abschluss.
Der Zweite Satz mit seiner „tiefen Sehnsucht und Tröstlichkeit“ (Alfred Einstein) ist eines der schönsten Adagios Mozart. Einem gesangvollen Beginn folgt ein gestaltenreicher zweiter Teil, dann der Rückgriff auf den Beginn. Die Harmonik der Sechzehntel-Girlanden im zweiten Teil ist so berückend, dass der Zuhörer sich in eine andere Welt entrückt fühlen könnte. Diese Entrückung wird zurückgenommen durch dazwischengeschobene Passagen mit teils einstimmigen Läufen.
Virtuos ist dieser Dritte Satz, so schon bei der Wiederholung des achttaktigen Hauptthemas mit seinen Sechzehntel-Triolen als Begleitung. Mozart vertraut so sehr auf die Kraft dieses Themas, dass er es auch, in eine feine lyrische Arabeske verwandelt, als zweites Thema einsetzt. Bald aber wird es von den Sechzehntel-Triolen abgelöst, die ihrerseits von einem ruhigeren Motiv unterbrochen werden. Mit einer Wiederholung des Hauptthemas, dessen Sechzehntel-Spielwerk verändert wird, ist der erste Teil des Satzes abgeschlossen. Der kurze zweite Teil greift das verwandelte Thema auf und verwandelt es seinerseits harmonisch und kontrapunktisch aufs schönste. Der dritte Teil führt noch einmal das zweite Thema vor, das Hauptthema erklingt ein letztes Mal und geht rasch hinein in die Schlusstakte dieses zumeist munteren Satzes.
Oktober 2018
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