Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847)
Sonate für Violine und Klavier F-Dur (1838)
Allegro vivace Adagio Assai vivace Mendelssohn hat seine Violinsonate in F aus dem Jahr 1838 nicht veröffentlicht, was nicht am musikalischen Wert dieses Werks liegen kann. Erklärungsversuche bleiben Spekulation, da es von Mendelssohn selbst keinen Hinweis gibt. Es blieb Yehudi Menuhin vorbehalten, 1953 die Veröffentlichung der F-Dur-Sonate nachzuholen.
Schon der Erste Satz mit seinem schwungvollen Hauptthema und der klaren Architektur seines Aufbaus ist kompositorisch glänzend: Neben dem Hauptthema gibt es ein abwärtssteigendes lyrisch-liedhaftes Seitenthema von ruhiger Schönheit. Mit einer Wiederholung des Hauptthemas schließt der erste Teil des Satzes. Im zweiten, dem Mittelteil, spielt Mendelssohn mit Themen und Motiven des ersten Teils: zunächst mit dem Seitenthema und seiner punktierten Schlussfloskel, dann mit dem Hauptthema. Besonders köstlich wirkt das Spiel, wenn mit dem Anfangsmotiv des Hauptthemas eine Steigerung als Überleitung zum dritten Teil des Satzes aufgebaut wird. Dieser greift auf den ersten zurück. Auch die Coda zitiert - sehr verkürzt – noch einmal beide Themen.
Ergreifend ist die intensive Expressivität des Adagios. Sein erstes vom Klavier solo vorgestelltes Thema wirkt durch die akkordische Begleitung wie ein frommes Gebet. Das zweite, weit ausgesponnene Thema - nun von Triolen begleitet - bleibt in dieser innigen Stimmung. Das Choralthema wird wieder aufgenommen; seine Zartheit wird von heftigen Einwürfen der Violine gestört, dann in großer Ruhe ausgebreitet. Das zweite Thema wirkt inniger noch und intensiver als bei seinem ersten Erscheinen. Eine große Kadenz, angereichert mit neuen Motiven, bildet eine Zäsur, bevor der Choral im Klavier ein letztes Mal einsetzt; die Einwürfe der Violine sind nun nicht störend, sondern betonen die Zartheit des Chorals. Ein letztes Mal klingt das zweite Thema an und führt mit seiner anrührenden Schönheit dieses ‚Adagio‘ zu einem ergreifenden Ende.
Ein Feuerwerk höchster Virtuosität ist das Finale. Es bleibt aber nicht bei bloßer Virtuosität; Mendelssohn findet immer wieder und zunehmend interessantere abwechslungsreiche Feinheiten, z. B. das Beschwingt-Tänzerische eines zweiten Themas, das das Perpetuum-Mobile des Hauptthemas unterbricht. Beide Themen gestalten mit durchsichtiger Klarheit den Mittelteil des Satzes, das Hauptthema mit polyphonen, das Seitenthema mit harmonischen Besonderheiten. Im dritten Teil, der auf den ersten zurückgreift, fehlt das zweite Thema; an seine Stelle tritt eine groß angelegte Coda, in der das Hauptthema auf reizvolle Weise verarbeitet ist. Oktober 2020
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