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F. Mendelssohn Bartholdy
(
1809-1847)

Oktett Es-Dur op. 20 für vier Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli

Allegro moderato, ma con fuoco
Andante
Scherzo: Allegro leggierissimo
Presto

Es ist wie ein Wunder: dass ein Sechzehnjähriger ein solch perfektes Werk schreibt, ein Werk, in dem es keine Note gibt, die fehl an ihrem Platz wäre, das voller Energie ist, voll der herrlichsten Einfälle, taufrisch und erfüllt von jugendlicher Lebensfreude, und doch auch – im Langsamen Satz – so voller Ernst, als habe dieser genial begabte, wohlbehütete Junge aus gutem Haus die Last der ganzen Welt zu tragen.

Und er hält sich bei der Komposition des Oktetts nicht eng an seine klassischen Vorbilder, sondern geht neue, eigene Wege: Die Form des Oktetts für Streicher ist in dieser Weise, nämlich Eigenständigkeit aller acht Stimmen, die ein Höchstmaß von kontrapunktischem Können fordert, noch nie dagewesen. Und er hat für alle vier Sätze die klassische Form des Sonatensatzes (ein erster Teil, der die Themen vorstellt – ein zweiter Teil, der sie immer wieder verändert neu zusammensetzt, und ein dritter, der den ersten wieder aufgreift) gewählt, was gewiss nicht üblich war für einen ‚Langsamen Satz‘ und ein ‚Scherzo‘; aber auch diese Form hat er sehr selbstbewusst recht eigenwillig verwendet.

Der klassischen Form des Sonatensatzes am nächsten ist er im Ersten Satz: Das aufwärtsstrebende Hauptthema ist voll von jugendlichem Elan. Nach einem ruhigen Zwischenspiel und einem nochmaligen Überschwang des Hauptthemas folgt nach einer letzten Steigerung das zärtliche Seitenthema. Ein stürmisches Spiel mit Motiven beider Themen beendet den ersten Teil.
Der Mittelteil ist, gemessen an der klassischen Form, ungewöhnlich: Zwei neue Themen werden eingeführt, das erste wird eingeleitet mit einer Tonwiederholung, die auch im Zweiten und Vierten Satz auffällt, als zweites erklingt über dieser Ton-Repetition in der ersten Violine eine kurze, innige Tonfolge,



Oktett op. 20 Satz 1 neues Thema 2



die überleitet zum Höhepunkt dieses Teils, einem Pianissimo mit dem Seitenthema,



Oktett Satz 1 Seitenthema in der Durchführung



das eingebettet wird in bezaubernd-geheimnisvolle Akkorde. Eine großartige Steigerung, die im Unisono-Fortissimo gipfelt, führt hin zum dritten Teil, der sehr verkürzt ist zugunsten einer ausgedehnten Coda.

Drei Themen prägen das Andante: ein erstes, das durch den 6/8-Takt und seinen punktierten Achteln an den Siciliano-Rhythmus erinnert:



Oktett op. 20 Satz 2 Hauptthema



Dieses erste Thema schließt mit einer Triolen-Episode - diese Triolen mit ihrer orchestralen Wirkung bleiben für den weiteren Verlauf des ‚Andante‘ bestimmend.
Beim zweiten Thema, einer wunderschönen Kantilene, wirken die Triolen wie Wellen, die diese Kantilene tragen. Als Abschluss steigern sie sich wieder zum Orchesterklang. Der erste Teil des ‚Andante‘ endet mit einem dritten Thema, das mit einer mehrmaligen Wiederholung desselben Tons beginnt:



Oktett op. 20 Satz 2 Thema 3



Der zweite Teil wird mit dem zweiten Thema eingeleitet; wieder erzeugen die Triolen in ihrem weiteren Verlauf große orchestrale Wirkung.
Der dritte Teil greift den ersten wieder auf, aber in sehr veränderter Form: nach einer kurzen Kadenz der 1. Violine setzt das dritte Thema ein; dem folgt das erste; und mit dieser Rückkehr an seinen Anfang endet dieser eindringliche Satz.

Dass Haupt- und Seitenthema in ihrem Charakter sich wenig unterscheiden können, wenn der Sonatenhauptsatz ein Scherzo ist, liegt auf der Hand. Da gibt es nicht den Unterschied von dramatisch und lyrisch, da geht es beim Hauptthema durch Triller, Staccato- und Pizzicato-Spielweise heiter und kapriziös zu (‚leggierissimo = sehr leicht, sehr spielerisch), und beim Seitenthema



Oktett op. 20 Satz 3 Seitenthema



kommt noch tänzerischer Schwung hinzu.
Zu Beginn des zweiten Teils, und ein wenig auch an seinem Ende, entsteht eine düstere Stimmung, die aber schnell überspielt wird durch Anklänge an die heitere Leichtigkeit des ersten Teils.
Wo der zweite Teil endet und der dritte beginnt, bleibt unklar; erst mit dem Einsatz des Seitenthemas sind die Verhältnisse geklärt. Mit der Coda wird es vollends deutlich: das Ganze war ein fröhlicher, manchmal auch gespenstischer Elfenspuk.

Ein rasantes Fugato, dessen Achtelbewegungen in einer Art Perpetuum Mobile den gesamten Vierten Satz durchziehen, wird, beginnend mit Violoncello II, durch alle Stimmen geführt und gipfelt in einem Zitat aus Händels berühmten ‚Halleluja‘ (‚Messias‘). Und noch eine Steigerung ist möglich: Unisono und fortissimo wird ein Motiv vorgestellt, das - wie schon bei Themen des Ersten und Zweiten Satzes - im Wesentlichen aus einer mehrfachen Wiederholung desselben Tons besteht:



Oktett op. 20 Satz 4 Unisono-Thema



Das Fugato-Thema wird aufgegriffen und spielerisch mit dem Händel-Thema verarbeitet. Inmitten dieses Spiels entwickelt sich aus der Ton-Wiederholung ein kleines lyrisches Motiv, also eine Art Seitenthema.
Nach einem Solo der Ersten Violine beginnt der zweite Teil des ‚Presto‘, in dessen Zentrum ein beeindruckendes Fugato mit dem Halleluja-Thema steht; es gipfelt in einem gewaltigen Fortissimo, das durch Doppelgriffe teilweise 15-stimmig wird. Und immer dabei sind die Achtel des Anfangsfugatos. Sie drängen die Musik vorwärts und ineins mit dem Händelmotiv und dem Thema der Ton-Wiederholung entsteht ein wilder Taumel, der die Grenzen der einzelnen Abschnitte verwischt und kaum unterbrochen ist von einigen Pianostellen wie zum Beispiel von der Erinnerung an den Beginn des Scherzos.

Januar 2019



Oktett op. 20

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