Mendelssohns Opus 66 gehört zu den besten Klaviertrios der Musikliteratur. Reich an Empfindung ist das innige Thema des ‚Andante espressivo‘. Im leichtfüßig-spritzigen Scherzo herrscht sommernächtliches Spuk- und Elfenwesen. Dem stürmischen Schwung des Hauptthemas steht im ‚Finale’ ein wegen seiner Eindringlichkeit unvergesslicher Choral entgegen.
F. Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847)
Trio für Klavier, Violine und Violoncello c-Moll op. 66
Allegro energico con fuoco Andante espressivo Scherzo: Molto Allegro quasi presto Finale: Allegro appassionato
"Ohne Frack, ohne Klavier, ohne Visiten-Karten, ohne Wagen und Pferde, aber auf Eseln, mit Feldblumen, mit Notenpapier und Zeichenbuch, mit Cecile und den Kindern, doppelt wohl" – in einer solchen Atmosphäre eines Urlaubs im Taunus, der Heimat seiner Frau Cécile, schuf Mendelssohn 1846 sein Klaviertrio in c-Moll op. 66. Es ist auf einer Höhe der Erfindung und Gestaltung, die es den besten Klaviertrios der Musikliteratur ebenbürtig macht.
Dem energisch bewegten Hauptthema seines Ersten Satzes
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folgt nach einem schönen melodiösen Zwischenstück
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und nach erneutem Aufgreifen des Hauptthemas ein kraftvoll-feierliches zweites Thema, dem sogenannten 'Seitenthema':
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Das Hauptthema und das melodiöse Zwischenstück werden - verändert - wiederholt; und der folgende Mittelteil spielt voller Einfallsreichtum mit den nun bekannten Themen und den von ihnen abgespaltenen und veränderten Motiven. Das Seitenthema gerät dabei in den Mittelpunkt und steigert sich vom kantablen Pianissimo zum leidenschaftlichen Forte. Der dritte Teil des Satzes greift auf den ersten zurück, verändert, kürzt ihn. Der Beginn der Coda ist charakterisiert durch ein ruhig-wehmütiges Sich-Zurücknehmen: das Hauptthema wird ‚sempre pianissimo’ durch farbigste Harmonien hindurchgeführt, wobei sich eine anrührende melodische Linie ergibt – einer der Höhepunkte des an Höhepunkten reichen Satzes. Und ein weiterer Höhepunkt: das Klavier spielt das Hauptthema in den gewohnten Achteln, die Streicher verbreitern es und spielen es in Vierteln. Dann stürmt der Satz dem Ende zu, „unterbrochen nur von einer letzten wehmütigen Erinnerung an das Seitenthema“ (Villa Musica). Übrigens schrieb Mendelssohn, der auch einer der besten Pianisten seiner Zeit war, über den Klavierpart an seine Schwester Fanny: „Das Trio ist ein bisschen eklig zu spielen.“ - sicherlich eine freundliche Untertreibung.
Reich an Empfindung ist das innige Thema des Andante espressivo in Es-Dur. Es wird vom Klavier „im sanft schwingenden Neun-Achtel-Takt“ (s.o.) intoniert:
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Ein zweites Thema, vom Cello vorgestellt,
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prägt den Moll-Mittelteil des ‚Andante‘; eine längere Überleitungspassage führt feinsinnig zum Dur-Teil zurück.
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In einer Reihe von Mendelssohn-Scherzi herrscht sommernächtliches Spuk- und Elfenwesen; so auch in diesem, einem leichtfüßig-spritzigen G-Moll-Stück im Zweivierteltakt, das im Mittelteil von einem neuen Thema in Dur abgelöst wird:
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Am Ende des dritten Teils verbindet Mendelssohn dieses freundlichere Dur-Thema mit dem koboldhaften Thema, bis der Spuk im Pizzicato-Pianissimo verschwindet – im Ganzen ein wunderbar-köstliches Stück Musik, aber sicherlich „eklig zu spielen“.
Der Nonensprung aufwärts, mit dem das Hauptthema des Final-Satzes beginnt, ist gleichsam der Anstoß für den stürmischen Schwung dieses Themas und der von ihm bestimmten Partien des Satzes:
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Das Seitenthema weist mit seiner ruhigen Sicherheit
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schon auf den wegen seiner Eindringlichkeit unvergesslichen Choral hin, mit dem der zweite Teil des Satzes beginnt:
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Das Hauptthema wird auf kurze Einwürfe, die den Choral unterbrechen, beschränkt und kann sich erst - in immer wieder sich verändernder Gestalt - wieder behaupten, wenn der Choral ein zweites Mal – nun ohne die Unterbrechungen - erklungen ist. Der dritte Teil des Satzes greift den ersten Teil wieder auf, beginnt aber mit dem Seitenthema; dem folgt das Hauptthema, das mit großer Geste zum dritten, nun in besonderer Weise feierlich-glänzenden Erscheinen des Chorals und des Seitenthemas führt. Das letzte, kurze Wort aber bleibt dem stürmischen Schwung des Hauptthemas.
Juli 2019
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Klaviertrio d-Moll op. 49
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