Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Klaviertrios
Oratorium
Streichquartette
Klavier solo
Kammermusik
Orchester- und Chormusik
Sonaten
sonstige Kammermusik
Kammermusik
Kammermusik
Operette
Kammermusik
Werke für Cello
Kammermusik
Kammermusik
Klavier
Kammermusik
Kammermusik
Opern
Streichquartette
Klaviertrio
Streichquintette
Sonaten
Oktett op. 20
Klavier
Variationen
Messiaen Kammermusik
Divertimenti
Klavier solo
Klavierkonzerte
Klaviertrios
Klavierquartette
Opern, Arien
Streichduos
Streichtrio KV 563
Streichquartette
Streichquintette
Werke mit Bläser
Violin-Sonaten, -Variationen

‚Tartuffe‘ als Oper
Die geistreichste Komödie der Weltliteratur geistreich in Musik gesetzt

Die Vorlage der Oper: Molières ‚Tartuffe‘
Das Thema ‚heuchlerische Betrügerei‘ ist zeitlos. Zwar: dass Vertreter der Religion die Frömmigkeit beschränkter Menschen missbrauchen - etwa durch Erbschleicherei wie in Molières ‚Tartuffe’ -, ist heute seltener – früher wurde die Kirche davon reich. Sexueller Missbrauch durch Ausnutzung der Frömmigkeit – ein weiteres Thema des ‚Tartuffe‘ - ist heute wohl nur noch eine Absonderlichkeit. Heuchlerisches Verhalten aber, die Kunst, durch den Schein vom wirklichen Sein abzulenken und den Schein geschickt für seine Interessen einzusetzen – dieses menschliche Laster ist lebendig wie eh und je. Und so bleibt Molière hochaktuell.

Der Inhalt der Komödie
Im Hause Orgons sorgt die Anwesenheit Tartuffes für Unruhe im sonst so friedlichen Familienleben.
Während der Hausherr sich seinem Frömmigkeit vortäuschenden Gast gänzlich unterordnet, wehrt sich die übrige Familie gegen den skrupellosen Parasiten.
Orgon hingegen geht so weit, dem von ihm geschätzten Tartuffe seine Tochter Mariane zur Frau anzubieten, obwohl diese bereits mit ihrem Liebsten, Valère, verlobt ist. Unter diesen Umständen wähnt sich Tartuffe so sicher, dass er es wagt, Orgons Frau Elmire verführen zu wollen.
Da Orgon, allen Klagen seiner Familie zum Trotz, an Tartuffe festhält, ihm sogar sein Haus und Vermögen zum Geschenk macht, geht Elmire auf die Verführung ein, während sie ihren Gatten unter dem Tisch versteckt. Entlarvend, wie der frömmelnde Scharlatan, als er den Schein des untadeligen frommen Menschen aufgeben muss, noch Ausreden findet:
Der liebe Gott verbietet – nimmt man es genau –
uns zwar gewisse Dinge, die das Herz erfreuen,
doch lässt er selbstverständlich auch gelegentlich
in ganz besonderen Fällen mit sich handeln.
...
Und schließlich sündigt man im tiefsten Sinn
nur dann, wenn es die böse Welt erfährt:
geheime Sünde ist nicht tadelnswert. (IV,5)
Orgon gehen nun die Augen endlich auf, aber zu spät, denn Tartuffe besteht jetzt auf Einlösung des Geschenks, und er kann dies um so eher, weil er weiß, dass Orgon einem politisch Verfolgten geholfen hat. In dieser ausweglosen Situation bringt ein Bote des Königs die Rettung.

Molière als Aufklärer
Molière kritisiert auf zweifache Weise die Dummheit Orgons und die Verlogenheit und Bosheit des Tartuffe: volkstümlich durch Dorine und philosophisch durch Cléante, den Schwager Orgons. Solche Gestalten Molières wie dieser aufklärerische Moralist Cléante haben zu dem hohen Ansehen geführt, das Molière bei den französischen Aufklärern, z. B. Voltaire, besaß. Cléantes Glaubensbekenntnis ist auch das der Aufklärung: „Vernunft nur kann die Welt uns schön gestalten!“ (V,1) Und im Namen der Vernunft kämpft er ruhig-gelassen gegen „falsche Frömmigkeit und falsches Heldentum“. Gott, sind die Menschen komisch! Keiner wagt
sich so zu geben, wie er wirklich ist,
und jeder wird als Ketzer angeklagt,
der diese Welt mit nüchternem Verstande misst!
Und dann die köstliche Dorine, die Witzige, die Mutige, die Geistreiche, die Spöttische, die Emanzipierte; ihr Urteil ist direkt und in der klaren, ehrlichen Sprache des Volks, auf die sich Molière so gut verstand: „Der ganze Kerl besteht ja nur aus lauter Lügen!“ So einfach ist das.Über die Mutter des Orgon, die noch verblendeter und lächerlicher als ihr Sohn dem frömmelnden Getue des Tartuffe erliegt, hat Dorine nur beißenden Spott bereit:Man weiß, daß sie mit ihrer Gunst nicht geizte,
solang sie jung war und die Männer reizte:
doch als ihr Mündchen nicht mehr rund und rot war
und auch die Augen ihren Glanz verloren,
entsagte sie - der Weisheit tief verschworen
still einer Welt, für die sie längst schon tot war.
Das ist galanter Frauen Los auf Erden,
daß die Verehrer eines Tags entschwinden:
und sind sie dann allein mit ihren Sünden,
bleibt ja den Ärmsten nichts als fromm zu werden.
Nun paukt man Sitte und Moral nach Noten
nichts ist erlaubt und alles ist verboten!
Man lästert, spioniert und spinnt Intrigen
und sieht nur Schlechtigkeit bei Frau und Mann,
denn ungern gönnt man andren ein Vergnügen,
das man sich selber nicht mehr leisten kann.Ähnlich bissig ist ihr Spott, als sie davor warnt, Mariane Tartuffe zur Frau zu geben; das führe notgedrungen zu Ehebruch, von dem sie meint:
So ist der Mann meist selber schuld daran,
denn es gibt Männer, denen auch die beste
sittsamste Ehefrau nicht treu sein kann!

Die Oper – Gastspiel des Theater Hagen
Es wundert nicht, dass der Amerikaner Kirke Mechem so begeistert war von diesem Stück, dass er es als Stoff für eine Oper nahm. Sie erlebte 1980 ihre umjubelte Uraufführung an der San Francisco Opera. Kirke Mechem hat noch zwei weitere Opern geschaffen und auch sonst ein umfangreiches Werk, bei dem alle Gattungen vertreten sind.
Das Theater Hagen beginnt traditionsgemäß seine Saison mit der Erstaufführung einer modernen Oper. Für 2001 hat es die Oper Mechems entdeckt. Am 15. September war in Hagen die Westeuropäische Erstaufführung des ‚Tartuffe‘ in Anwesenheit des Komponisten. Musikalische Leitung: Arn Goerke; Regie: Werner Saladin; Ausstattung: Hartmut Krügener.
Zur Besonderheit der Musik: Die Eigenart des Titelhelden, das Positive, hier echte Frömmigkeit, nur zu heucheln, gleichsam zu zitieren, inspirierte Mechem zu seinem Kompositionsverfahren: auch er zitiert, manches direkt, z. B. Beethovens Fünfte oder den Walzer aus dem ‚Rosenkavalier; er zitiert aber auch Musikstile, schafft eine Art Collage aller möglichen Stile. Durch das Zitat gibt sich die Musik den schönen Schein in ironischer, parodistischer Beleuchtung.
Annelie Pfeffer, die die Mariane singt – auch die Mariane spielt ein wenig mit dem Schein der Naiven -, findet das Ergebnis einer solchen Kompositionstechnik amüsant - wegen des Wiedererkennungswerts, der sich bei einer solchen Zitiertechnik ergibt. Aber auch da, wo nicht zitiert wird, weil die Personen ganz sie selbst sind und eine eigene Musik verdient haben, ganz besonders bei Dorine, ist die Musik höchst ansprechend. „Es ist Musik, die nicht verstört, nicht abschreckt, sondern sich gut anhört, eben schöne Musik“, meint Annelie Pfeffer nach dem Studium ihrer Rolle. Kompositorisch-handwerklich sei sie gekonnt gemacht; von der Soloarie über Duett, Terzett, Quartett (besonders kunstvoll als Fuge) bis zur großen Ensembleszene sei all das vertreten, was zu einer durchkomponierten traditionellen Oper gehört, und es sei zu einer klug ausbalancierten Einheit verschmolzen. Die Musik-Dramaturgin des Theaters Hagen, Uta Schmidtsdorff, bestätigt die Erfahrung der Sopranistin: „Es ist ansprechende Musik, zu der man leicht Zugang findet, nicht atonal, nicht experimentell, handwerklich sehr sauber gemacht.“ Mechem hat seine Vorlage ein wenig geändert: Cléante fehlt in der Oper, möglicherweise weil der Komponist keine philosophischen Texte in Musik setzen wollte. Und der Schluss der Komödie ist geändert: Mechem war die Rettung durch den Boten des Königs zu direkt; und so spielt die Familie Orgons die Überbringung der rettenden Botschaft und jagt mit einer kleinen Komödie in der Komödie den Bösewicht davon.
Den Inszenierungsstil von Werner Saladin, dem ehemaligen Opernhaus-Intendanten von Schwerin, findet Uta Schmidtsdorff „psychologisch sauber“; Saladin komme mit wenigen, aber aussagekräftigen Requisiten und historisch-stilisierter Ausstattung aus. Der Stil der Commedia dell'arte sei Vorbild; so gewinne die Inszenierung dieser auf Deutsch gesungenen Oper ihre Schlichtheit und Leichtigkeit.

Bergisch Gladbach, im ‚Bergischen Löwen’, Mittwoch, den 24. Oktober 2001



Opern

HaftungsausschlussImpressum