Ankündigung Leoš Janáček breitet in seiner Violinsonate eine ganze Welt von Empfindungen aus: Neben melancholisch Klagendem finden sich freundliche, sanfte und ruhevolle, volksliedhaft-schlichte, dann wieder erregte, dramatische und bedrohliche Szenen. Ein Volkstanz wird geistreich und spritzig dargestellt und zu romantisch-expressiven Tönen in Gegensatz gestellt.
Leoš Janáček (1854-1928)
Sonate für Violine und Klavier
Con moto - Adagio Ballade (Con moto) Allegretto Adagio
Bei Janáček ist die Antwort auf die Frage nach seinem musikgeschichtlichen Standort besonders schwierig, denn er lehnte sich wenig an Kompositionsweisen der Tradition an - wenn auch die mit großem Raffinement ausgearbeitete Gestaltung der ‚Ballade‘ an Spätromantik erinnert - und erst recht nicht an seine Zeitgenossen, mit deren Atonalität er nichts im Sinne hatte. Er suchte eigene musikalische Ausdrucksmöglichkeiten, indem er auf die Sprache der Natur und auf die Melodie der gesprochenen Sprache seines Heimatdialekts hörte: Wenn er dem Klang eines redenden Menschen lausche, höre er am Tonfall, was in ihm stecke, ob er lüge, ob er erregt sei. Die Sprechmelodie sei ein Fensterchen in die Seele des Menschen. Darum ist sie für Janáček geeignet, als melodisches Material in seiner Musik eingesetzt zu werden.
Vier Fassungen, die zwischen 1913 und 1921 entstanden sind, gibt es von Janáčeks Violinsonate. Der folgenden Beschreibung liegt die 1921 vollendete vierte Fassung zugrunde.
Aus dem melancholisch-klagendem Hauptthema des Ersten Satzes dieser Sonate,
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das vom „Klavier mit Tremoli nach Art eines Zymbal begleitet“ (Villa Musica) wird, entwickelt sich nach kurzer Überleitung ein zunächst freundlich anmutendes, sich dann schnell ins Dramatische steigerndes Seitenthema, das vom Klavier eingeführt, von der Violine wiederholt wird:
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Der mit Tremolo im Klavier und Trillerfiguren in der Violine beginnende Mittelteil gibt dem Hauptthema ein neues Gesicht. Der dritte Teil des Satzes greift auf den ersten mit Veränderungen zurück.
Die beiden Grundgedanken (Themen) der Ballade sind von volksliedhaft-schlichter Art, der erste sanft und ruhevoll:
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der zweite zunächst freundlich und lebendig:
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Der erste Gedanke wird mit Zweiunddreißigstel-Figuren begleitet; dann wird dessen Beginn, nun von Arpeggio-Akkorden umsponnen, zu einem ergreifenden Moment der Ruhe. Der zweite, der freundlich- lebendige Gedanke wird ebenso behandelt. Der Moment der Ruhe wird aber mit dem ersten Thema gebildet. Der zweite Gedanke wird im Mittelteil wieder aufgegriffen, zunächst im Unisono von Klavier und Violine ins Liebliche, dann ins Bedrohliche verwandelt. Der dritte Teil greift den ersten wieder auf, wenn auch sehr verändert: das erste Thema erscheint zum Beispiel zunächst in einer sehr heftigen Version, das zweite Thema wird nur kurz angedeutet. Sehr zart klingt dann mit dem ersten Thema die Ballade aus.
Eine volkstümliche Tanzweise
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und das sie umspielende köstliche geistreich-witzige Beiwerk machen die kurzen Eckteile des Allegretto zum Hörgenuss. Der Mittelteil bildet den romantisch-expressiven Gegensatz dazu.
Im Vierten Satz, einem ‚Adagio‘, erscheinen zwei recht unterschiedliche Melodien: Die erste fließt in großer Ruhe dahin:
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Dieser ruhige Fluss aber wird gestört durch beunruhigende Einwürfe, die dem Ablauf des ‚Adagios‘ eine gespannte Erregung geben. Die zweite Melodie
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bleibt recht gefällig, ohne eine solche Störung. Nach der Wiederholung dieser beiden Melodien wird in einem zweiten Teil die erste Melodie einschließlich der Einwürfe variiert und gesteigert zu einem ausgedehnten ‚Maestoso‘ über einem Klaviertremolo, das schließlich zu einem ‚espressiven‘ Piano absinkt. Die Coda erinnert an den ruhigen Beginn dieses Schluss-Satzes.
September 2020
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Pohádka ('Märchen') / Bläsersextett 'Mladi' (Jugend)
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