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Joseph Haydn
(1732-1809)

Streichquartett op. 51/1-7 ‚Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze‘

Introduction
I. Pater, dimitte illis; non enim sciunt, quid faciunt.
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
II. Hodie mecum eris in Paradiso.
Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.
III. Mulier, ecce filius tuus, et tu, ecce mater tua!
Frau, siehe, das ist dein Sohn, und du, siehe, das ist deine Mutter!
IV. Eli, Eli, lama asabthani?‘
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
V. Sitio. - Mich dürstet.
VI. Consumatum est. - Es ist vollbracht.
VII. Pater, in tuas manus commendo spiritum meum.
Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.
Il Terremoto - Das Erdbeben

„Es sind ungefähr fünfzehn Jahre, dass ich von einem Domherrn in Cádiz ersucht wurde, eine Instrumentalmusik auf die sieben letzten Worte Jesu am Kreuz zu verfertigen.“ schreibt Haydn 1801. Der Bischof wollte jeweils eines der sieben Worte vortragen und eine Betrachtung darüber anstellen. Als Meditation über das Wort und die Betrachtung erklang dann die Musik zu dem jeweiligen Wort. Weiter schreibt Haydn: „Die Aufgabe, sieben Adagios, wovon jedes gegen zehn Minuten dauern sollte, aufeinander folgen zu lassen, ohne den Zuhörer zu ermüden, war keine von den leichtesten; und ich fand bald, dass ich mich an den vorgeschriebenen Zeitraum nicht binden konnte.“ – Er hat sich nicht an die zehn Minuten gehalten, sondern Stücke zwischen sechs und acht Minuten geschrieben. Jedes dieser Stücke ist in der klassischen Sonatensatzform geschrieben: In einem ersten Teil werden die Themen (meist zwei) vorgestellt, im zweiten die vorgestellten Themen in ihre motivischen Bestandteile zerlegt und harmonisch, dynamisch, melodisch und rhythmisch immer wieder verändert und neu zusammengesetzt. Der dritte Teil einer solchen Sonatensatzform greift den ersten wieder auf, setzt aber oft gegenüber diesem neue Akzente.Im Jahr 1786 also hat Haydn diese Musik für den Karfreitagsgottesdienst geschrieben, zunächst für Orchester, ein Jahr später für Streichquartett und 10 Jahre später als Passionsoratorium für Chor und Orchester. In der Fassung für Streichquartett wird das Werk am häufigsten aufgeführt und hat sich von der Bindung an den Karfreitagsgottesdienst gelöst. Das heißt aber auch, da die Betrachtungen zwischen den einzelnen Sätzen fehlen, dass die Aufgabe, konzentriert zu bleiben, auch für den Zuhörer „keine von den leichtesten“ ist.
Die ‚Sieben letzten Worte’ wurden von Haydn auf Latein in die Noten geschrieben; in den Sätzen 1, 3, 4, 5, 6 ist „der Anfang des jeweiligen Themas aus der emphatischen Deklamation des Textanfangs gebildet“ (Reclam); die ‚Worte‘ gehören also zur Musik und die Musik deutet die ‚Worte‘, sie soll nach dem Wunsch Haydns „den tiefesten Eindruck in Seiner (des Zuhörers) Seel Erwecken“. Auch für die Aufführung außerhalb des Gottesdienstes wünschte sich Haydn für die Meditation über den Text eine kleine Pause zwischen den einzelnen Sätzen.

Introduction (Maestoso ed Adagio)
Die Dramatik dieses Leids sucht die 'Introduction' (in d-Moll) in Musik zu fassen. Dabei wird eines der wesentlichen Mittel deutlich, die Haydn einsetzt, um die sieben Adagio-Sätze nicht einförmig wirken zu lassen: die auffälligen Wendungen der Harmonien, die der Musik eine ungemeine Farbigkeit verleihen – freilich sind es dunkle, manchmal auch beißende Farben. Das Hauptmotiv der ‚Introduction‘ mit den weitgespannten Intervallsprüngen und die dynamischen Kontraste verstärken den Eindruck des Dramatischen. Der Mittelteil freilich mildert mit seinem Dur die Schärfe ein wenig: Es geht ja nicht nur um das Leid, sondern auch um Vergebung und Erlösung.

I. Pater, dimitte illis; non enim sciunt, quid faciunt. (Largo)
So auch beim ersten der ‚Sieben Worte’ des Erlösers: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. - ein ungeheures Wort angesichts dessen, was die Menschen ihm angetan haben. Die Musik bleibt in der Schwebe zwischen Trauer und Trost. Das Hauptmotiv ist ein Dur-Dreiklang abwärts, aber mit hartem Akzent auf dem Anfangston. Vielfältige Veränderungen dieses Dreiklangs (vor allem im zweiten Teil) verändern auch den Gefühlsausdruck dieser Sonate. Charakteristisch für dieses erste Stück ist, vor allem am Ende des ersten Teils, der intensive Einsatz der Chromatik, die die Seufzer musikalisch nachbildet, die Seufzer dessen, der am Kreuz hängt und derer, die sein Leid nachempfinden.

II. Hodie mecum eris in Paradiso. (Grave e cantabile)
Heute wirst du mit mir im Paradiese sein – ein tröstliches Wort, das Jesus zu dem mit ihm gekreuzigten Verbrecher spricht. Doch das kantable Hauptthema dieser Sonate steht in c-Moll, das aus dem Hauptthema sich entwickelnde Seitenthema im verhaltenen Es-Dur; und erst das hellere C-Dur im dritten Teil zeigt die Milde und Freundlichkeit des ‚Heute wirst du mit mir im Paradiese sein‘. Vorher aber, im mittleren Teil, erinnert die Musik weniger an Paradiesesverheißung als an Erdenleid.

III. Mulier, ecce filius tuus, et tu, ecce mater tua! (Grave)
In seinem qualvollen Sterben sorgt Jesus sich um seine Mutter und übergibt sie der Verantwortung seines Lieblingsjüngers Johannes: Frau, siehe, das ist dein Sohn, und du, siehe, das ist deine Mutter! Aus der Musik (die abfallende Terz und Sekunde als Leitmotiv) sprechen die liebevolle Zärtlichkeit dieser Fürsorge und der bittere Ernst des Verzichts auf das Leben und des Verzichts auf die Liebe der Mutter. Nur wenige Takte lang wird auch die Grausamkeit deutlich, die hinter diesem Verzicht steht.

IV. Eli, Eli, lama asabthani? (Largo)
„Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: ‚Eli, Eli, lama asabthani?‘ das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? so heißt es bei Matthäus, er lässt also Jesus die aramäische Übersetzung des 22. Psalms sprechen – ein Zeugnis letzter Verzweiflung und letzter Einsamkeit; hier spricht ein Mensch, der in den Abgrund schaut, und so klingt auch die Musik, auffällig sind die Pausen, auffällig die Solopassagen der Violinen; ihnen ist gleichsam das Fundament entzogen.

V. Sitio. (Adagio)
Es ist sicher legitim, aus den Perlen der ‚Sieben Worte‘ die eine oder andere zu bevorzugen, denkbar, dass dazu neben dem sechsten auch das fünfte Wort gehört: Sitio. - Mich dürstet. Die stärksten Gegensätze sind in dieser Sonate beieinander: Der bitteren Süße der abfallenden Terzen, begleitet von den an ein Ständchen erinnernden Pizzicati, steht die durch Sforzati und ungewöhnliche harmonische Fügungen noch gesteigerte harte Schärfe der Unisono-Achtel und eines ihnen durch das Cello kontrapunktisch entgegengesetzten höchst eigenartigen, gewaltsam wirkenden Motivs gegenüber.

VI. Consumatum est. (Lento)
Während die Süße bei der Musik des ‚Sitio‘ nicht leicht zu erklären ist, fällt die Deutung der heiteren Leichtigkeit im Consumatum est. - Es ist vollbracht. nicht schwer: Das Leid ist überwunden. Aber dies ist nur das eine, das Seiten-Thema. Der größere Teil der Sonate ist bestimmt vom leidvollen Sterben, von dem, was vollbracht werden musste: Da ist die Unerbittlichkeit des Fortissimo-Unisonos zu Beginn, das die gesamte Sonate beherrscht, da ist der Ernst des Todes, wenn das Dreiklang-Motiv weiter ausgeführt wird. Im Mittelteil wird die Tragik des Geschehenen mit ungeheurer dramatischer Wucht dargestellt. Am Ende aber überwindet die Freude über den Sieg den Stachel des Todes.

VII. Pater, in tuas manus commendo spiritum meum. (Largo)
Das Hauptthema des letzten der ‚Sieben Worte‘ (Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.) wirkt ein wenig gedämpft wegen des Con-sordino-Spiels, aber doch gelöst wie ein vertrauensvolles Gebet. Liebliche Töne bringt das sogleich folgende kurze Seitenthema mit seiner Nähe zur volkstümlichen Musik, und feierliche Töne erklingen, wenn Bratsche und Cello das Hauptthema aufgreifen. Und doch wirkt auch das überstandene Leid noch in diese Erlösung hinein: Der dritte Teil des Sonatensatzes wird auf zweierlei Weise erweitert: durch eine eingetrübte Stelle, dann durch eine mit harten, beißenden Harmonien und Dissonanzen.

Il Terremoto (Presto e con tutta la forza)
Der Abschluss-Satz, Il Terremoto – Das Erdbeben, ist der einzige schnelle Satz des Werks, zu spielen mit ganzer Stärke. Die Worte des Matthäus ‚Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von obenan bis untenaus. Und die Erde bebte, und die Felsen zerrissen.‘ (27,51f.) werden tonmalerisch höchst eindrucksvoll in Musik umgesetzt, und es bedarf großen Reichtums der Erfindung und völliger Beherrschung der Satzkunst, um von einem Streichquartett eine solche Wirkung zu erreichen.

Oktober 2019



Streichquartett op. 50/6 D-Dur / Streichquartett op. 64/5 D-Dur (Lerchenquartett)

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