Charles Ives (1874-1954)
Trio 1904/05 für Klavier, Violine und Violoncello
Andante moderato Tsiaj = This Scherzo is a joke Moderato con moto
Dem Werk von Charles Ives:(1874-1954), „Amerikas bisher bedeutendstem Komponisten" (Krenek, 1955), wird nachgesagt, es zeige Spuren eines "trivialen Dilettantismus". Es liegt nahe, dass Ives diesen Dilettantismus bewußt gepflegt hat und dass dieser erklärt werden kann aus dem unbändigen Drang dieses Komponisten nach Unabhängigkeit und Originalität. Krenek: „Hier ist ein Rebell vom alten Schlag, der seine intellektuelle Freiheit um kein Linsengericht verkaufen wird ...“ Die Freiheit vom Geschmack des Publikums, aber auch von den musikalischen Strömungen seiner Zeit und vom professionellen Musikleben, dem er seinen ‚Dilettantismus‘ entgegensetzte, gewann er dadurch, dass er nach einem Musikstudium an der Yale-Universität (1894-1898) Versicherungskaufmann wurde, und zwar ein erfolgreicher. Seine Freiheit - auch von musikalischen Konventionen - und seine Originalität brachten ihn dazu, um 1900, also vor den Schöpfern der Neuen Musik in Europa, und in den Jahren danach - ohne jede Kenntnis der Entwicklung in Europa - das gesamte „Rüstzeug modernen Musikschaffens wie Atonalität, Polytonalität, Mehrschichtigkeit von Rhythmen und Metren, Vierteltöne, Cluster, Collage-Verfahren ... zu erfinden“. In seinen collagierten Kompositionen findet sich „auch die Welt des Populären, des Schlagers, Marsches, Gospelsongs“ (Pöllmann).
In den zwanziger Jahren zog er sich, physisch und psychisch erkrankt, vom Beruf und von der Musik zurück, kümmerte sich auch nicht um Herausgabe und Aufführung seiner Werke, von denen die meisten erst Jahrzehnte nach ihrer Entstehung bekannt wurden. Ives hat selbst versucht, seine collagierten Kompositionen verständlich zu machen, indem er erzählt, wie er von einem Kirchturm aus gleichzeitig mehrere in den um die Kirche liegenden Vierteln des Städtchens marschierende Musikkapellen hörte mit unterschiedlichsten Volksweisen und Märschen, die er dann für sich zu einem Klang bündelte. Dieses Hörerlebnis der Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen, teils entgegengesetzten Klängen, Klangfarben, Rhythmen - ein Schlüsselerlebnis für Ives - bestimmt viele seiner Kompositionen. Das Über- und Ineinander, diese Gleichzeitigkeit aller möglichen Hörerlebnisse erscheint in seinem Werk freilich nicht willkürlich, sondern in strengster Form: er findet eine Ordnung im chaotischen Wirrwar der Klänge. Bei seinem Kompositionsverfahren war Ives kompromisslos, nahm weder Rücksicht auf Hörer noch auf Interpreten, denen er beispielsweise bei der Gleichzeitigkeit unterschiedlichster Rhythmen nahezu Unmögliches zumutete. Das Spielen seiner Werke ist ein „technisches und geistiges Abenteuer“.
Dies gilt auch für das Klavier-Trio, das 1904/05 entstand und 1911 überarbeitet wurde. Sein Erster Satz beginnt zunächst mit dem Nacheinander zweier Duos (Klavier/Cello und Klavier/Geige), dann werden diese beiden Duos gebündelt, übereinandergelagert, und zwar ohne Veränderung. Ives' Frau schreibt an den Pianisten der Uraufführung dieses Trios im Jahre 1948, dass Ives ihr berichtet habe, er habe beim Komponieren dieses Satzes Gespräche eines Professors mit seinen Studenten auf dem Campus der Yale-Universität im Ohr gehabt; ernsthafte und eindringliche Gespräche, die immer komplexer werden.
Nach dem Ernst der geistigen Auseinandersetzung im Ersten Satz das quirlige Leben im Zweiten: Nach Informationen von Frau Ives ruft dieser Satz das ausgelassene Treiben der Studenten auf dem Campus-Gelände an einem Feriennachmittag in Erinnerung. Da hört man viele gassenhauerähnliche, in Amerika sehr populäre Melodien, so wie sie mit anderem Lärmen und Treiben ans Ohr eines über allem Stehenden dringen.
Der Dritte Satz gibt die Erinnerung wieder an einen Sonntagsgottesdienst auf dem Yale-Campus. Nach einer Einleitung erklingt, vom Cello intoniert, ‚maestoso‘ ein erstes Kirchenlied. Nach einer Variation mit sich steigernden und wieder abnehmenden Klängen folgt eine Erinnerung an Jazz/Spiritual. Das ‚Maestoso-Kirchenlied‘ wird wieder aufgegriffen. Dann leitet das Klavier solo ein neues Thema ein:
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