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Vortrag

11.2 am 12. Juni 1995 (2 Stunden)
Frank Wedekind, Frühlings Erwachen III,3

1. Geben Sie kurz den Inhalt des Dramas bis zu dieser Szene wieder (Voraussetzung: Jemand, der das Drama nicht kennt, muss sich ein klares Bild vom Handlungsverlauf machen können.)!
Sie können die Wiedegabe kürzer fassen, wenn Sie nicht Szene für Szene bearbeiten.
2. Charakterisieren Sie Herrn und Frau Gabor und ihre Einstellungen und stellen Sie dar, welche Funktion diese beiden Gestalten innerhalb des Dramas haben!

zu 1.
In seinem 1890 geschriebenen Drama ‘Frühlings Erwachen’ stellt Wedekind das Schicksal und die Reifeprobleme dreier Jugendlicher, die an der Engstirnigkeit der Erwachsenen scheitern, in den Mittelpunkt: Moritz Stiefel leistet in der Schule nicht, was die Lehrer und die Eltern von ihm erwarten; seine Versetzung ist gefährdet. Hinzu kommt, dass er darunter leidet, dass ihm der Bereich des Sexuellen völlig verschlossen geblieben ist, weil wegen des Fehlens einer aufgeschlossenen, liberale Haltung der Erwachsenen das Sexuelle ein Tabuthema ist. Als der Problemdruck zu groß für ihn wird, begeht er Selbstmord.
Melchior, sein Freund, ist begabter, so dass er keine schulischen Schwierigkeiten hat, auch hat er sich ein Halbwissen über Sexualität angelesen, das er in schriftlicher Form seinem Freund Moritz weitergibt. Nach dem Selbstmord von Moritz wird diese Schrift gefunden und Melchior ihretwegen von der Schule verwiesen. Seine Eltern müssen entscheiden, ob er auf ein anderes Gymnasium oder in eine Korrektionsanstalt kommt.
Die vierzehnjährige Wendla ist ebensowenig aufgeklärt wie die übrigen Jugendlichen; als sie die Mutter um Aufklärung darüber bittet, wie die Kinder gezeugt werden, sagt die Mutter ihr, man müsse den Mann, mit dem man verheiratet sei, lieben, um ein Kind zu bekommen. In ihrem Unwissen schläft sie mit Melchior, mit dem sie nicht verheiratet ist und der ihr sagt, dass sie sich gegenseitig nicht lieben, und sie erwartet ein Kind.

zu 2.
Funktion: Herr Gabor vertritt die Einstellung, die für die Erwachsenenwelt, die Wedekind anklagt, charakteristisch ist: Er hat festgelegte Prinzipien über das, was für ihn das Gute ist, er hält diese Prinzipien für unbedingt gültig und will sie mit eherner Disziplin und Zwang auf seinen Sohn übertragen. Wegen der Aufklärungsschrift seines Sohnes bezeichnet er diesen als im innersten Kern seines Wesens angefault. Diese Schrift sei Vorsatz und zeige den Hang zum Unmoralischen, zur geistigen Korruption, zum moralischen Irrsinn.
Hinter der Härte seiner moralischen Prinzipien steht die Vorstellung, dass nur der Starke (hier der moralisch Starke) überlebt: Wer zu schwach für den Marsch ist, bleibt am Wege. Der Hinweis auf christliche Denk- und Empfindungsweise zeugt dabei von Missverständnis über das, was christlich ist, so dass er die Haltung seines Sohnes, der für seine Handlungsweise einstehen und Wendla helfen will, gar nicht würdigen kann.

Frau Gabor, die sich als gewissenhaft und besonnen bezeichnet, empfindet zunächst die Haltung ihres Mannes als Verblendung durch tote Buchstaben, sie bezeichnet ihn als entseelten Bürokraten, da er Menschen aufgrund seiner Prinzipien - dazu noch sehr zweifelhafter - beurteilt und darum Melchior verurteilt.
Sie sieht den einzelnen Menschen, an dessen Harmlosigkeit, rechtlichen Charakter und edle Denkungsweise sie glaubt. Ihre Erziehung geht dahin, das positiv Angelegte zu wecken und sich entwickeln zu lassen - wie eine Pflanze. Fehltritte ergeben sich nicht aus einem solchen Charakter, sondern sind dumme Zufälle. Zudem ist sie so liberal, dass sie Verständnis aufbringt für die Schrift Melchiors; sie ist ihr sogar Beweis für seine kindliche Unberührtheit.
Sie ist aber nicht mehr liberal genug, auch zu akzeptieren, dass Melchior Wendla geschwängert hat, obwohl die Art, wie er die Folgen auf sich nehmen will, doch das Positive bestätigt, das Frau Gabor in ihm gesehen hat.
Funktion: Frau Gabor ist - abgesehen von dem vermummten Herrn - die einzige Erwachsene, die Verständnis aufbringt für die Jugendlichen; sie akzeptiert sie möglichst so, wie sie sind, weil sie an das Gute in ihnen glaubt, sie ist zwar auch verhaftet in den moralischen Vorstellungen ihrer Zeit, aber doch so liberal, dass sie Versuche junger Leute, weiterzukommen als ihre Zeit, akzeptiert.



Klausur: Die Eltern

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