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DAS NEUE ZEITALTER (Vergil 4. Ekloge) (Auszug; Kommentar nach 'Orbis Romanus' Schöningh-Verlag)
In seiner vierten Ekloge (verfasst 40 v. Chr.) kündet Vergil auf Grund einer alten Weissagung der Sibylle von Cumae von der Geburt eines göttlichen Kindes und vom Beginn eines neuen Zeitalters. Ob Vergil dabei an einen Sohn des in der Ekloge angeredeten Pollio oder des Augustus dachte oder ohne konkreten Bezug auf eine historische Persönlichkeit einer allgemeinen Sehnsucht nach Frieden und Glück Ausdruck gab, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Vergleiche Jesaja 9,4ff
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17 Pacatumque reget patriis virtutibus orbem. 18 At tibi prima, puer, nullo munuscula cultu 19 Errantis hederas passim cum baccare tellus 20 Mixtaque ridenti colocasia fundet acantho. |
pacare - befrieden, Recht und Frieden schaffen; nach Hommel S. 388 V. 18-45 Rede der Parzen; Schilderung der Kindheit (V. 18-25), während der die Welt bereits Merkmal des goldenen Zeitalters aufweist; nullo cultu: ohne Bebauung der Erde lässt die Natur alles gedeihen; munusculum (Verkleinerung von munus) kleines Geschenk; prima munuscula: Prädicativum; ‘errare’ hier: ranken; hedera – Efeu; baccar, aris, n. Baldrian, eine wegen ihres Wohlgeruchs zur Salbölbereitung verwendete Pflanze; ridenti: Hommel will es zu ‘tibi’ beziehen oder zu ‘tibi’ und ‘ acantho’; colocasium: indische Seerose; fundere, o – ausgießen, hervorbringen; acanthus – Bärenklau, eine breitblättrige Zierpflanze; |
21 Ipsae lacte domum referent distenta capellae 22 Ubera nec magnos metuent armenta leones. 23 Ipsa tibi blandos fundent cunabula flores. |
occidet steht in wirkungsvoller Anapher; occidere, o – niederfallen, untergehen; serpens, entis, m. - Schlange; fallax (fallere) - trügerisch. Die Giftpflanze (herba veneni) ist verlockend schön;. Assyrium amomum: assyrische Balsamstaude. Die sonst nur im Orient gedeihende kostbare Gewürzpflanze wächst nun überall (vulgo); |
24 Occidet et serpens et fallax herba veneni 25 Occidet; Assyrium vulgo nascetur amomum. |
occidet steht in wirkungsvoller Anapher; occidere, o – niederfallen, untergehen; serpens, entis, m. - Schlange; fallax (fallere) - trügerisch. Die Giftpflanze (herba veneni) ist verlockend schön;. Assyrium amomum: assyrische Balsamstaude. Die sonst nur im Orient gedeihende kostbare Gewürzpflanze wächst nun überall (vulgo); |
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Es folgt die Schilderung der Jugend, in der die Untaten des schwindenden Zeitalters noch einmal aufleben (V. 26 – 36);
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26 At simul heroum laudes et facta parentis 27 Iam legere et quae sit poteris cognoscere virtus: 28 Molli paulatim flavescet campus arista 29 Incultisque rubens pendebit sentibus uva, 30 Et durae quercus sudabunt roscida mella. 31 Pauca tamen suberunt priscae vestigia fraudis, 32 Quae temptare Thetim ratibus, quae cingere muris 33 Oppida, quae iubeant telluri infindere sulcos. |
‘simul’ statt ‘simulatque’ (sobald); Ordne: facta legere poteris et cognoscere, quae sit virtus; ‘mollis’ hier: biegsam; flavescere (flavus) gelb, blond werden; arista – Ähre; beachte die Spondeen! incultus – ungepflegt, wild; rubens, entis - rot; sentis – Dornstrauch; quercus, us, f. - die Eiche; sudare (trans.) - ausschwitzen; roscidus (ros) - tauig; mel, mellis, n. - Honig; subesse – versteckt, verborgen sein, nahe sein, vorhanden sein; Thetis: Meernymphe; hier meton. für mare; die Seefahrt gilt nicht als Fortschritt, sondern als Hybris; ratis, is,f. – das Floß, Schiff; infindere – einschneiden; in dem Ausdruck liegt eine Abwertung der dem goldenen Zeitalter unangemessenen Feldarbeit; sulcus - Furche; |
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Es folgt die Schilderung der Mannesjahre, in denen die Glückszeit sich vollendet, wie es vom Schicksal bestimmt ist (V. 37-47);
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37 Hinc, ubi iam firmata virum te fecerit aetas, 38 Cedet et ipse mari vector nec nautica pinus 39 Mutabit merces: omnis feret omnia tellus. 40 Non rastros patietur humus, non vinea falcem; 41 Robustus quoque iam tauris iuga solvet arator. |
hinc - dann, darauf; vector (vehi) Seefahrer, Händler; nautica pinus ein (aus Fichtenholz gefertigtes) Schiff; raster, stri, m. (radere) - Hacke; vinea - Weinberg, Weinstock; falx, cis, f. - Messer (des Winzers); |
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DAS NEUE ZEITALTER (Vergil 4. Ekloge, Übersetzung der Auswahl V. 17 - 41) Er wird den befriedeten Erdkreis regieren mit (väterlicher) vom Vater ererbter Kraft. Doch dir, o Knabe, dem Lachenden (der dabei lacht), wird als erste Gabe die Erde ohne Bebauung (ergänze: von Seiten des Menschen) nach allen Seiten rankenden Efeu mit Baldrian und Seerosen vermischt mit (lachendem, lustigem, wenn ‚ridenti’ auf acantho zu beziehen ist) Akanthus hervorbringen. Selber werden die Ziegen die Euter, gespannt von Milch, nach Hause tragen und die Herden werden nicht die gewaltigen Löwen fürchten. Von selbst bringt die Wiege dir kosende Blumen hervor. Sterben wird (sowohl) die Schlange und (als auch) sterben wird das trügerische Giftkraut; überall wird das assyrische Amomum entstehen (geboren werden). Aber sobald du schon der Heroen Lobgesänge und die Taten des Vaters lesen kannst (eigentlich Futur) und erkennen kannst, was Tugend ist: (dann) wird allmählich das Feld gelb werden von biegsamen Ähren (Pl. statt Sg.) und die rote Traube wird vom ungepflegten Dornenstrauch (Sg. statt Pl.) hängen und die harten Eichen werden Honig wie Tau (tauigen) aus sich heraustreiben. Wenige Spuren der alten Bosheit werden dennoch verborgen dasein, die befehlen das Meer mit Schiffen zu erproben, die Städte mit Mauern zu umzingeln, der Erde Furchen einzuschneiden. Dann, sobald das gestärkte Alter dich schon zum Manne gemacht hat, wird auch der Seefahrer dem Meer ausweichen und nicht wird das Schiff Waren tauschen: die Erde insgesamt (überall?) wird alles tragen (so dass kein Tauschhandel mehr nötig ist). Nicht wird der Boden die Hacke dulden, nicht der Weinstock das Messer; auch wird bald der kräftige Pflüger den Stieren die Joche lösen.
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1. Ekloge Eigene Übersetzung in Auswahl / Eklogen
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