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Vortrag

Tibull, Elegien

Buch I, Neunte Elegie



Quid mihi, si fueras miseros laesurus amores,
°°°foedera per divos, clam violanda, dabas?
a miser, et si quis primo periuria celat,
°°°sera tamen tacitis Poena venit pedibus.
5 parcite, caelestes: aequum est impune licere
°°°numina formosis laedere vestra semel.
foedus: Vertrag, dare foedera per divos, Treue geloben (schwören), Tibull; periurium, ii, n.: der falsche Eid, der Meineid; celare: verheimlichen


Marathus‘ Bruch des Treueversprechens und Bitte um Schonung des Meineidigen
Was gabst du mir, wenn du doch die Absicht gehabt hattest, die unglückliche Liebe zu verletzen, Treueschwüre bei den Göttern, die heimlich verletzt werden mussten? O Unglücklicher! Wenn auch einer zunächst den Meineid verheimlicht, kommt doch die späte Strafe mit leisen Schritten. Verschont, ihr Himmlischen: Es ist recht, den Schönen ungestraft zu erlauben, eure Gottheit einmal zu verletzen.



lucra petens habili tauros adiungit aratro
°°°et durum terrae rusticus urget opus,
lucra petituras freta per parentia ventis
°°°10 ducunt instabiles sidera certa rates:
muneribus meus est captus puer. at deus illa
°°°in cinerem et liquidas munera vertat aquas.
lucrum: Gewinn, Vorteil; aratrum, i: Pflug; habilis: handlich, lenksam, bequem; urgere, eo: drängen, eifrig betreiben; fretum: Meerenge, Meer, Brandung;


Alle streben nach Gewinn; mit Geschenken gewann man auch den Marathus.
Gewinn erstrebend spannt der Landmann die Ochsen an den handlichen Pflug und betreibt eifrig das harte Geschäft des Ackerbodens; zuverlässige Gestirne führen schwankende Schiffe, die Gewinn erstreben wollen, über die den Winden gehorchende Meere: Mit Geschenken ist mein Knabe erobert worden. Doch möge ein Gott jene Geschenke in Asche und fließendes Wasser verwandeln.



iam mihi persolvet poenas, pulvisque decorem
°°°detrahet et ventis horrida facta coma;
15 uretur facies, urentur sole capilli,
°°°deteret invalidos et via longa pedes.
per-solvo, solvi, solutum, ere: auflösen, deutlich erklären, bezahlen, auszahlen, abzahlen, abtragen, erweisen; de-tero, trivi, tritum, ere, abreiben, abscheuern, abreibend abnutzen;


Als Strafe verliert Marathus seine Schönheit.
Schon wird er mir seine Strafen erklären; Staub wird seine Schönheit mindern und die durch den Wind schrecklich zugerichtete Frisur; sein Gesicht wird verbrannt werden, die Haare werden verbrannt werden von der Sonne, und der lange Weg wird die geschwächten Füße wundmachen.



admonui quotiens 'auro ne pollue formam:
°°°saepe solent auro multa subesse mala.
divitiis captus si quis violavit amorem,
°°°20 asperaque est illi difficilisque Venus.
ure meum potius flamma caput et pete ferro
°°°corpus et intorto verbere terga seca.
polluo, ui, utum, ere: besudeln, verunreinigen, entehren; sub-sum, fui, esse: u. a. in der Nähe sein, nahe sein, dabeisein, damit verbunden sein; petere: zu erreichen suchen, bedrohen; in-torqueo, torsi, tortum, ere: nach innen umdrehen, -umwinden, schwingen, schleudern; verber, eris, n.: Schlag, Stoß, Hiebe = die Peitschen-, Geißelhiebe, die Auspeitschung, Geißelung;


Warnung des Tibull; er will lieber körperliche Folter erleiden als Verletzungen durch verrate Liebe.
Des Öfteren habe ich gemahnt: „Beflecke deine Schönheit nicht mit Gold, oft pflegen viele Übel mit dem Gold verbunden zu sein. Wenn jemand durch Reichtum betört die Liebe verletzt hat, so verhält sich Venus ihm gegenüber hart und gefährlich. Brenne lieber mein Haupt mit der Glut, bedrohe meinen Körper mit der Klinge und zerfetze meinen Rücken mit geschwungenem Peitschenhieb.



nec tibi celandi spes sit peccare paranti:
°°°sit deus, occultos qui vetat esse dolos.
25 ipse deus tacito permisit leve ministro
°°°ederet ut multo libera verba mero:
ipse deus somno domitos emittere vocem
°°°iussit et invitos facta tegenda loqui.'
levis (mit kurzem e): leicht, leichtsinnig, wankelmütig, unbeständig, haltlos, eitel, lügenhaft, unwahr, edere, o: von sich geben;


Fehltritte kommen ans Licht, auch durch leichtsinniges Ausplaudern.
Es sei dir keine Hoffnung , zu verbergen, wenn du vorhast, einen Fehltritt zu begehen. Ein Gott sei da, der es verhindert, dass Arglist verborgen bleibt. Eben dieser Gott erlaubte dem ‚verschwiegenen‘ Diener Leichtsinniges, sodass er bei viel Wein freimütige Worte äußerte. Eben dieser Gott befahl den vom Schlaf Gefesselten ihre Stimme ertönen zu lassen und gegen ihren Willen, Dinge, die geheim bleiben müssten, auszuplaudern.“



haec ego dicebam: nunc me flevisse loquentem,
°°°30 nunc pudet ad teneros procubuisse pedes.
tunc mihi iurabas nullo te divitis auri
°°°pondere, non gemmis, vendere velle fidem,
non tibi si pretium Campania terra daretur,
°°°non tibi si Bacchi cura Falernus ager.
35 illis eriperes verbis mihi sidera caeli
°°°lucere et pronas fluminis esse vias.
quin etiam flebas: at non ego fallere doctus
°°°tergebam umentes credulus usque genas.
procubare: hingestreckt daliegen; dives: u. a. kostbar, prächtig, von hohem Werte; eripere: illis eriperes verbis mihi sidera caelo lucere, könntest du mir ausreden, daß usw., Tibull; pronus, a, um: vorwärts geneigt, sich vorwärts neigend; tergeo: abwischen, reinigen; umens, entis: feucht; credulus, a, um: leichttrauend, leichtgläubig, arglos;


Die falschen Beteuerungen des Marathus
Dies sagte ich. Nun beschämt es mich, beim Sprechen geweint zu haben, nun, zu deinen zarten Füßen hingestreckt gelegen zu sein. Damals schwurst du mir, dass du durch kein Gewicht kostbaren Goldes , durch keine Edelsteine deine Treue verkaufen wolltest, nicht, wenn dir kampanisches Land und nicht wenn der Falernische Acker (berühmt für den Weinbau), die Sorge des Bacchus, als Preis gegeben würde. Mit solchen Worten würdest du mir ausreden können, dass die Sterne des Himmels leuchten und dass die Wege des Flusses abschüssig sind. Auch weintest du sogar. Und ich, der das Täuschen nicht gelernt hatte, reinigte gutgläubig ständig seine feuchten Wangen.



quid faciam, nisi et ipse fores in amore puellae?
°°°40 sit precor exemplo sit levis illa tuo.
o quotiens, verbis ne quisquam conscius esset,
°°°ipse comes multa lumina nocte tuli!
saepe insperanti venit tibi munere nostro
°°°et latuit clausas post adoperta fores.
nisi: wenn nicht, wo nicht, wofern nicht; forem = essem;
levis: siehe V. 25; ad-operio, perui, pertum, ire: bedecken, zudecken, verhüllen; lateo, tui, ere: verborgen-, versteckt sein, -liegen, sich verborgen (versteckt) halten;


Tibull stellt sich vor, Marathus liebe ein Mädchen (Pholoe) und Tibull werde das fördern; Wunsch des Tibull, das Mädchen werde so umgehen mit Marathus wie dieser mit ihm.
Was soll ich tun? Wofern nicht auch du selbst in Liebe einem Mädchen verfallen wärst. Jene sei, ich bitte darum, wankelmütig nach deinem Beispiel. O wie oft habe ich selbst als Begleiter in tiefer Nacht die Lampen getragen, damit nicht jemand bei der Unterhaltung Mitwisser wäre. Oft kam sie dir, der keine Hoffnung mehr hatte, durch meine Gefälligkeit und verhüllt hielt sie sich versteckt hinter der geschlossenen Tür.



45 tum miser interii, stulte confisus amari:
°°°nam poteram ad laqueos cautior esse tuos.
quin etiam attonita laudes tibi mente canebam,
°°°at me nunc nostri Pieridumque pudet.
illa velim rapida Vulcanus carmina flamma
°°°50 torreat et liquida deleat amnis aqua.
tu procul hinc absis, cui formam vendere cura est
°°°et pretium plena grande referre manu.
laqueus: Schlinge, Fessel; liquidus: auch: hell, klar, rein; refero: auch: von einem Orte als Fund, Errungenschaft, Geschenk, Siegesbeute usw. zurückbringen, mit zurücknehmen, davontragen,


Tibull schämt sich seiner törichten Liebe
Damals/dann bin ich Armer zugrunde gegangen, töricht darauf vertrauend geliebt zu werden. Denn ich hätte vorsichtiger sein können bei deinen Fallstricken. Ich sang dir ja sogar mit verzückten Sinnen Loblieder, aber jetzt schäme ich mich meiner und der Musen. Möge Vulcanus mit gieriger Flamme jene Lieder verbrennen und der Fluss sie zerstören mit seinem klaren Wasser. Du mögest weit von hinnen sein/mach dich weit von hinnen, du, dessen Sorge es ist, sein Schönheit zu verkaufen und mit voller Hand einen riesigen Preis davonzutragen.



at te qui puerum donis corrumpere es ausus
°°°rideat adsiduis uxor inulta dolis,
55 et cum furtivo iuvenem lassaverit usu,
°°°tecum interposita languida veste cubet.
semper sint externa tuo vestigia lecto
°°°et pateat cupidis semper aperta domus:
nec lasciva soror dicatur plura bibisse
°°°60 pocula vel plures emeruisse viros.
illam saepe ferunt convivia ducere baccho,
°°°dum rota Luciferi provocet orta diem:
illa nulla queat melius consumere noctem
°°°aut operum varias disposuisse vices.
65 at tua perdidicit: nec tu, stultissime, sentis,
°°°cum tibi non solita corpus ab arte movet.
tune putas illam pro te disponere crines
°°°aut tenues denso pectere dente comas?
Ista haec persuadet facies, auroque lacertos
°°°70 vinciat et Tyrio prodeat apta sinu?
non tibi sed iuveni cuidam vult bella videri,
°°°devoveat pro quo remque domumque tuam.
nec facit hoc vitio, sed corpora foeda podagra
°°°et senis amplexus culta puella fugit.
ridere: auch: verlachen, auslachen, lächerlich machen; lassare: müde machen; languidus: matt, träge; externus, a, um: äußerlich, auswärtig, ausländisch, fremd; e-mereo, merui, meritum, ere: erwerben, (sich) etw. verdienen, sich um jmd. verdient machen alqm; ferunt u. Passiv fertur, feruntur: man berichtet, -erzählt, , man behauptet allgemein, es soll; ducere: u. a. aufführen, alci funus, ein Leichenbegängnis veranstalten; opus: Werk = der Beischlaf; vicis: (als Genet.; Nom. kommt nicht vor) der Wechsel, die Abwechselung, Wechselseitigkeit; pecto, pexi, pexum u. pectitum (vulg.), ere: kämmen; densus dens, der dicht gezahnte Haarkamm, Tibull; ista haec …: ‚ut‘ ist weggefallen (sekundärer Zusatz); prodire: hervorgehen; aptus: angeheftet, ausgestattet; V. 73 hoc Nom. Und Akk. ist positionslang, weil aus hod-ce entstanden; d durch Assimilation zu c, hoc-ce, Vereinfachung der Doppelkonsonanz: hoc


Verwünschung des Mannes, der Marathus durch Geschenke verführt hat
Aber dich, der du gewagt hast, den Knaben durch Geschenke zu verderben, mache deine Gattin ungestraft lächerlich durch ständige Hinterlist, und wenn sie in heimlichen Verkehr einen jungen Mann ermüdet hat, soll sie träge bei dir liegen mit dazwischengeschobenem Gewand. Immer seien fremde Spuren auf deinem Bett und immer soll dein leicht zugängliches Haus den Begierigen offenstehen. Und nicht einmal von deiner verdorbenen Schwester wird gesagt, dass sie mehr Becher getrunken habe und sich mehr um Männer verdient gemacht habe. Man spricht davon, dass jene oft für Bacchus Trinkgelage veranstalte, bis der aufgegangene Wagen des Lucifer den Tag ausruft. Keine könne besser als jene die Nacht zubringen oder verschiedene Abwechslungen der Liebesspiele angeordnet haben. Die Deine aber hat (sie) gründlich gelernt. Und du, du höchst Törichter, spürst nicht, wenn sie den Leib bewegt mit für dich ungewohnter Geschicklichkeit. Glaubst du, dass jene für dich ihre Haare ordnet oder die zarten Locken mit dichtgezahntem Kamm kräuselt? Bringt dieses dein Aussehen sie dazu, dass sie mit Gold die Arme umwindet und sich zeigt, ausgestattet mit einem purpurnen Kleid? Nicht für dich, sondern für irgendeinen Jüngling, für den sie dein Vermögen und dein Haus opfern würde, will sie schön erscheinen. Sie tut dies nicht aufgrund von Liederlichkeit, sondern ein gepflegtes Mädchen flieht einen durch Gicht hässlichen Körper und die Umarmungen eines Greisen.



75 huic tamen accubuit noster puer: hunc ego credam
°°°cum trucibus venerem iungere posse feris.
blanditiasne meas aliis tu vendere es ausus,
°°°tune aliis demens oscula ferre mea?
tum flebis, cum me vinctum puer alter habebit
°°°80 et geret in regno regna superba tuo.
at tua tum me poena iuvet, Venerique merenti
°°°fixa notet casus aurea palma meos:
HANC TIBI FALLACI RESOLUTUS AMORE TIBVLLUS
°°°DEDICAT ET GRATA SIS, DEA, MENTE ROGAT.
trux, trucis: grimmig; poena auch: Beschwerlichkeit, Mühseligkeit, Plage, Pein, die Qual; merere, eo/mereor, meritus sum: Verdienen, sich verdient machen; palma, ae, f.: die flache Hand, auch: = parma, der Schild, Tibull. 1, 9, 82; notare: u.a. kurz aufzeichnen; mens auch: Wille


Tibull will Marathus eifersüchtig machen.
Und doch lag diesem mein Knabe bei. Ich möchte glauben, dass dieser zusammen mit grimmigen Tieren in Liebe vereint sein könnte. Hast du es gewagt, anderen meine Liebkosungen zu verkaufen, anderen, toll geworden, meine Küsse darzubieten? Dann wirst du weinen, wenn ein anderer Knabe mich gefesselt hält und in deinem Reich eine stolze Herrschaft errichtet. Und dann wird deine Qual mich freuen, und ein Schild aus Gold, angeheftet der sich verdient machenden Venus, möge kurz meine Wechselfälle aufzeichnen: „Diesen widmet dir, aus trügerischen Liebe befreit, Tibull und bittet in der Absicht, dass du gnädig seist, o Göttin.“



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