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Abitur 98 Deutsch/Leistungskurs

Sophokles ‘Antigone’
Vergleichende Analyse mehrerer fiktionaler Texte
Texte: Sophokles ‘Antigone’, übers. von W. Kuchenmüller (Reclam 659)
A. Döblin 'Karl und Rosa', München 1950, S. 192f., S.201
Brecht 'Antigone' Werkausgabe edition suhrkamp Gesammelte Werke 10 S. 954

Aufgabenstellung:

Erläutern Sie die Texte von Döblin und Brecht (Gehen Sie dabei auch auf gestalterische Mittel des Gedichts von Brecht ein!) und legen Sie dar, welcher der beiden Texte Ihrer begründeten Meinung nach den Vorstellungen des Sophokles eher entspricht!

Alfred Döblin stellt in seinem Roman ‘Karl und Rosa’ dar, wie 1918 ein Lehrer nach dem Ende des Krieges wieder mit dem Unterricht beginnt, und zwar mit einer Besprechung der ‘Antigone’ des Sophokles.
Einer der Schüler, der ‘Rothaarige’, vertritt im Unterricht folgende Position:

„Es zeigte sich, daß dem Rothaarigen diese Heldin nicht gefiel. Sie verstieße gegen Gesetze des Staates, und noch dazu während eines Krieges, und zwar aus einem privaten Motiv, und demnach geschehe ihr ganz recht. ... Antigone ist ein Weib, das nicht die mindeste Ahnung davon hat, was ein Staat ist. Daß man sich seine Gefühle zu verkneifen hat, wenn es um die Allgemeinheit geht, und daß sich manche sogar für den Staat opfern, das geht in ihren kleinen Gehirnkasten nicht hinein. Sie kann nur wie ein Schloßhund jaulen, nachdem man ihr auf den Fuß getreten hat. Es ist eigentlich eine ausgefallene Idee, eine solche Person, die ihrer Umgebung mit ihren Gefühlen Schwierigkeiten bereitet und die imstande ist, alle zu gefährden, zu einer tragischen Heldin aufputzen zu wollen.“


Bertolt Brecht
Antigone
Komm aus dem Dämmer und geh
Vor uns her eine Zeit
Freundliche, mit dem leichten Schritt
Der ganz Bestimmten, schrecklich
Den Schrecklichen.

Abgewandte, ich weiß
Wie du den Tod gefürchtet hast, aber
Mehr noch fürchtetest du
Unwürdig Leben.

Und ließest den Mächtigen
Nichts durch, und glichst dich
Mit den Verwirrern nicht aus, noch je
Vergaßest du Schimpf und über der Untat wuchs
Ihnen kein Gras.

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Aufgrund des Diskussionsverlaufs im Unterricht erwarte ich, dass der Text aus Döblins Roman - der Kontext ist den Schülern/Schülerinnen nicht bekannt - als eine Möglichkeit der Interpretation völlig verworfen wird, dass vielmehr eindeutig für Antigone und gegen den von Kreon repräsentierten Staat Stellung genommen wird, und zwar im Sinne des Gedichts von Brecht.
Bei ihrer Begründung sollen die Schüler/Schülerinnen u. a. herausarbeiten, dass Kreon von Sophokles als der tyrannische Autokrat dargestellt wird, der das Volk missachtet, unbedingten Gehorsam verlangt, sogar monarchische Erbansprüche vertritt (Sophokles warnt die Athener vor einer möglichen Perversion ihrer Demokratie) und dass es vom athenischen Publikum als selbstverständliche heilige Pflicht der Familie angesehen wurde, den Angehörigen zu bestatten, dass also der zivile Ungehorsam der Antigone gerechtfertigt ist.
Diese Wertung wird noch zusätzlich durch den religiösen Horizont begründet, innerhalb dessen das athenische Publikum die Tragödie versteht und der in der Tragödie selbst sehr deutlich formuliert ist: dass nämlich menschliche Satzung wegen der Endlichkeit des Menschen nachrangig, göttliches Recht vorrangig ist.
Die Schüler/Schülerinnen müssten Brechts Deutung als die angemessene darstellen (Brechts Antigone-Bearbeitung, zu deren Premiere Brecht das Gedicht für Helene Weigel schrieb, ist den Schülern/Schülerinnen nicht bekannt, so dass die durch die Erfahrungen mit dem Hitler-Regime entstandene Verschärfung der Polarisierung, die Brecht sogar durch Änderung von Handlungszügen erreicht, nicht diskutiert zu werden braucht.).

Sollten die Schüler/Schülerinnen - vielleicht veranlasst durch zusätzliche Lektüre - zu anderen als im Unterricht besprochenen Ergebnissen kommen, so ist dies positiv zu werten, sofern die Ergebnisse hinlänglich begründet sind.
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1994 noch der Text Hegels dazu:
„In dem für mich absoluten Exempel der d Tragödie, in der Antigone, kommt die Farnilienliebe, das Heilige, Innere, der Empfindung Angehörige, weshalb es auch das Gesetz der unteren Götter heißt, mit dem Rechte des Staats in Kollision. Kreon ist nicht ein Tyrann, sondern vertritt etwas, das ebenso eine sittliche Macht ist. Kreon hat nicht unrecht; er behauptet, dass das Gesetz des Staates, die Autorität der Regierung gewahrt werden muss und Strafe aus der Verletzung folgt. Jede dieser beiden Seiten verwirklicht nur die eine der beiden, hat nur je eine zum Inhalt. Das ist die Einseitigkeit, und der Sinn der ewigen Gerechtigkeit ist, dass beide unrecht haben, weil sie einseitig sind, aber damit auch beide recht. Beide werden im ungetrübten Gange der Sittlichkeit anerkannt; hier haben sie beide ihr Gelten, aber ihr ausgeglichenes Gelten. Es ist nur die Einseitigkeit, gegen die die Gerechtigkeit auftritt.“

1. Stellen sie dar, was Hegel, Döblin und Brecht mit ihren Texten gemeint haben, indem Sie diese Texte mit Blick auf die Tragödie des Sophokles erläutern!

2. Legen Sie dar, welcher (bzw. welche) davon Ihnen für eine Interpretation der ‚Antigone’ stichhaltig erscheint (bzw. erscheinen) und welche nicht; begründen Sie Ihre Entscheidung!



Antigone

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