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Interpretationsaufgaben

Der kursiv gedruckte Text erscheint mir heute (nach 40 Jahren) für eine Klausur sehr ungeeignet, weil ihm die nötige Klarheit fehlt (Seneca probiert - zumindet sprachlich - unterschiedliche Definitionen durch) und auch, weil er wegen mancher Konstruktionen und Wortstellungen zu schwierig ist.

Zusatzaufgaben
Verhältnis Übersetzung - Zusatzaufgaben: 2:1

I. Erörtern Sie den Stellenwert der 'libertas' innerhalb der stoischen Ethik und stellen Sie dar, was Seneca im vorliegenden Text darüber sagt, wie diese 'libertas' erreicht wird und wodurch sie gefährdet ist!
















II.
Was ist nach dem vorliegenden Text für Seneca das Ziel dieser Freiheit?






III.
Beschreiben Sie den Stellenwert, den die 'voluptas' innerhalb des vorliegenden Textes und auch sonst bei Seneca hat, und erklären Sie ihn aus der Geschichte der Philosophie!





















IV.
Erläutern Sie den Satz "quibus delectabitur non ut bonis, sed ut ex bono suo ortis" (Z 7f.)!







V.
Stellen Sie aus dem Text die Formulierungen zusammen, die zum Wortfeld 'ratio' gehören, und legen Sie dar, in welcher Weise diese Begriffe Grundlage der 'vita beata' sind!

























VI.
Erläutern Sie, wieso die 'ratio' zur Erkenntnis der Wahrheit befähigt ist!


VII.
Erläutern Sie, warum die Lehre der Stoa sich in Rom durchsetzen konnte!





















VIII.
Formulieren Sie den Unterschied zwischen dem Menschenbild Senecas und dem Vergils!

























IX.
Charakterisieren Sie an typischen Beispielen aus dem vorliegenden Text Senecas Stil in Abgrenzung zum Stil Ciceros!









Erwartungshorizont für die Zusatzaufgaben

zu I.
Die Diskussion des Freiheitsbegriffs führt ins Zentrum der Ethik Senecas. Frei sein bedeutet für Seneca autonom sein, unabhängig von den äußeren Dingen, den Gütern der Welt, die den Zufällen ausgesetzt sind, und unabhängig von den Affekten. So wird der Mensch frei, der eigenen Natur zu folgen, seiner ratio, seiner virtus. Die Schüler sollen auf folgende Textstellen verweisen: die Affekte voluptates und dolores, terrores rauben dem Menschen die Freiheit; solange er wünscht und fürchtet (cupit, timet) und erst, wenn er nicht mehr leidet (mens soluta omnibus malis;) unter großen und kleinen Verletzungen, die ihm seine Umwelt zufügt (lacerationes, vellicationes;), und unter den Schlägen des Schicksals (irata et infestante fortuna;), dem er mit Gleichgültigkeit begegnen muß (fortunae neglegentia, ist er innerlich frei.

zu II.
Die Schüler sollen die Begriffe quies mentis et sublimitas (statt des üblicheren tranquillitas animi), gaudium, comitas et diffusio animi -zusammengefaßt durch inaestimabile bonum - herausfinden und das inaestimabile bonum als beata vita charakterisieren. Für sinnvolle weitergehende Erläuterungen und den Hinweis auf die griechische Entsprechung (Apatheia) können Zusatzpunkte gegeben werden.

zu III.
Innerhalb des Textes bewertet Seneca die voluptas negativ: sie versklavt den Menschen und läßt ihn die Bildung seines Inneren vernachlässigen (animo deserto), führt ihn vom eigentlichen Menschsein fort (cui ullum superest hominis vestigium, will dem Genuß nicht erliegen). Mit dieser starken Abwertung steht Seneca - philosophiegeschichtlich gesehen - in der Tradition des Platonismus, der den Dualismus von Seele und Körper betont; das Gegeneinander von animus und corpus am Ende des Textes kann als Beleg gelten (wobei voluptas dem Bereich des Körperlichen zugeordnet wird). Möglicherweise wird auch eine differenziertere Antwort gegeben: daß Seneca voluptas nicht immer so negativ darstellt wie im vorliegenden Text, sondern deren Gegenstände zu den Adiaphora zählt; wichtig ist, daß man sich nicht von ihnen beherrschen läßt, sondern sie beherrscht (rectae ac bonae voluntatis non dux, sed comes sit voluptas; De vita beata 8). Auch der vorliegende Text gibt Hinweise auf eine solch differenziertere Interpretation: das 'per diem noctemque titillari' verweist darauf, daß voluptas hier schon dux ist, nicht comes und darum verurteilt werden muß.

zu IV.
Das Zitat gibt Anlaß zu einem kurzen Hinweis auf die Güterlehre Senecas: Die Glückseligkeit wird nicht erreicht durch die bona, die Güter der Welt, die als Adiaphora charakterisiert sind, sondern durch die Qualität des autonomen, sich selbst genügenden sittlichen Subjekts, das in sich den Maßstab für das Gute hat.

zu V.
Es geht um die Formulierungen ex cognitione veri, beneficio rationis, felicitatis intellectus, ignoratio sui, ratio (Z 14), extra veritatem proiectus (Z 16), in recto certoque iudicio. Die Schüler können bei der Bearbeitung dieser Aufgabe zurückgreifen auf das Kapitel 'Urteil und Vernunft' aus Grimals Senecabuch (Darmstadt 1978, S. 265ff.). Im Innern des Menschen, in seiner ratio, liegt die Wahrheit über das rechte, zum glücklichen Leben führende Verhalten. Extra veritatem proiectus, wird er das rechte Leben verfehlen. Die cognitio veri erschließt sich ihm durch Selbsterkenntnis (negativ formuliert: ignoratio sui). In dieser Selbsterkenntnis kommt der Mensch zum rechten Urteil, das ihm den Maßstab gibt, woran er den Wert des von außen auf ihn Zukommenden richtig einschätzt. Diesem Maßstab folgend, wird er das vom Schicksal Abhängige und die Reaktion seiner Affekte so beurteilen, daß er die quies mentis erlangt (nec cupit nec timet beneficio rationis). Aus dem Rahmen dieser Überlegungen fällt der Begriff felicitatis intellectus, der eher in die philosophische Tradition des 'cogito ergo sum' gehört (von der Forschung wird meist Augustin als der angesehen, der diesen Gedanken zum ersten Mal formuliert.). Wenn man aber felicitatis intellectus interpretiert als das Wissen um die Bedingungen eines glücklichen Lebens, paßt der Begriff zu Senecas Vorstellung von einem rectum certumque iudicium.

zu VI.
Die Schüler kennen aufgrund des Kommentars zu 'Orbis Romanus' (S. 273) die Emanationslehre, den Gedanken der Teilhabe am göttlichen Urpneuma und der Gottähnlichkeit der menschlichen Seele.

zu VII.
Die Schüler sollen hinweisen auf die innere Verwandtschaft zwischen Römertum und Stoizismus: Die altrömischen Tugenden, die beispielsweise Livius bei der Darstellung der großen Männer der Vergangenheit herausstellt, Einfachheit (Bedürfnislosigkeit), Gleichmut, Beharrlichkeit, Gerechtigkeit, Selbstbeherrschung bis hin zur Schmerz- und Todesverachtung sind die Tugenden des stoischen Weisen. Über Cato Uticensis, der für Seneca als Verkörperung dieses Ideals gilt, wurde im Unterricht gesprochen. Weiter wurde erarbeitet, daß im Stoizismus das Moment der Lebenshilfe durch Philosophie im Vordergrund steht, daß die aufs Handeln ausgerichtete Ethik Ziel des philosophischen Denkens ist, was den Römern mehr entsprach als die Beschäftigung mit rein erkenntnistheoretischen Fragen. Es ist auch denkbar, daß in diesem Zusammenhang auf die Rezeptionsgeschichte der stoischen Philosophie in Rom (Panaitios, Scipionenkreis, Poseidonios, Cicero) eingegangen wird.

zu VIII.
Aus dem Vergleich könnte sich eine kritische Stellungnahme zu Senecas Philosophie ergeben. Herausgearbeitet werden soll das Menschen- und Weltabgewandte bei Seneca, der Rückzug aus der Außenwelt in die Innerlichkeit, das mehr passive Erdulden von Schicksalsschlägen, die Verachtung des Leidenschaftlichen, das Sich-Abschirmen vom Leid, während bei Vergil trotz Ähnlichkeiten die Akzente stark verschoben sind: Aeneas als Repräsentant des Menschlichen bei Vergil ist der Welt zugewandt, gestaltet sie, formt sie um, wirkt hinein in die Geschichte, macht sozusagen Geschichte, anerkennt zwar das Schicksal, aber er sieht in ihm mehr das Positive, bei dem er aktiv mitwirkt (Der Auftrag des Fatums und das, wozu er sich im Innern berufen fühlt, sind identisch.); Schicksal ist für ihn nicht das Negative, vor dem man sich beugen muss. Aeneas ist auch groß wegen seiner großen Leidenschaftlichkeit; er wendet sich den Menschen zu, hängt sich an sie, selbst bei Gefahr des Scheiterns, und er versucht nicht, dem Leid zu begegnen, indem er der Welt und allem, was Leid bringen könnte, auch den Menschen, 'stirbt', sondern indem er sich dem, was Leid bringen könnte, öffnet, das Leid annimmt und durchlebt und durchsteht.

zu IX.
Im wesentlichen soll der Unterschied im Satzbau beschrieben werden: die großangelegte, wortreiche Periode bei Cicero, die sentenzartige Knappheit des Satzbaus bei Seneca. Auch auf die Wirkung von Senecas Stil könnte eingegangen werden: Aufrütteln, auf Veränderung im Menschen bedacht. Hingewiesen werden sollte auf die Sentenzen: ergo exeundum ad libertatem est; Hanc non alia res tribuit quam fortunae neglegentia; non ideo tamen quisquam felicia dixerit, quibus non est felicitatis intellectus; beatus enim dici nemo potest extra veritatem proiectus; Beata ergo vita est in recto certoque iudicio stabilita et immutabilis. Des weiteren soll darauf hingewiesen werden, daß häufig parataktisch konstruiert wird, daß bei Hypotaxe meist nur Gliedsätze ersten Grades und jeweils nur einer vorkommt. Auch die Verknappung der Sprache durch die Wahl von Partizipkonstruktionen soll erkannt werden; besonders auffallend das Partizip Futur: statura, vindicatura. Auffällig auch die sehr verknappende Reihung in den Zeilen 5-7. Wer noch Zeit hat, kann für Seneca typische Stilfiguren herausfinden, insbesondere auffällige Wortstellung, Wortspiele, die Häufung bei der Beschreibung der voluptas, die Ironie u.ä. (Zusatzpunkte)

Konkrete unterrichtliche Voraussetzungen für die Bearbeitung des Vorschlags/der Aufgabe

In 12.2 hat der Kurs einige Briefe Senecas an Lucilius gelesen, wobei den Schülern das Übersetzen in Gruppenarbeit am meisten Freude machte. Sie haben aber auch mit Interesse die philosophischen Probleme diskutiert, wobei ihnen der ausführliche Kommentar des 'Orbis Romanum', Auszüge aus Grimals Seneca-Buch, aus Bütler/Schweizer 'Seneca im Unterricht' (Heidelberg 1974) und ein Referat einer Schülerin, die Latein studieren will, über die Stoa zugute kam.
Der Text wurde gewählt, weil er wesentlichen Einblick gibt in die Grundlagen der Philosophie Senecas und den Briefen an Lucilius zeitlich und inhaltlich nahesteht. Da der Text inhaltlich so ergiebig ist - sprachlich nicht in gleichem Maße - bezieht sich ein großer Teil der Zusatzaufgaben auf eine inhaltliche Interpretation.
der Vergleich mit Vergil und Cicero in den Zusatzaufgaben garantiert das Überschreiten der Sachgebiete eines Kurshalbjahres.


De Vita beata V / De vita beata VI

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