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Wallenstein – Friedensfürst oder Verbrecher?
Schillers großes Drama in Bergisch Gladbach

„Schillers Wallenstein ist so groß, dass in seiner Art zum zweitenmal nicht etwas Ähnliches vorhanden ist.“ (Goethe zu Eckermann). Zweifellos ist der 1798/1799 fertiggestellte ‚Wallenstein’ eines der größten Dramen der deutschen Sprache, ja der Weltliteratur.

Schiller zeigt in ihm die letzten vier Tage im Leben Wallensteins, der um so mehr an Größe gewinnt, je stärker die gegen ihn kämpfenden Kräfte wirken.

Gegen diese Kräfte will Wallenstein, Oberbefehlshaber des Kaisers und damit des deutschen Reichs, nach 15 Jahren des dreißig Jahre währenden Kriegs den Frieden erzwingen. Darum muss er mit den Feinden, den protestantischen Schweden, verhandeln, darum auch sich gegen seinen obersten Kriegsherrn, den Kaiser, stellen. Denn dieser, der Habsburger Ferdinand II., ist militanter Katholik (Originalton: „Lieber eine Wüste als ein Land mit Ketzern“) und will keinen Frieden mit den Protestanten; wohl aber will er in diesem ‚Religionskrieg’ seine Hausmacht (Österreich) stärken; dies ist ihm wichtiger als das Wohl des deutschen Reichs, für das er als Kaiser verantwortlich wäre.

Die Auseinandersetzung zwischen dem Fundamentalisten Ferdinand und seinem toleranten, die Notwendigkeit eines Friedens erkennenden Feldherrn spitzt sich zu; dem Fürsten Wallenstein, dessen organisatorisches und militärisches Genie den Kaiser groß gemacht hat, wird der Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen entzogen, viele seiner Generäle verlassen ihn; er versucht, eine Gruppe von Elitesoldaten weiter an sich zu binden, indem er ihnen seine Beweggründe erklärt; und Wallenstein weiß, dass er diesen Soldaten nichts vormachen kann:

Ihr werdet dieses Kampfes Ende nimmer
Erblicken! Dieser Krieg verschlingt uns alle.
Östreich will keinen Frieden, darum eben,
Weil ich den Frieden suche, muss ich fallen.
Was kümmerts Östreich, ob der lange Krieg
Die Heere aufreibt und die Welt verwüstet,
Es will nur wachsen stets und Land gewinnen.
Mir ists allein ums Ganze. Seht! Ich hab
Ein Herz, der Jammer dieses deutschen Volks erbarmt mich.
... Sagt, wo soll das enden? Wer
Den Knäul entwirren, der sich endlos selbst
Vermehrend wächst - Er muss zerhauen werden.
Ich fühls, dass ich der Mann des Schicksals bin.

Aber Wallenstein ist nicht der Mann, der die rechte Gelegenheit ergreifen und den Knoten zur rechten Zeit zerhauen kann. Er ist nicht von solch schlichter Gemütsart, dass er mit einfachen Formeln die Geschicke der Menschen entscheidet. Er ist zu klug und zu erfahren, um die einfachen Lösungen zu akzeptieren. Mit realistischem Sinn und großer Intellektualität durchschaut er das komplizierte Geflecht der treibenden politischen, ökonomischen, militärischen Kräfte, die Vielfalt möglicher Verknüpfungen und weiß, dass eine einzige Entscheidung, ein einziger Eingriff in dieses Wirkungsnetz weitreichende und schwerwiegende Folgen für das Ganze hat.

So muss er sich gegen schlichtere Naturen wenden, sozusagen gegen Stammtisch-Mentalität, auch gegen die seiner politisch Verbündeten. Die sind durch den Willen zur Macht kurzsichtig geworden und drängen ihn zu schnellen Entscheidungen (z. B. seine Berater Illo und Terzky). Er muss aber auch dem jugendlich-idealistischen Überschwang des von ihm über alles geliebten Freundes Max Piccolomini entgegentreten:
Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit,
Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen,
Wo eines Platz nimmt, muss das andre rücken.

Da ist kein Raum für einfache Lösungen und Wallenstein wird zum großen Zögerer, weil er das Beziehungsgeflecht der europäischen Politik durchschaut. Er weiß, dass es nur den einen Zeitpunkt gibt, in dem die Konstellation aller Umstände so günstig ist, dass Handeln erfolgreich sein kann. Diese Konstellation zu erkennen aber ist unendlich schwierig, weil die Zahl der Umstände, die berücksichtigt werden müssen, allzu groß ist. So zögert er; und erst als über ihn schon entschieden ist, trifft er - zu spät - die Entscheidung, offen zu rebellieren. Er ist vom Kaiser geächtet und wird von falschen Freunden ermordet.

Eine der Konstellationen, die Wallenstein beachten musste, ist die Seelenlage der meisten Menschen seiner Zeit. Diese halten an dem fest, was „in der Gewohnheit festgegründet ruht“.

Das ewig Gestrige,
Was immer war und immer wiederkehrt,
Und morgen gilt, weils heute hat gegolten!

dies fürchtet Wallenstein. Gegen diese orthodox-konservativen Ewig-Gestrigen zu kämpfen, ist nahezu aussichtslos. Im 17. Jahrhundert, dem Jahrhundert des Dreißigjährigen Kriegs, heißt das: Eine Rebellion gegen einen Herrscher von Gottes Gnaden ist Hochverrat und sündhaft, auch wenn dieser Herrscher ein Kriegstreiber ist. Darum muss Wallenstein mit seinem Versuch, gegen den Kaiser eine neue Ordnung in Europa, eine zukunftsorientierte Friedensordnung zu errichten, scheitern.

Ein positives Bild Wallensteins, von Schiller eher intuitiv erfasst, denn die Wallenstein entlastenden Quellen waren zu Schillers Zeit nicht bekannt. Im Prolog zu diesem Drama freilich nennt Schiller Wallensteins Tabubruch - wie schon in seinem einige Jahre zuvor geschriebenen Geschichtswerk über den Dreißigjährigen Krieg - ein Verbrechen; das Verbrecherische im Handeln Kaiser Ferdinands, die Aufforderung zum Mord an Wallenstein, wird dagegen bei Schiller nicht thematisiert. Schiller schwankt bei der Beurteilung des Charakterbilds von Wallenstein und seinem Kaiser: Für den Hofrat Schiller ist Wallensteins Politik verbrecherisch, für Schiller, dem ‚citoyen français’, der durch die Schule der französischen Revolution gegangen war, ist er der weitsichtige Friedensfürst, der für Europa eine bessere Zukunft hätte schaffen können.



Mittwoch, den 15. Oktober 2003, 19.30 Uhr im ‚Bergischen Löwen’; Altonaer Theater Hamburg Nordtour - Inszenierung: Axel Schneider;



Klausur P V, W II,7 mit Lösung / Dramen

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