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5. Klassenarbeit 10c
05.06.2000

Schiller, Die Jungfrau von Orleans

Thema: Berufung, Krise und Überwindung der Krise

Bearbeite folgende Stellen: I,10 1072 – 1110 (Erzählung Johannas von ihrer Berufung), III,4 ab V.2193 bis Ende des Auftritts (Verteidigung der Berufung), IV,1 (Monolog Johannas) und V,4 (Gespräch mit Raimond)

Wie sieht Johanna in den angegebenen Auftritten ihre Berufung, ihre Krise und die Überwindung der Krise? Berücksichtige dabei die Formulierung: „Johanna ist der Mensch, der um der Idee willen die Natur überwindet und die Freiheit gewinnt.“

Lösungsvorschlag

Schiller stellt in seinem Drama ‚Die Jungfrau von Orleans‘ die Geschichte der Jeanne d’Arc dar, die als 17-jähriges Mädchen aus Domrémy 1429/30 Frankreich von der jahrzehntelangen Unterdrückung durch die Engländer befreit, indem es sich an der Spitze des französischen Heeres stellt, das Land, dessen Fürsten untereinander zerstritten sind, eint, und erreicht, dass der rechtmäßige Erbe des französischen Throns, Karl VII, in Reims gekrönt wird.

Besonderen Wert legt Schiller in seiner ‚Romantischen Tragödie‘ auf die Berufung Johannas, auf die Krise, die Johanna wegen dieser Berufung durchleiden muss, und darauf, wie sie diese Krise überwindet.

Johanna begegnet dem französischen Dauphin und seinem Gefolge zum ersten Mal, nachdem sie ihre erste Schlacht gegen die Engländer gewonnen hat. Befragt, wie sie dazu komme, für die Befreiung Frankreichs zu kämpfen, erzählt sie von der Berufung durch die Jungfrau Maria, die ihr erschienen sei und den Kampf für Frankreich von ihr gefordert habe. Um sich dieser Berufung völlig widmen zu können, müsse sie alles, was bisher ihr Leben bestimmt habe, aufgeben: ihre Heimat, ihren Beruf als Hirtin, sogar die Erfüllung in der Liebe zu einem Mann:
Lass die Herde.
Dich ruft der Herr zu einem anderen Geschäft!
... Eine reine Jungfrau
Vollbringt jedwedes Herrliche auf Erden,
Wenn sie der irdschen Liebe widersteht.

Johanna will diese Berufung nicht annehmen, da sie sich ihrer nicht gewachsen und würdig fühlt, und folgt ihr nur unter Zwang, aus Angst vor dem Zorn und dem Glanz des Himmlischen.

Als dann in III,4 Karl und sein Gefolge Johanna, nachdem sie für den König entscheidende Siege errungen hat, verheiraten will, weil man glaubt, sie habe ihre Berufung erfüllt und beendet, erinnert Johanna empört an das Besondere ihrer Berufung, das sie völlig und endgültig ergriffen hat:
Berufen bin ich zu ganz anderm Werk,
Die reine Jungfrau nur kann es vollenden.
Ich bin die Kriegerin des höchsten Gottes,
Und keinem Manne kann ich Gattin sein.

Es geht um den Gegensatz zwischen der Berufung Johannas durch Gottes Geist und ihrer Natur als Frau, wie der Erzbischof sie sieht:
Dem Mann zur liebenden Gefährtin ist
Das Weib geboren - wenn sie der Natur
Gehorcht, dient sie am würdigsten dem Himmel!

Johanna solle nun, nachdem sie die Waffensiege errungen hat,
... wiederkehren zu dem sanfteren
Geschlecht, das du verleugnet hast, das nicht
Berufen ist zum blutgen Werk der Waffen.

Johanna entgegnet, dass sie nur Gott und ihrer Berufung gehorchen wird und nicht den Menschen (vgl. Antigone); den Dauphin klagt sie an, dass er das Gefäß Gottes zerstören will, wenn er sie durch eine Heirat von ihrer Berufung abbringen möchte, und dass er und sein Gefolge nicht die Radikalität ihrer Berufung erkennen wollen:
Ihr blinden Herzen! Ihr Kleingläubigen!
Des Himmels Herrlichkeit umleuchtet euch,
Vor eurem Aug enthüllt er seine Wunder,
Und ihr erblickt in mir nichts als ein Weib.

Ihre Heftigkeit erklärt sich aus ihrem Wissen, dass sie die von Gott gegebene Natur der Frau verleugnet und dass es nur durch etwas Einzigartiges gerechtfertigt sein kann, sich gegen diese Natur zu wenden.
Weh mir, wenn ich das Rachschwert meines Gottes
In Händen führte, und im eiteln Herzen
Die Neigung trüge zu dem irdschen Mann!
Mir wäre besser, ich wär nie geboren!

Als Johanna in ihrem nächsten Kampf dem Mann begegnet ist, den sie liebt, und da dieser Mann noch dazu der Feind ihres Vaterlands ist, wankt sie in ihrer Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Berufung durch Gott und vom Sinn ihres Opfers, das sie um dieser Berufung willen gebracht hat. Zwar weiß sie, dass sie mit dieser Liebe eine schwere Schuld auf sich geladen hat und fragt sich:
Darf ...
Ich meines Landes Retterin,
Des höchsten Gottes Kriegerin,
Für meines Landes Feind entbrennen!

Aber sie stellt sich vor, dass Gott sie ja auch als Frau geschaffen und ihr ein mitfühlendes Herz gegeben hat.
Konnt ich dieses Herz verhärten,
Das der Himmel fühlend schuf!

Dass sie blind gehorchen, ein blindes Werkzeug sein sollte, alles außerhalb ihrer Berufung hätte ausblenden, ihre Natur hätte verleugnen sollen, hält sie nun für eine Überforderung: Gott habe Übermenschliches von ihr verlangt, sie sei ja auch nur ein Mensch, eine Frau.
Willst du deine Macht verkünden,
Wähle sie, die frei von Sünden
Stehn in deinem ewgen Haus,
Deine Geister sende aus,
Die Unsterblichen, die Reinen,
Die nicht fühlen, die nicht weinen!
Nicht die zarte Jungfrau wähle,
Nicht der Hirtin weiche Seele!

Sie fühlt sich überfordert und darum unschuldig an ihrer schweren Schuld und klagt Gott an:
Schuldlos trieb ich meine Lämmer
Auf des stillen Berges Höh.
Doch du rissest mich ins Leben,
In den stolzen Fürstensaal,
Mich der Schuld dahinzugeben,
Ach! es war nicht meine Wahl!

Zu dieser Prüfung kommt eine weitere: ihr Vater hat sie als Hexe angeklagt, sie verteidigt sich nicht, da sie sich wegen ihrer Liebe zu Lionel schuldig fühlt, und wird von den Franzosen verstoßen. In ihrer Einsamkeit steht ihr nur Raimond bei, der ihr von ihrem Vater als Mann zugedacht war.

Doch Johanna bedarf dieses Beistands nicht. Sie hat aus ihrer Krise herausgefunden
In mir ist Friede - Komme, was da will,
Ich bin mir keiner Schwachheit mehr bewusst!
und hat in ihrer Einsamkeit gelernt, was ihre wirkliche Berufung ist: in der Öde lernt ich mich erkennen.
Sie hat erkannt, dass ihr diese Krise, das Schuldigwerden und das Leid von Gott geschickt wurde; denn ohne Götter fällt kein Haar/Vom Haupt des Menschen, und darum weiß sie: Es war kein Irrtum, eine Schickung wars.
Und sie hat die Absicht von Gottes Wirken erkannt: sie muss durch diese väterliche Prüfung, durch das Leid lernen, reifer werden (Nur wenn sie reif ist, fällt des Schicksals Frucht!), um ihre Berufung als das ihr Eigene anzuerkennen und in Freiheit annehmen zu können. Ihre Berufung aber ist nicht das Schicksal der Frau, wie es der Erzbischof sieht, sondern das der Streiterin für die Freiheit und Einheit Frankreichs. Um dieser Idee willen nimmt sie die Berufung, die ihr zu Beginn aufgezwungen war, bereitwillig auf sich und überwindet in Freiheit ihre Natur als Frau.

Dieses freiwillige Auf-sich-nehmen der Berufung bedeutet aber nicht nur, dass sie ihre Natur als Frau überwindet, sondern auch, dass sie – jetzt freiwillig - verzichtet auf das Fragen nach dem Sinn von Gottes Handeln und blind auf dessen Tun vertraut:
Verdient ichs, die Gesendete zu sein,
Wenn ich nicht blind des Meisters Willen ehrte!
(3165f.)
und:
Mich wird nichts treffen, als was sein muss. (V.3120)
Der die Verwirrung sandte, wird sie lösen! (V.3183)
Diese blinde Vertrauen in Gottes Gnade und Güte gibt ihr die Sicherheit, dass ihr der rechte Weg gewiesen wird:
Sorge nicht, ich werde
Ans Ziel gelangen, ohne dass ichs suche. –



II,7 und 8 (Klassenarbeit für 8) / Die Jungfrau von Orleans

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