Mann Thomas
Molière
Klausuren, Klassenarbeiten
Zusammenfasssung und Anm. Buch I und II
Textauswahl für den Unterricht erläutert
Vortrag über Thomas Morus und seine 'Utopia'
Alkipiades
Hamilkar
Hannibal
Themistokles
Bilder
Opitz, Martin
Ortheil Hanns-Josef
Ars amatoria
Metamorphosen
Plinius
'Im Westen nicht Neues'
Rodrian
Sallust
Wallenstein
Die Jungfrau von Orleans
Der Verbrecher aus verlorener Ehre
Maria Stuart
Tell
'Der Vorleser'
Rede
'Das siebte Kreuz'
an Lucilius
Über das glückliche Leben
Dramen
Antigone
König Ödipus
Der Schimmelreiter
Lulu von Strauss und Torney
Süßkind
Tibull
Trakl
Aeneis
Eklogen
Martin Walser
Robert Walser
'Das Gold von Caxamalca'
'Frühlingserwachen'
Die Ermittlung
Gedichte
Diss. Anmerkungen
Diss. Kapitel 1 - 4
in Diss. zitierte Literatur
Vortrag

2. Klassenarbeit 9a am 23.11.98

Interpretiere aus Peter Weiss ‘Die Ermittlung’ den 2. Teil des 4. Gesangs („Gesang von der Möglichkeit des Überlebens II“ (S. 81 Mitte bis 88 oben)!

1. Formuliere möglichst kurz (thesenartig) die Themen, die in dem angegebenen Teil behandelt werden! Also eine Inhaltsangabe in Stichworten, wobei die Stichworte auch aus kurzen Sätzen bestehen können; Nummeriere die einzelnen Stichworte! z. B.:
1. Machtfülle der Bewacher ist unbegrenzt.
2. Dr. Flage hat Menschlichkeit gezeigt, er konnte vereinzelt Leben retten - Beweis für Möglichkeit, auf die Maschinerie einzuwirken, wenn es mehr von seiner Art gegeben hätte.

2. Stelle sorgfältig dar, welche Gefahr Martin Walser (in ‘Unser Auschwitz’) darin sieht, dass man Auschwitz als Hölle bezeichnet, und wie Peter Weiss in 4,II diese Gefahr vermeidet, indem er die Lagerwelt verständlich zu machen sucht, d. h. die Ähnlichkeit aufzeigt, die das Lager mit der Gesellschaft, aus der das Regime hervorgegangen war, hat!

aus: Martin Walser ‘Unser Auschwitz’
(‚Widerspruch’ ein Lesebuch Verlag Schöningh)
Weil wir uns ... nicht hineindenken können in die Lage der „Häftlinge“, weil das Maß ihres Leidens über jeden bisherigen Begriff geht und weil wir uns deshalb auch von den unmittelbaren Tätern kein menschliches Bild machen können, deshalb heißt Auschwitz eine Hölle, und die Täter sind Teufel. So könnte man sich erklären, warum immer, wenn von Auschwitz die Rede ist, solche aus unserer Welt hinausweisenden Wörter gebraucht werden.
Nun war aber Auschwitz nicht die Hölle, sondern ein deutsches Konzentrationslager. ... Und die Folterer waren keine phantastischen Teufel, sondern Menschen wie du und ich. ...
Unsere mangelnde Erfahrung und das Übermaß des Begangenen sind sicher ein Grund dafür, dass wir uns Auschwitz mit solchen Wörtern vom Halse halten. Man kapituliert einfach vor soviel „Unmenschlichkeit“. ... Die Bedingungen, die diese Brutalität ermöglichten, sind viel zu farblos, viel zu sehr im Historischen, im Politischen, im Sozialen zu Hause, also entschwinden sie uns vor dem saftigen lnbegriff eines SS-Mannes, den wir zur Bestie stilisieren. ...
... sollten wir doch ein bisschen genauer sein, wenn es um Auschwitz geht. Da spielen die Bedingungen eine zu große Rolle, da sind es überhaupt die Bedingungen, die Auschwitz unter uns ermöglichten. Wie Auschwitz für die „Häftlinge“ war, werden wir nie verstehen. Aber was geschah, dass es für diese „Häftlinge“ ein Auschwitz gab, das sollte nicht in einer Flucht zu phantastischen Umschreibungen ... verlorengehen.
Auschwitz ist überhaupt nichts Phantastisches, sondern eine Anstalt, die der deutsche Staat mit großer Folgerichtigkeit entwickelte zur Ausbeutung und Vernichtung von Menschen.

Lösungsvorschlag

zu 1.
1. Machtfülle der Bewacher ist unbegrenzt.

2. Dr. Flage hat Menschlichkeit gezeigt, er konnte vereinzelt Leben retten - Beweis für Möglichkeit, auf die Maschinerie einzuwirken, wenn es mehr von seiner Art gegeben hätte.

3. Zeuge 3, ein Häftlingsarzt, konnte ebenfalls vereinzelt Leben retten, konnte Listen bearbeiten

4. Zeuge 3 nennt Grundsätze für eine Auswahl derer, die gerettet werden sollten; es wurden die ausgewählt,
a) die größere Chancen hatten zu überleben,
b) die für die Widerstandsbewegung nützlich waren; die politisch Aktiven stützten und halfen einander.

5. Hauptaufgaben des Widerstands bestand darin
a) Solidarität aufrecht zu erhalten,
b) die entsetzlichen Erfahrungen zu dokumentieren,
c) den seltenen Kontakt zu Partisanentruppen herzustellen, um an Informationen zu kommen und einen Aufstand zu organisieren.

6. Zeuge 3 hat nur Kenntnis von einem einzigen Aufstand, der auch noch missglückte.

7. Zeuge 3 spricht von der Hoffnung auf Bombardierung der Zufahrtswege oder der Gaskammern durch die Aliierten

8. Widerstandskraft kam aus der Hoffnung, die Erfahrungen später weitergeben zu können.

9. Versuch der Verteidigung, Zeuge 3 und die Angeklagten gleichzustellen - auch der Zeuge hat als inhaftierter Arzt Tötungen beigewohnt

10. Zeuge 3 räumt Teilnahme an den Machenschaften des Systems ein, die Funktionshäftlinge sind den Beherrschern ... schon einen Schritt entgegengegangen in der Hoffnung zu überleben.

11. Es bestand Ähnlichkeit zwischen Häftling und Bewacher: die gleichen Menschen ... aufgewachsen unter denselben Begriffen ... eingesetzt ... für den gleichen Aufschwung und Gewinn; Häftling hätte auch Bewacher sein können; darum sei diese Lagerwelt nicht unverständlich; die Gesellschaftsordnung, die der geltenden Ordnung zugrunde lag, war in ihrer Anlage vertraut: die der Ausbeutung; deren letzte Konsequenz war, dass der Ausgebeutete noch sein eigenes Knochenmehl geben musste.

12. Weil viele Häftlinge diese Zusammenhänge nicht verstanden, wehrten sie sich nicht: ein sinnloser Tod von Millionen.

13. Wo diese Gesellschaftsordnung Geltung hat, ist eine Wiederholung von Auschwitz möglich, dann aber wird die Vernichtung noch effektiver sein.

14. Zeuge 3 war politisch aktiv; deshalb wusste er, warum er im Lager war; dieses Wissen half, seine Identität zu wahren.

15. Zeuge 7 berichtet von seiner Rettung: andere haben ihm geholfen, den Kontrollen zu entgehen, der Lebenswille half ihm, aber auch der Zufall.

16. Zeuge 7: das Lager besteht weiter.

zu 2.
Martin Walser befürchtet, dass die Menschen, indem sie Auschwitz eine Hölle und die Täter Teufel nennen, die Wirklichkeit von Auschwitz als eine Wirklichkeit jenseits ihrer Welt von sich weisen. Den Grund für dieses Von-sich-weisen kann er verstehen: das Maß (des) Leidens (der Opfer) (geht) über jeden bisherigen Begriff.

Wenn wir uns aber Auschwitz mit solche Wörtern vom Halse halten, erkennen wir nicht die Bedingungen, die zu Auschwitz geführt haben und die möglicherweise immer noch unserer Gesellschaftsordnung zugrunde liegen. Wenn man ein weiteres Auschwitz vermeiden will, muss man diese gesellschaftlichen Bedingungen erkennen und ändern.

Dieses Thema wird in derErmittlung’ in der angegebenen Szene deutlich angesprochen, und zwar durch den Zeugen 3 . Er geht von der Ähnlichkeit zwischen Opfer und Täter aus (die gleichen Menschen wie sie dort Häftling und Bewacher waren) und erklärt diese Ähnlichkeit dadurch, dass beide durch dieselbe Gesellschaftsordnung geprägt sind (aufgewachsen unter den selben Begriffen - Wir kannten die Gesellschaf/aus der das Regime hervorgegangen war/das solche Lager erzeugen konnte/Die Ordnung die hier galt/war uns in ihrer Anlage vertraut).

Die Formulierung Sie hatten sich eingesetzt ... für den gleichen Aufschwung und Gewinn gibt einen ersten Hinweis, welche Art von Gesellschaftsordnung von Peter Weiss verantwortlich gemacht wird für das Unmenschliche von Auschwitz. Der Zeuge 3 nennt das System der Ausbeutung, der Herrschaft des Ausbeutenden über die, die von ihm abhängig und darum wehrlos ausgeliefert sind. Maxime des Ausbeutenden ist Profit und nicht Menschlichkeit und dieses Prinzip hat im Lager in bisher unbekanntem Grad seine Herrschaft entwickelt so sehr, dass der Ausgebeutete schließlich noch sein eigenes Knochenmehl liefern musste, wenn es Profit brachte - dies sieht Zeuge 7 als die letzte Konsequenz eines solchen Systems, das heißt aber auch: er sieht keinen qualitativen Unterschied zwischen der Gesellschaftsordnung außerhalb des Lagers und der ‘Ordnung im Lager’. Wo prinzipiell die Ausbeutung möglich ist, da ist auch ihre letzte Konsequenz möglich.

Die Praxis der Großunternehmen, die die Häftlinge für sich arbeiten ließen und die die Zusammenarbeit mit dem KZ als segensreiche Freundschaft (S. 101) empfanden, bestätigt - zumindest für die Zeit des Nationalsozialimus - diese These. Solange eine Gesellschaftsordnung durch das Prinzip der Ausbeutung bestimmt ist, solange besteht als Möglichkeit das Lager weiter, wie am Ende der Szene der Zeuge 7 sagt.



Die Ermittlung

HaftungsausschlussImpressum