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1. Klassenarbeit 9c am 29.10.98

Thema: Lessing ‘Nathan der Weise’
2 Unterrichtsstunden

Interpretiere die Szene IV,2

1. Fasse kurz den Inhalt der Szene zusammen!

Der Patriarch der christlichen Kirche in Jerusalem kommt mit allem geistigen Pomp von einem Krankenbesuch und begegnet dem Tempelherrn, der von ihm einen Rat erbittet. Der Patriarch tadelt zunächst den Tempelherrn, dass dieser seine Bitte, Saladin zu ermorden, aufgrund einer eiteln Ehre abgeschlagen hat. Der Tempelherr geht auf diesen Tadel nicht ein, sondern berichtet dem Patriarchen - ohne Namen zu nennen - den Fall, dass ein Jude ein Christenkind mit der größten Sorgfalt/Zu allem Guten auferzogen, und zwar als Jüdin. Der Patriarch will sich mit diesem Fall nur auseinandersetzen, wenn er nicht als eine Hypothese dargestellt wird, sondern sich wirklich ereignet hat. In letzterem Fall müsse der Jude nach päpstlichem und kaiserlichem Recht verbrannt werden, auch dann, wenn, wie der Tempelherr einwendet, das Kind sonst umgekommen wäre.
Denn besser,
Es wäre hier im Elend umgekommen,
Als dass zu seinem ewigen Verderben
Es so gerettet ward
argumentiert der Patriarch. Und auch nach dem letzten Einwand des Tempelherr, dass der Jude das Kind nicht als Jüdin, sondern in keinem Glauben auferzogen, habe
Und sie von Gott nicht mehr nicht weniger
Gelehrt, als der Vernunft genügt
,
bleibt der Patriarch bei seinem Urteil, dass der Jude verbrannt werden müsse, da es die größte Verfehlung sei, ein Kind ohn’ allen Glauben aufzuerziehen. Da der Tempelherr den Juden nicht nennen will, kündigt der Patriarch an, sich an Saladin zu wenden, der die Kirche in Jerusalem beschützen müsse; dieser werde ihm bei der Suche nach jenem Juden sicher gerne helfen, denn nichts zu glauben sei für den Staat gefährlich.
...Alle bürgerliche Bande
Sind aufgelöset, sind zerrissen, wenn
Der Mensch nichts glauben darf.
Als der Tempelherr darauf hinweist, er werde jetzt selbst zu Saladin gehen, wird der Patriarch kleinlaut, weist aber doch den Klosterbruder an, jenen Juden zu suchen.

2. Schreibe eine Charakterisierung

a) des Patriarchen und seiner Einstellung,
Der Patriarch ist der Vertreter einer Kirche, die die Religion als Machtinstrument nutzt/missbraucht. Im Interesse dieser Macht verbindet sie sich mit der weltlichen Macht, dem Staat, indem sie diesem die Nützlichkeit der Religion, gehorsame Untertanen zu erziehen, nahelegt. Dabei weiß er geschickt seine wahren Interessen, nämlich den Machterhalt der Kirche, hinter positiv wirkenden Vorstellungen (Ideologie) zu verschleiern
...Alle bürgerliche Bande
Sind aufgelöset, sind zerrissen, wenn
Der Mensch nichts glauben darf.
Im Interesse des Machterhalts liegt es auch, dass er Kritik von der Kirche fernhalten will. Darum wehrt er sich dagegen, dass Kirche und Religion am Maßstab einer kritischen Vernunft gemessen werden, da er befürchtet, dass sie nicht diesem Maßstab entsprechen. Darum besteht der Patriarch darauf, dass das Wort der Kirche mehr wiegt als das der Vernunft;
Ei freilich
Muss niemand die Vernunft, die Gott ihm gab,
Zu brauchen unterlassen, - wo sie hin -
Gehört. - Gehört sie aber überall
Denn hin? - O nein! -
Wenn es um den Vorteil der Kirche geht, ist es verboten
die Willkür des,
Der die Vernunft erschaffen, nach Vernunft
Zu untersuchen

Der Patriarch wehrt nicht nur vernünftige Kritik ab, sondern in seinen Entscheidungen im Interesse der Macht der Kirche ist er auch skrupellos (vgl. Plan der Ermordung Saladins). Die Herzlosigkeit, ja sogar Brutalität seiner Worte stehen in krassem Gegensatz zur menschenfreundlichen Lehre Christi, die er ja - so behauptet er - durchsetzen möchte. Die brutale Wiederholung des Tut nichts! der Jude wird verbrannt! offenbart eine schreckliche Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leben, menschlicher Würde. Die Vorstellung, dass die Würde des Menschen unangetastet bleiben müsse, ist ihm fremd, er kann, wenn es ihm nützt, gewaltsam gegen Menschen, sogar gegen Kindern vorgehen, ohne dass dies sein Gewissen im Entferntesten belastet:
... Denn ist
Nicht alles, was man Kindern tut, Gewalt? -
Zu sagen: - ausgenommen, was die Kirch'
An Kindern tut.

Diese Skrupellosigkeit erklärt sich daraus, dass der Patriarch in der Lage ist, alle seine Handlungen mit dem Hinweis zu rechtfertigen, sie dienten dem ewigen Heil des Menschen. Als ihm der Tempelherr vorhält, das Kind, das ein Jude aufgenommen und im Sinne der Aufklärung erzogen habe, sei sonst umgekommen, argumentiert der Patriarch:
... besser,
Es wäre hier im Elend umgekommen,
Als dass zu seinem ewigen Verderben
Es so gerettet ward.

b) des Tempelherrn!
Der Tempelherr ist derjenige auf der Seite der Christen, der - wenn auch etwas jugendlich aufbrausend und ungestüm, eine aufgeklärte, tolerante Haltung vertritt. So ärgert er sich über eine scheinbare intolerante Haltung zunächst der Juden überhaupt, dann speziell Nathans, als er nämlich von Daja gesagt bekommt, Nathan habe ein Christenkind im jüdischen Glauben erzogen. Die Verärgerung darüber, dass Nathan dem Gebot der Toleranz zuwider gehandelt habe, ist so groß, dass er diesen Fall dem Patriarchen vorträgt, obwohl er aufgrund des Vorschlags des Patriarchen, Saladin zu ermorden, eigentlich hätte wissen müssen, wess Geistes Kind der Patriarch ist. So bringen sein Ungestüm und sein Übereifer ihn in Gefahr, dass sich seine gute Absicht, nämlich gegen intolerantes Verhalten vorzugehen, ins Gegenteil verkehrt: er erreicht lediglich, dass Nathan in Lebensgefahr gerät durch die inhumane Haltung des Patriarchen. Aber er ist doch klug genug, das wahre Wesen des Patriarchen rechtzeitig völlig zu durchschauen, und bricht die Verbindung mit dem Oberhaupt seiner Kirche ab.



Nathan der Weise

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